Anhang B: Rohre und Schläuche für den pneumatischen Transport von Schüttgütern

Der pneumatische Transport von Schüttgütern ist im Allgemeinen ein stark ladungserzeugender Prozess. Es können dabei an der Wand von Rohren und Schläuchen Stromdichten in der Größenordnung von 1 mA/m2 auftreten. Je nach Materialeigenschaften der Rohre und Schläuche und der Art des Leitungsaufbaues können bis auf Schüttkegelentladungen und gewitterblitzähnliche Entladungen alle in Anhang A beschriebenen Entladungen statischer Elektrizität auftreten.

Die an der inneren und äußeren Oberfläche von Rohren und Schläuchen zu vermeidenden Entladungsarten sind in Abhängigkeit von der Art des Fördergutes und der möglicherweise vorhandenen explosionsfähigen Atmosphäre in der Umgebung der Rohre und Schläuche in den Spalten 3 und 4 der Tabelle 14 eingetragen.

Korona- und Büschelentladungen können an allen aufgeladenen Bereichen der Rohre und Schläuche auftreten, wenn die in Anhang A3.2 bzw. A3.3 beschriebenen Bedingungen erfüllt sind.

Funkenentladungen können auftreten, wenn leitfähige Bereiche aufgeladen werden (siehe Anhang A3.1).

Gleitstielbüschelentladungen können auftreten, wenn sich an der Schlauchwand die dafür notwendigen Ladungen ansammeln können (siehe Anhang A3.4).

B1 Rohre und Schläuche mit homogenem Wandaufbau

Bei Rohren und Schläuchen, deren Wände aus einem homogenen Material bestehen, können je nach Wandstärke und spezifischem Widerstand des Wandmaterials außen Funkenentladungen auftreten. Insbesondere wenn das Rohr oder der Schlauch nur an einem Ende geerdet ist, z. B. bei Verwendung als Saugschlauch, können auch am nicht geerdeten Ende Funkenentladungen auftreten.

Legt man am freien Ende von Rohren und Schläuchen ein Potential von 300 V (vgl. Anhang E) und im Inneren eine konstante Ladestromdichte (i) von 1 mA/m2 zugrunde, berechnet sich die zulässige Länge (Lzul) in Abhängigkeit vom spezifischen Widerstand (ρ) des Wandmaterials und der Wandstärke (s) gemäß folgender Gleichung:

Lzul = (K · s / ρ)0,5 mit K = 6 · 105 Vm2/A

In Nummer 6.4.2.1 in Tabelle 9 sind für verschiedene Werte des spezifischen Widerstands zulässige Längen von Rohren und Schläuchen gemäß dieser Gleichung angegeben.

Für leitfähige Materialien, deren Widerstand am oberen Ende des Widerstandsbereiches liegt, der die Eigenschaft "„leitfähig"“ beschreibt, werden die zulässigen Längen sehr klein.

Für solche Materialien empfiehlt es sich, die Ableitfähigkeit durch Drahteinlagen zu verbessern.

B2 Rohre und Schläuche mit inhomogenem Wandaufbau

An einer Rohr- oder Schlauchwand aus einer leitfähigen äußeren Schicht und einer nicht leitfähigen inneren Schicht können Gleitstielbüschelentladungen auftreten. Zur Beurteilung der Möglichkeit ihres Auftretens werden in der einschlägigen Literatur zwei verschiedene Kriterien verwendet, siehe auch Anhang A3.4. Das am häufigsten verwendete Kriterium ist das Überschreiten einer Durchschlagspannung von 4 kV. Das andere Kriterium betrifft das Überschreiten einer Oberflächenladungsdichte von 2,5 · 10-4 C/m2. Beide Kriterien gelten für alle Wandstärken und Schichtdicken bis zu 9 mm. Beide Kriterien wurden empirisch in Experimenten ermittelt, es besteht kein unmittelbarer physikalischer Zusammenhang. Bei der Ableitung von sicherheitstechnischen Grenzwerten wie dem spezifischen Widerstand des Wandmaterials bei Wendelschläuchen hat sich das 4-kV-Kriterium als konservativer erwiesen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die 4 kV einen auf die Schichtdicke 0 extrapolierten Wert darstellen und die relative Permittivität des Wandmaterials bei diesem Kriterium nicht berücksichtigt wird.

Für eine Rohr- oder Schlauchwand aus einer leitfähigen äußeren Schicht und einer nicht leitfähigen inneren Schicht lässt sich der für die Vermeidung von Gleitstielbüschelentladungen maximal zulässige spezifische Widerstand der inneren Schicht mit den folgenden Gleichungen bestimmen:

a) Kriterium Oberflächenladungsdichte σ ≤ 2,5 · 10-4 C/m2:
ρσ / i · 1/(ε · ε0)
ρ ≤ Ka / ε
mit Ka = 2,5 · 10-4 C/m2 / (1 mA/m2 · 8,854 pC/Vm) = 28,2 GΩm
und der relativen Permittivität ε der inneren Schicht
b) Kriterium Durchschlagspannung UD ≤ 4 kV:
ρ ≤ UD / (s · i)
ρKb / s
mit Kb = 4 kV / 1 mA/m2 = 4 MΩm2
und der Schichtdicke s der inneren Schicht

Z. B. ergibt sich für einen Siloschlauch mit Schichtdicke von 7 mm und einer relativen Permittivität der inneren Schicht von 5 für den maximal zulässigen spezifischen Widerstand der inneren Schicht nach a) ein Wert von ca. 6 GΩm und nach b) ein Wert von ca. 0,6 GΩm. Beide Werte liegen nahe bei dem oberen Grenzwert des Widerstandsbereiches von 109 Ωm, der die Eigenschaft "„ableitfähig“" beschreibt.

Kriterium b) kann zur Bewertung der Innenseite von fertig konfektionierten Schläuchen nach Nummern 6.4.2.1, 6.4.2.2 und 6.4.2.3 herangezogen werden:

Es wird der Widerstand von der inneren Oberfläche, z. B. kontaktiert mit einem trockenen Pfropfen aus leitfähigem Schaumstoff, zu der leitfähigen Struktur gemessen. Wenn das Produkt aus dem gemessenen Widerstand und der Kontaktfläche der inneren Elektrode kleiner als 4 MΩm2 ist, sind die Rohre/Schläuche hinsichtlich der Vermeidung von zündwirksamen Entladungen im Inneren zum pneumatischen Transport von Schüttgütern geeignet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Messort repräsentativ für die Beschaffenheit des Schlauchs über die gesamte Länge ist und nicht durch Inhomogenitäten der inneren Schicht bei der Messung lokale Minima des Widerstandswertes auftreten.

Ähnlich den homogenen mehrschichtigen Schläuchen können auch beide Kriterien auf die Beurteilung von Stützwendelschläuchen angewandt werden.

Basierend auf den beiden oben genannten Kriterien unterscheiden sich je nach Geometrie des Schlauchs die zulässigen Leitfähigkeiten des Wandmaterials um mehr als einen Faktor 5. Der in Nummer 6.4.2.4 angegebene Wert von 2,5 · 108 Ωm stellt einen bezogen auf die zwei Kriterien mittleren Wert dar.

B3 Geeigneter Wandaufbau von Rohren und Schläuchen

Durch einen speziellen Aufbau der Wand von Rohren und Schläuchen können zündwirksame Entladungen vermieden werden. In Spalte 5 der Tabelle 14 ist der geeignete Aufbau in Form von Kennziffern aufgelistet. Die Bedeutung der Kennziffern ist in Tabelle 15 erklärt.

Tabelle 14: Auswahl geeigneter Wandaufbauten in Abhängigkeit von Umgebung und Fördergut

Umgebung Schüttgut zu vermeidende Entladungen an der geeigneter Wandaufbau(s. Tab. 15)
inneren Oberflächeäußeren Oberfläche
keine explosions-
fähige Atmosphäre
nicht brennbar beliebig
brennbar
ohne brennbaren Lösemittelanteil
F G1, 2, 3, 4, 5
brennbar oder nicht brennbar
mit brennbarem Lösemittelanteil
C B F G *1, 2, 3, 4, 5
explosions-
fähige Atmosphäre durch Stäube
nicht brennbarF G1, 2, 3, 4, 5
brennbar ohne brennbaren LösemittelanteilF GF G1, 2, 3, 4, 5
brennbar oder nicht brennbar mit brennbarem LösemittelanteilC B F G*)F G1, 2, 3, 4, 5
explosions-
fähige Atmosphäre durch Gase/Dämpfe
nicht brennbarC B F G1, 2, 4, 5
brennbar
ohne brennbaren Lösemittelanteil
F GC B F G1, 2, 4, 5
brennbar oder nicht brennbar
mit brennbarem Lösemittelanteil
C B F G*)C B F G1, 2, 4, 5
Für die Entladungsarten stehen folgende Abkürzungen:
C Koronaentladung
B Büschelentladung
F Funkenentladung
G Gleitstielbüschelentladung
* Bei der Förderung von Schüttgütern unter Anwesenheit von brennbaren Gasen/Dämpfen können durch die Wahl geeigneter Rohre und Schläuche zwar zündwirksame Entladungen ausgehend von den Rohren und Schläuchen vermieden werden, jedoch nicht Entladungen ausgehend vom geförderten Produkt.

Tabelle 15: Beschreibung des Wandaufbaus der Rohre/Schläuche (Erklärung zu Tabelle 14)

Aufbau 1homogene leitfähige Wand L < Lzul (Nummer 6.4.2.1)
Aufbau 2leitfähiges Wandmaterial mit Metalleinlage (Nummer 6.4.2.2)
Aufbau 3mehrschichtiger Wandaufbau:
– innere Schicht ableitfähig
– folgende Schicht nach Aufbau 1 oder 2
– mit beliebiger äußerer Schicht (Nummer 6.4.2.3)
Aufbau 4wie Aufbau 3,
jedoch äußere Schicht leitfähig oder ableitfähig
oder
Nachweis, dass beim Einsatz an der äußeren Oberfläche keine Entladungen auftreten
Aufbau 5Stützwendelschlauch (Nummer 6.4.2.4)