2 Begriffsbestimmungen

2.1 Betriebsbewährte Technik

Betriebsbewährte Technik liegt vor, wenn die Eignung der Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen (MSR-Einrichtung) für den Anwendungsfall gemäß Anhang 3 nachgewiesen ist. Bei betriebsbewährten Funktionseinheiten hat sich in der Bewährungsphase gezeigt, dass weder in der Hardware noch in der Betriebssoftware eventuell vorhandene systematische Fehler die sicherheitstechnische Funktion der Funktionseinheit beeinträchtigen.

2.2 Betriebskonzept

Zum Betriebskonzept zählen alle Einrichtungen sowie Prozess- und Betriebsbedingungen, die für den bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage einschließlich prozessnotwendiger Zustände, z. B. An- oder Abfahren, oder die ordnungsgemäße Durchführung einer Tätigkeit erforderlich sind (s. a. TRGS 722). Auch MSR-Einrichtungen können Teil des Betriebskonzeptes sein. Diese gelten aber nicht als Ex-Einrichtung im Sinne dieser TRGS, da mit ihrer Hilfe zwar Betriebsparameter beobachtet werden, die Hinweise auf explosionsschutzrelevante Abweichungen geben können, ohne dass die MSR-Einrichtung für diesen Zweck konzipiert ist.

2.3 Bewährte Technik

(1) Bewährte Technik liegt vor, wenn grundlegende und bewährte Sicherheitsprinzipien erfüllt sind, durch:

  1. Verwendung für den Anwendungsfall bewährter und zuverlässiger Installationstechnik und
  2. geeignete Auswahl, Kombination, Anordnung, Zusammenbau und Einbau von Funktionseinheiten unter Berücksichtigung der Anwendungshinweise der Hersteller sowie von Erfahrungen mit ähnlichen Bauteilen

um ein angemessenes Maß an Sicherheit nach dem Stand der Technik zu erreichen. Im Hinblick auf die geeignete Auswahl nach Nummer 2 ist auch der Betrieb der verwendeten Bauteile innerhalb der Einsatzparameter sowie die Betriebsanleitung der Hersteller (insbesondere Hinweise zu dauerhaftem Betrieb und Wartung und Instandhaltung) zu berücksichtigen.

(2) Dies gilt z. B. als erfüllt, wenn die Vorgehensweisen und Bedingungen gemäß DIN EN ISO 13849-2:2013-02 Tabellen 1 und 2 berücksichtigt sind. Als hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit geeignet können auch Funktionseinheiten angesehen werden, für die der Hersteller der Funktionseinheit eine entsprechende SIL capability nach DIN EN 61508 bzw. ein SIL claim limit nach DIN EN 62061 oder einen Protection Level nach DIN EN ISO 13849 bescheinigt hat.

2.4 Ex-Einrichtungen

(1) Ex-Einrichtungen sind sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen im Sinne der Explosionssicherheit. Ex-Einrichtungen führen die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Sicherheitsfunktionen von Explosionsschutzmaßnahmen nach TRGS 722, TRGS 723 oder TRGS 724 aus.

(2) Ex-Einrichtungen dienen zur Erreichung der Explosionssicherheit im Zusammenhang mit:

  1. Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit oder der Dauer des Vorhandenseins gefährlicher explosionsfähiger Gemische, z. B.
    a) Volumenstrommessung einer technischen Lüftung mit Alarmierung und nachfolgenden organisatorischen Maßnahmen,
    b) Druckmessung einer Inertisierung mit Abschaltung der Entnahmepumpe,
    c) Gaswarngeräte mit Zuschaltung einer zusätzlichen Lüftung,
  2. Reduzierung der Wahrscheinlichkeit für das Wirksamwerden von Zündquellen, z. B.
    a) Temperaturmessung mit Abschaltung der Geräte,
    b) Durchflussmessung mit Abschaltung einer Pumpe (Trockenlaufschutz),
    c) Füllstandsmessung mit Alarmierung und nachfolgenden organisatorischen Maßnahmen,
  3. Verringerung der Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß, z. B. Temperaturmessung an einer Rückzündsicherung (Vermeidung von Dauerbrand) mit Unterbrechung der Abgaszufuhr.

2.5 Funktionseinheit

Eine Funktionseinheit ist ein Teil einer Ex-Einrichtung. Eine Ex-Einrichtung kann aus mehreren Funktionseinheiten bestehen, die funktional miteinander in Beziehung stehen. Funktionseinheiten können einfach oder komplex sein.

2.6 Funktionseinheit, einfach

Eine einfache Funktionseinheit ist eine Funktionseinheit, deren Fehlerverhalten (z. B. in welcher Richtung ein Ausfall erfolgt oder mit welcher Häufigkeit und Dauer) in einer Fehleranalyse eindeutig beschreibbar ist, wie z. B. mechanische, pneumatische, elektrische Bauelemente oder festverdrahtete Logiksysteme aus elektromechanischen Bauteilen. Die Ursache-Wirkungskette ist bei diesen Funktionseinheiten eindeutig bestimmbar. Beispiele für einfache Funktionseinheiten sind:

  1. Schmelzeinsätze (wie in Flüssigkeitskupplungen benutzt),
  2. Fliehkraftregler,
  3. thermostatische Ventile,
  4. Überdruckventile,
  5. Druck-, Temperatur-, Durchfluss-, Füllstandsüberwachungseinrichtungen ohne elektronische Komponenten, die unmittelbar eine Abschaltung generieren.

2.7 Funktionseinheit, komplex

(1) Bei diesen Funktionseinheiten wird die Sicherheitsfunktion der Ex-Einrichtung durch komplexe Technologien umgesetzt. Das Fehlerverhalten solcher Funktionseinheiten, wie z. B. einer parametrierbaren oder programmierbaren elektronischen Schaltung, kann nicht durch einfache Fehlerbetrachtungen untersucht werden.

(2) Komplexe Funktionseinheiten sind beispielsweise

  1. Gaswarngeräte,
  2. Temperatur-,
  3. Durchfluss-,
  4. Füllstandsmessungen,

die über eine elektronische Schaltung, eine programmierte Steuerung oder ein Prozessleitsystem eine vorgesehene Sicherheitsfunktion ausführen.

2.8 Funktionseinheit, abhängig

Funktionseinheiten in einer Sicherheitsfunktion sind als abhängig zu bewerten, wenn bei Ausfall einer Funktionseinheit die Sicherheitsfunktion insgesamt ausfällt (Reihenschaltung).

2.9 Funktionseinheit, unabhängig

Eine Funktionseinheit in einer Sicherheitsfunktion ist als unabhängig zu bewerten, wenn bei ihrem Ausfall die Sicherheitsfunktion erhalten bleibt (Parallelschaltung).

2.10 Hardwarefehlertoleranz (HFT)

Die Hardwarefehlertoleranz gibt an, mit wie vielen Fehlern die Ex-Einrichtung noch sicher betrieben werden kann.

2.11 MSR-Einrichtungen

MSR-Einrichtungen sind Einrichtungen der Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Im Sinne dieser TRGS gehören auch die Einrichtungen der Prozessleittechnik (PLT-Einrichtungen) zu den MSR-Einrichtungen.

2.12 Redundanz

Redundanz bedeutet, dass durch das mehrfache Vorhandensein von Funktionseinheiten, die für den störungsfreien Normalbetrieb nicht benötigt werden, die Verfügbarkeit erhöht wird.

2.13 Klassifizierungsstufe

Die Klassifizierungsstufe beschreibt den Grad der erforderlichen Zuverlässigkeit einer Ex-Einrichtung oder Funktionseinheit.

2.14 Sicherheitsfunktion

Die Sicherheitsfunktion einer Ex-Einrichtung besteht darin, die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegte Explosionsschutzmaßnahme nach TRGS 722, TRGS 723 oder TRGS 724 sicherzustellen oder aufrecht zu erhalten.

2.15 Verfügbarkeit der Explosionsschutzmaßnahmen

Die Verfügbarkeit beschreibt, wie robust eine Explosionsschutzmaßnahme ist. In die Bewertung der Verfügbarkeit gehen sowohl zeitliche Aspekte als auch Redundanzen ein. Die Verfügbarkeit einer Explosionsschutzmaßnahme ist

  1. ausreichend, wenn die Explosionsschutzmaßnahme während des Normalbetriebs zur Verfügung steht. Ausfälle können auftreten, dürfen aber nicht häufig vorkommen,
  2. hoch, wenn mit dem Ausfall der Explosionsschutzmaßnahme während des Normalbetriebs und bei vorhersehbaren Störungen nicht zu rechnen ist. Ein Ausfall bei seltenen Störungen ist zulässig,
  3. sehr hoch, wenn mit dem Ausfall der Explosionsschutzmaßnahme während des Normalbetriebs, bei vorhersehbaren Störungen und auch bei seltenen Störungen nicht zu rechnen ist.

Die Bewertung der Verfügbarkeit der Explosionsschutzmaßnahme nach TRGS 722, TRGS 723 oder TRGS 724 erfolgt qualitativ im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung.

2.16 Zuverlässigkeit der Ex-Einrichtung

Die Zuverlässigkeit der Ex-Einrichtung ist die Fähigkeit, eine geforderte Sicherheitsfunktion unter vorgegebenen Bedingungen im Anforderungsfall auszuführen. Die Zuverlässigkeit im Sinne dieser TRGS kann qualitativ oder quantitativ bewertet werden (s. a. Abschnitt 3.3).