6 Technische Schutzmaßnahmen

6.1 Vermeiden von Gefährdungen durch technische Schutzmaßnahmen

Gefährdungen in Laboratorien werden ganz wesentlich dadurch vermieden, dass die Arbeitsplätze in geeigneter Weise gestaltet und ausgerüstet sind. Hierzu zählen die baulichen Maßnahmen, die Gebäudeinfrastruktur, die Laboreinrichtung und die Beschaffenheit der Geräte, Apparate und sonstigen Arbeitsmittel.

 

6.2 Arbeitsplatzgestaltung

6.2.1 Bedien- und Verkehrsflächen

Bedien- und Verkehrsflächen müssen ausreichend bemessen sein.

 

6.2.2 Flucht- und Rettungswege

In Laboratorien müssen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, der verwendeten Stoffe und Arbeitsverfahren Rettungswege und Ausgänge in ausreichender Zahl vorhanden sein. Fluchtwege dürfen nur dann über einen benachbarten Raum führen, wenn dieser Raum auch im Gefahrfall während des Betriebes ein sicheres Verlassen ohne fremde Hilfe ermöglicht.

 

6.2.3 Türen

Türen von Laboratorien müssen in Fluchtrichtung aufschlagen und mit einem Sichtfenster ausgerüstet sein. Schiebetüren sind für Laboratorien nicht zulässig. Labortüren sind geschlossen zu halten.

 

6.2.4 Fußböden

Fußböden oder deren Beläge sowie hindurchgehende Leitungsdurchführungen müssen wasserdicht sein.

 

6.2.5 Lüftung

(1) Laboratorien müssen mit ausreichenden, jederzeit wirksamen technischen Lüftungseinrichtungen ausgerüstet sein. Die Zuluft muss erforderlichenfalls erwärmt und zugfrei zugeführt werden können. Die Abluft darf ganz oder teilweise über die Abzüge geführt werden, wenn dabei die volle Leistung der Abzüge erhalten bleibt. Ein Luftwechsel von 25 m3/h pro m2 Nutzfläche des Labors kann dann reduziert oder auch eine natürliche Lüftung eingesetzt werden, wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass diese Maßnahme für die vorgesehenen Tätigkeiten dauerhaft ausreichend und wirksam ist. In Laboratorien, die mit einem geringeren Luftwechsel als den geforderten 25 m3/m2 in der Stunde betrieben werden, sind Tätigkeiten beispielsweise mit brennbaren Flüssigkeiten oder sonstigen leicht flüchtigen, staubenden oder Aerosole bildenden Gefahrstoffen nur in kleinstem Maßstab möglich, wenn nicht andersartige zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Solche Nutzungseinschränkungen für Laboratorien sind zu dokumentieren und vom Arbeitgeber jedem – auch nachfolgenden – Verantwortlichen bekannt zu geben. Solche Laboratorien mit während der Arbeitszeit nach unten abweichendem Luftwechsel müssen am Eingang mit "Achtung: Reduzierter Luftwechsel!" gekennzeichnet werden. Im Einzelfall kann die Gefährdungsbeurteilung auch einen höheren Luftwechsel erfordern. Es muss sichergestellt sein, dass Abluft mit gefährlicher Menge oder Konzentration von Gefahrstoffen nicht wieder in Arbeitsbereiche gelangen kann. Ist es zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Lüftung erforderlich, die Türen geschlossen zu halten, so ist hierfür Sorge zu tragen, dass diese nicht offen stehen.

(2) Umluft ist zur Raumlüftung nur zulässig, wenn keine gefährliche Konzentration von Gefahrstoffen auftreten kann. Gemäß § 11 Abs. 4 GefStoffV darf in Arbeitsbereiche, in denen Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtbarkeitsgefährdenden Stoffen der Kategorie 1 oder 2 durchgeführt werden, abgesaugte Luft nur zurückgeführt werden, wenn sie unter Anwendung behördlicher oder berufsgenossenschaftlich anerkannter Verfahren oder Geräte ausreichend gereinigt ist.

 

6.3 Absaugeinrichtungen

6.3.1 Abzüge

(1) Abzüge müssen so beschaffen sein, dass durch ihre Bauweise und Luftführung im Betriebszustand

  1. Gase, Dämpfe oder Stäube in gefährlicher Konzentration oder Menge aus dem Abzugsinneren nicht in den Laborraum gelangen können,
  2. sich im Abzugsinneren keine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre bilden kann und
  3. Beschäftigte gegen verspritzende gefährliche Stoffe oder umherfliegende Glassplitter geschützt sind.

(2) Abzüge müssen aus Werkstoffen bestehen, die den zu erwartenden mechanischen, chemischen und thermischen Beanspruchungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch standhalten. Abzugsrohre und -kanäle müssen so beschaffen und ausgelegt sein, dass sie nicht zur Brandübertragung beitragen können. Fenster von Abzügen müssen mit Sicherheitsglas, vorzugsweise Verbund-Sicherheitsglas, oder geeignetem Kunststoff ausgerüstet sein.

(3) Abzüge müssen mit Einrichtungen ausgerüstet sein, die eine Druckentlastung ermöglichen. Die Druckentlastungseinrichtung darf nicht zu einer Gefährdung von Personen führen.

(4) Vertikal verschiebbare Abzugsfenster, insbesondere Frontschieber, müssen gegen Herunterfallen gesichert sein. Der Abzug muss mit Eingriffsöffnungen ausgerüstet und schließbar sein. Am Frontschieber muss an gut sichtbarer Stelle ein Hinweiszeichen mit der Aufschrift "Frontschieber geschlossen halten" angebracht sein. Auch bei geschlossenem Frontschieber muss eine ausreichende Luftzufuhr erhalten bleiben. Das Schließen des Frontschiebers darf keine Verletzungsgefahr mit sich bringen.

(5) Die einwandfreie lufttechnische Funktion jedes Abzuges muss durch eine selbsttätig wirkende Einrichtung überwacht sein. Im Fehlerfall muss eine optische und akustische Alarmierung erfolgen. Das optische Signal muss den Abzügen eindeutig zugeordnet und darf nicht abstellbar sein. Eine Meldeleuchte für den Einschaltzustand des Lüftermotors oder den Unterdruck des Abluftsystems reicht nicht aus. Das akustische Signal muss im gesamten Laborraum jederzeit bemerkt werden können. Bei zentral geschalteten Abzügen muss sichergestellt sein, dass der Betriebszyklus den Beschäftigten bekannt ist. Überwachungseinrichtungen dürfen nicht mit einfachen Mitteln manipuliert oder außer Kraft gesetzt werden können.

(6) Bei älteren Abzügen ohne selbsttätig wirkende Überwachungseinrichtung ist die ordnungsgemäße Funktion der Absaugeinrichtungen durch organisatorische Maßnahmen sicher zu stellen. Zusätzlich sind vor den Abluftöffnungen Anzeigeeinrichtungen für die Luftströmung anzubringen und funktionsfähig zu halten. Dies können z. B. Windrädchen sein.

(7) In Abzügen fest installierte Entnahmestellen für flüssige oder gasförmige Stoffe müssen von außen betätigt werden. Die Zuordnung der Griffe von Armaturen und Entnahmestellen zu den Medien muss eindeutig erkennbar sein.

 

6.3.2 Absaugboxen mit Luftrückführung

Absaugboxen mit Luftrückführung müssen so beschaffen sein und betrieben werden, dass keine Gefährdungen auftreten. Diese Geräte sind in der Regel nur für Tätigkeiten mit kleinen Mengen und nicht für Tätigkeiten mit sehr giftigen, krebserzeugenden, erbgutverändernden oder reproduktionstoxischen Stoffen sowie nicht für Tätigkeiten mit Niedrigsiedern (Siedepunkt 65 °C) geeignet. Um das Rückhaltevermögen der Filter sicherzustellen, bedürfen diese einer besonders sorgfältigen Wartung und Sachkenntnis der Benutzer.

 

6.4 Arbeitstische und deren Stauräume

6.4.1 Arbeitstische

Arbeitstische müssen hinsichtlich Werkstoff und Konstruktion so beschaffen sein, dass sie den vorgesehenen betrieblichen Beanspruchungen standhalten. Insbesondere sollen Arbeitsflächen von Labortischen und Abzügen mit einem flüssigkeitsdichten Belag und mit einem Randwulst versehen sein. Bei gegenüberliegenden Arbeitsflächen ist bis in einer Höhe von mindestens 175 cm ein Spritzschutz erforderlich.

 

6.4.2 Stauräume für Gefahrstoffabfälle

Sind Stauräume für die Bereithaltung von Sammelbehältnissen für Gefahrstoffabfälle vorhanden, müssen sie an eine ausreichend dimensionierte und jederzeit wirksame Ablufteinrichtung angeschlossen sein, die auch beim Befüllen der Sammelbehälter wirksam bleibt. Das Innere dieser Stauräume muss mindestens mit schwer entflammbarem Material ausgekleidet sein. Bei flüssigen Gefahrstoffabfällen muss unterhalb der Sammelbehälter eine ausreichend dimensionierte Auffangwanne vorhanden sein.

 

6.5 Zuführungsleitungen und Armaturen

6.5.1 Zuführungsleitungen

Für die ständige Zuführung flüssiger und gasförmiger Stoffe zu den Labortischen und Abzügen müssen festverlegte, auf Dichtheit geprüfte Leitungen vorhanden sein. Fest verlegte Zuführungsleitungen müssen eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet sein.

 

6.5.2 Absperrarmaturen

Jede Brenngasleitung, die zu einer oder mehreren nebeneinander liegenden Entnahmestellen führt, muss gesondert absperrbar sein. Die Absperreinrichtung muss leicht erreichbar und jederzeit zugänglich sein. Zusätzlich muss eine weitere Absperreinrichtung an sicherer Stelle vorhanden sein. Stellteile dieser Absperreinrichtung müssen außerhalb des Laboratoriums, in dessen Nähe, leicht erreichbar, eindeutig gekennzeichnet und jederzeit zugänglich sein. Als Entnahmestelle für Brenngase sind nur Armaturen zulässig, die gegen unbeabsichtigtes Öffnen gesichert sind. Stellteile von Laborarmaturen müssen nach dem Durchflussstoff gekennzeichnet sein.

 

6.5.3 Abflussleitungen

Abflussleitungen in Laboratorien müssen mit Geruchsverschlüssen und leicht zugänglichen Reinigungsöffnungen ausgerüstet sein.

 

6.6 Notduschen

6.6.1 Körpernotduschen

(1) In Laboratorien müssen mit Wasser – möglichst von Trinkwasserqualität – gespeiste Körpernotduschen am Ausgang installiert sein. Sie sollen alle Körperzonen sofort mit ausreichenden Wassermengen überfluten können. Hierfür sind mindestens 30 l Wasser pro Minute erforderlich.

(2) Der Standort von Körpernotduschen muss durch das Rettungszeichen "Notdusche" gekennzeichnet sein. Der Zugang ist ständig freizuhalten.

 

6.6.2 Augennotduschen

(1) In Laboratorien müssen – möglichst im Bereich der Körperdusche oder am Ausgussbecken – mit Wasser von Trinkwasserqualität gespeiste Augennotduschen so installiert sein, dass diese von jedem Arbeitsplatz aus unverzüglich erreichbar sind. Sie sollen beide Augen sofort mit ausreichenden Wassermengen spülen können. Das Stellteil der Ventile muss leicht erreichbar, verwechslungssicher angebracht und leicht zu betätigen sein. Ventile dürfen, einmal geöffnet, nicht selbsttätig schließen. Abweichend sind als Augennotduschen auch bewegliche Augennotduschen mit am Griff angebrachten selbsttätig schließenden Ventilen zulässig. Augenspülflaschen mit steriler Spülflüssigkeit sind zulässig, wenn kein fließendes Trinkwasser zur Verfügung steht. An jeder Auslassöffnung einer Augennotdusche müssen mindestens 6 l Wasser pro Minute austreten.

(2) Der Standort von Augennotduschen muss durch das Rettungszeichen "Augenspüleinrichtung" gekennzeichnet sein. Der Zugang ist ständig freizuhalten.

 

6.7 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

6.7.1 Elektrische Energieversorgungseinrichtungen

Für die Beleuchtung, die Lüftung und die übrige elektrische Energieversorgung müssen getrennte Stromkreise eingerichtet sein. Darüber hinaus sollen Labortische und Abzüge einzeln oder gruppenweise für sich freischaltbar sein.

 

6.7.2 Erdungsmaßnahmen

(1) Elektrische Betriebsmittel in Labortischen und Abzügen müssen vorschriftsgemäß beschaffen sein. Sie müssen insbesondere der DIN EN 61010-1:2002 (siehe auch VDE 0411 Teil 1 und/oder VDE 0789 Teil 100) entsprechen. Ist ein Potentialausgleich der Einrichtung notwendig, so müssen elektrisch leitfähige Tischbeläge und andere berührbare leitfähige Konstruktionsteile der Laboreinrichtung über einen Potentialausgleich miteinander verbunden sein. Für bewegbare Teile ist eine Erdung erforderlich, wenn sie im Fehlerfall Spannung aufnehmen können.

(2) Anwendungen für elektrostatische Ableitmaßnahmen können sich aus spezifischen Arbeitsaufgaben ergeben. In der Regel ist in Laboratorien keine Ableitmaßnahme notwendig. An betriebsfertigen Abzügen kann abhängig von obiger Nutzung eine Anschlussstelle vorhanden sein, mit der eine Verbindung mit dem örtlichen Potentialausgleich leicht möglich ist.

 

6.7.3 Schalter und Steckdosen

Schalter und Steckdosen an Labortischen sollen oberhalb der Arbeitsfläche installiert sein oder, falls sie unterhalb der Tischplatte angebracht sind, so weit zurückgesetzt sein, dass sie bei auslaufenden oder verspritzenden Flüssigkeiten keine Gefahrenquelle darstellen. Steckdosen von Abzügen sollen außerhalb von Abzügen angebracht sein. Sind im Arbeitsraum des Abzuges Steckdosen erforderlich, müssen diese eindeutig zugeordnet von außen schaltbar sein. Schalter und Steckdosen im Spritzbereich von Notduschen müssen spritzwassergeschützt sein.