Anlage 2 zu TRGS 511

Prüfung auf Detonationsfähigkeit

1. Zweck und Anwendungsbereich

In dieser Anlage ist ein Verfahren zur Prüfung auf Detonationsfähigkeit von Ammoniumnitrat-Einnährstoffdünger mit hohem Stickstoffgehalt festgelegt.

2. Prinzip

Die Probe wird in einem Stahlrohr eingeschlossen und dem Detonationsstoß einer Sprengstoff-Verstärkungsladung unterworfen. Die Detonationsfortpflanzung wird bestimmt aufgrund des Grades der Stauchung einer Serie von Bleizylindern, auf denen das Stahlrohr zur Prüfung waagerecht aufliegt.

3. Werkstoffe

3.1 Plastischer Sprengstoff mit 83 bis 86 % Pentrit

Dichte: 1 500 bis 1 600 kg/m3
Detonationsgeschwindigkeit: 7 300 bis 7 700 m/s
Gewicht: 500 g ± 1 g

3.2 Sieben Stränge flexibler Sprengschnur ohne Metallumhüllung

Füllgewicht: 11 bis 13 g/m
Länge jedes Sprengschnur-Stranges: 400 ± 2 mm

3.3 Preßkörper aus sekundärem Sprengstoff als Übertragungsladung mit zentraler Aussparung zur Aufnahme der Sprengkapsel

Sprengstoff: Hexogen/Wachs 95,5 oder Tetryl oder ähnliche sekundäre Sprengstoffe mit oder ohne Graphitzugabe

Dichte: 1 500 bis 1 600 kg/m3

Durchmesser: 19 bis 21 mm

Höhe: 19 bis 23 mm

Zentrale Aussparung zur Einführung der Sprengkapsel:
7-7,3 mm Durchmesser, 12 mm Tiefe

3.4 Nahtlos gezogenes Stahlrohr nach ISO 65 - 1981 - schwere Serie, mit Nominal-Abmessungen DN 100 (4")

Außendurchmesser: 113,1 bis 115,0 mm

Wanddicke: 5,0 bis 6,5 mm

Länge: 1 005 ± 2 mm

3.5 Bodenplatte

Werkstoff: Stahl (gute schweißbare Qualität)

Abmessungen: 160 x 160 mm

Dicke: 5 bis 6 mm

3.6 Sechs Bleizylinder

Durchmesser: 50 ± 1 mm

Höhe: 100 bis 101 mm

Werkstoff: Hütten-Weichblei, Reinheit mindestens 99,5 %

3.7 Stahlblock

Länge: mindestens 1 000 mm

Breite: mindestens 150 mm

Höhe: mindestens 150 mm

Gewicht: mindestens 300 kg, wenn keine feste Unterlage für den Stahlblock vorhanden

3.8 Rohrabschnitt aus Kunststoff oder Karton für die Verstärkungsladung:

Wanddicke: 1,5 bis 2,5 mm

Durchmesser: 92 bis 96 mm

Höhe: 64 bis 67 mm

3.9 Sprengkapsel (elektrisch oder nicht-elektrisch) mit einer Zündstärke 8 bis 10

3.10 Holzscheibe

Durchmesser: 92 bis 96 mm, muß mit dem Innendurchmesser des Rohrabschnittes (3.8) übereinstimmen.

Dicke: 20 mm

3.11 Holzstab, gleiche Abmessungen wie Sprengkapsel (3.9)

3.12 Stecknadeln (Länge max. 20 mm)

4. Durchführung

4.1 Herstellung der Verstärkungsladung zur Einführung in das Stahlrohr

Zur Initiierung der Verstärkungsladung gibt es je nach der verfügbaren Ausrüstung zwei Methoden:

4.1.1 7-Punkt-Simultan-Initiierung

(Die gebrauchsfertige Verstärkungsladung ist in Abbildung 1 dargestellt)

4.1.1.1 Parallel zur Achse der Holzscheibe (3.10) durch das Zentrum und durch 6 symmetrisch auf einen konzentrischen Kreis von 55 mm Durchmesser verteilte Punkte werden Löcher gebohrt. Der Durchmesser der Löcher muß je nach Durchmesser der verwendeten Sprengschnur (3.2) 6 bis 7 mm betragen (siehe Abschnitt A - B in Abb. 1).

4.1.1.2 Von der flexiblen Sprengschnur (3.2) sind 7 Stränge von je 400 mm Länge abzuschneiden; Sprengstoff-Verluste sind an beiden Enden durch einen sauberen Schnitt und sofortiges Abdichten mit Klebemittel zu verhindern. Die 7 Sprengschnur-Stränge sind durch die 7 Löcher in der Holzscheibe (3.10) einzuführen, bis ihre Enden einige Zentimeter über die andere Seite der Scheibe hinausragen. Sodann werden kleine Stecknadeln (3.12) in einer Entfernung von 5 bis 6 mm vom Ende jeder der 7 Sprengschnurstränge quer in die Textilumhüllung der Sprengschnur gesteckt und die einzelnen Stränge neben der Stecknadel auf einer Breite von 2 cm mit Klebstoff bestrichen. Schließlich zieht man an den längeren Enden der Stränge, bis die Nadel die Holzscheibe berührt.

4.1.1.3 Der plastische Sprengstoff (3.1) wird zu einem Zylinder von 92 bis 96 mm Durchmesser - je nach dem Durchmesser des Rohrabschnittes (3.8) geformt. Diesen Rohrabschnitt aufrecht auf eine ebene Fläche stellen und den entsprechend geformten Sprengstoff einführen. Anschließend die Holzscheibe1) mit den sieben Sprengschnur-Strängen ins obere Ende des Rohrabschnittes einführen und auf den Sprengstoff pressen. Die Höhe des Rohrabschnittes (64 bis 67 mm) ist so anzupassen, daß das obere Ende nicht über das Holz hinausragt. Sodann den Rohrabschnitt z.B. mit Heftklammern oder Nägeln an der Holzscheibe befestigen.

Abbildung 1 Verstärkerladung mit Sieben-Punkt-Zündung

4.1.1.4 Die freien Enden der sieben Sprengschnur-Stränge um den Holzstab (3.11) gruppieren, und zwar so, daß die Enden eine senkrecht zum Stab verlaufende Ebene bilden. Sie sind mit Klebeband um den Stab herum zu befestigen2).


1) Der Durchmesser der Scheibe muß dem Innendurchmesser des Rohrabschnittes entsprechen.
2) Die sechs peripheren Stränge sind nach ihrer Fixierung straff, der zentrale Strang sollte dagegen locker bleiben.

 

4.1.2 Zentrale Initiierung durch Übertragungsladung (Preßkörper)

Die gebrauchsfertige Verstärkungsladung ist in Abbildung 2 dargestellt.

4.1.2.1 Herstellung des Preßkörpers

Unter Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen lege man 10 g Sekundärsprengstoff (3.3) in eine Form mit einem Innendurchmesser von 19 bis 21 mm und komprimiere den Inhalt zur vorgeschriebenen Form und Dichte. (Das Verhältnis Durchmesser/Höhe sollte ungefähr 1 : 1 betragen.) In der Mitte des Bodens der Form befindet sich ein Stift von 12 mm Höhe und 7,0 bis 7,3 mm Durchmesser (je nach Durchmesser der verwendeten Sprengkapsel), der in dem Preßkörper eine zylindrische Aussparung zum Anbringen der Sprengkapsel bildet.

Abbildung 2 Verstärkungsladung mit zentraler Zündung

4.1.2.2 Herstellung der fertigen Verstärkungsladung für zentrale Initiierung

Der plastische Sprengstoff (3.1) wird mit Hilfe eines hölzernen Formteils (10 in Abb. 2) in einen senkrecht auf einer glatten Unterlage stehenden Rohrabschnitt (3.8) eingedrückt, wodurch der Sprengstoff eine Zylinderform mit einer zentralen Vertiefung annimmt. In diese Vertiefung wird der Preßkörper (3.3) eingesetzt. Der zylindrisch geformte Sprengstoff mit dem Preßkörper wird durch eine Holzscheibe (3.10) abgedeckt, die zwecks Einführung einer Sprengkapsel eine zentrale Bohrung von 7,0-7,8 mm besitzt. Holzscheibe und Rohrabschnitt werden kreuzweise mit Klebeband verbunden. Die Koaxialität der Bohrung in der Scheibe und der Vertiefung im Preßkörper wird durch Einstecken eines Holzstiftes (3.11) gewährleistet.

4.2 Vorbereitung der Stahlrohre für die Sprengversuche

Am Ende des Rohres (3.4) werden diametral gegenüberliegend zwei Bohrungen von 4 mm Y in einem Abstand von 4 mm vom Rande des Rohres durch die Wandung senkrecht zur Mantellinie des Rohres gebohrt. Die Bodenplatte (3.5) wird an das entgegengesetzte Ende des Rohres stumpf angeschweißt, wobei der rechte Winkel zwischen Bodenplatte und Rohrwand mit dem Schweißmaterial um den ganzen Rohrumfang ausgefüllt wird.

4.3 Füllen und Laden des Stahlrohres (siehe Abbildungen 1 und 2)

4.3.1 Prüfmuster, Stahlrohr sowie Verstärkungsladung werden auf eine Temperatur von 20 ± 5 °C gebracht. Es werden für zwei Sprengversuche 16 bis 18 kg des Prüfmusters benötigt.

4.3.2 Das Rohr wird mit der quadratischen Bodenplatte senkrecht auf einen ebenen und festen Untergrund, vorzugsweise Beton, gestellt. Das Rohr wird bis zu einem Drittel der Höhe mit dem Prüfmuster gefüllt und danach jeweils 5 mal um 10 cm angehoben und sodann senkrecht auf den Boden fallen gelassen, um die Prills bzw. Granulate einzurütteln und auf eine möglichst hohe Fülldichte im Rohr zu bringen. Um den Verdichtungsvorgang zu beschleunigen, wird das Rohr zwischen den Fallvorgängen mit insgesamt 10 Hammerschlägen (Masse des Hammers 750 bis 1 000 g) auf die Mantelfläche in Vibration versetzt. Dieser Füllvorgang wird mit einer weiteren Portion des Prüfmusters wiederholt. Nach einer weiteren Zugabe und Kompaktierung durch 10maliges Erheben und Fallenlassen des Rohres sowie 20 intermittierenden Hammerschlägen sollte das Rohr bis zu 70 mm unterhalb seiner Öffnung gefüllt sein.

Bei der Einstellung der Füllhöhe des Prüfmusters im Stahlrohr muß unbedingt gewährleistet sein, daß die später einzusetzende Verstärkungsladung (4.1.1 oder 4.1.2) über die gesamte Fläche mit dem Prüfmuster im innigen Kontakt steht.

Abbildung 3 Anbringung des Stahlrohres am Detonationsort

4.3.3 Die Verstärkungsladung (4.1.1 oder 4.1.2) wird in das obere, offene Rohrende auf die Prüfsubstanz aufgesetzt, wobei der obere Rand der Holzscheibe 6 mm unterhalb des Rohrrandes liegt. Die genaue Höhe zur Gewährleistung des erforderlichen innigen Kontaktes von Sprengstoff und Prüfmuster wird durch entsprechendes Zugeben oder durch Wegnehmen kleiner Mengen an Prüfsubstanz hergestellt. Wie in Abbildung 1 und 2 wiedergegeben, werden in die Bohrungen am oberen Rand des Rohres Splinte eingesteckt und die Enden der Splinte gegen die Rohrwandung umgebogen.

4.4 Positionierung von Stahlrohr und Bleizylindern (s. Abb. 3)

4.4.1 Die Grundflächen der Bleizylinder (3.6) sind von 1 bis 6 zu numerieren (siehe Abbildung 3).

Auf einem horizontal liegenden Stahlblock (3.7) werden auf der Mittellinie der horizontalen Fläche 6 Markierungen mit einem Abstand von jeweils 150. mm untereinander angebracht, wobei der Abstand der 1. Markierung zur Kante des Stahlblocks mindestens 75 mm beträgt. Auf diese Markierungen werden 6 Bleizylinder (3.6) senkrecht gestellt, wobei die Mittelpunkte der Grundflächen der Zylinder auf der Markierung stehen.

4.4.2 Das nach 4.3 vorbereitete Stahlrohr wird waagerecht auf die Bleizylinder gelegt, so daß die Rohrachse parallel zur Mittellinie des Stahlblocks liegt und das verschweißte Ende des Rohres 50 mm über den Bleizylinder Nr. 6 hinausragt. Um das Wegrollen des Rohres zu verhindern, verkeile man dieses auf beiden Seiten mit kleinen Holzstücken oder lege ein Holzkreuz zwischen Rohr und Stahlblock.

Anmerkung: Man vergewissere sich, daß das Rohr mit allen sechs Bleizylindern in Berührung steht; eine etwaige leichte Wölbung des Rohres kann durch Drehen um seine Längsachse ausgeglichen werden; ist einer der Bleizylinder zu hoch, so schlage man mit einem Hammer vorsichtig auf den Zylinder, bis er die erforderliche Höhe hat.

4.5 Vorbereitung und Durchführung der Sprengung

4.5.1 Der Versuchsaufbau nach 4.4 ist in einem Bunker oder einem entsprechend hergerichteten Hohlraum unter Tage (Bergwerk, Stollen) vorzusehen. Die Temperatur des Stahlrohrs vor der Sprengung muß 20 ± 5 °C betragen.

Anmerkung: Sollten diese Sprengplätze nicht vorhanden sein, kann gegebenenfalls in einer betonierten Grube mit Abdeckung durch Holzbalken gearbeitet werden.

Wegen der bei der Sprengung auftretenden Stahlsplitter mit hoher kinetischer Energie ist ein ausreichender Abstand zum Aufenthaltsort von Menschen oder Verkehrswegen einzuhalten.

4.5.2 Bei Verwendung der Verstärkungsladung mit 7-Punkt-Simultan-Initiierung (4.1.1) ist darauf zu achten, daß die entsprechend der Fußnote unter 4.1.1.4 gespannten Sprengschnüre möglichst horizontal liegen.

4.5.3 Schließlich ist der Holzstift (3.11) durch eine Sprengkapsel (3.9) zu ersetzen.

Die Sprengung erfolgt erst nach Räumung der Gefahrzone und wenn die die Sprengung durchführenden Personen in Deckung sind.

4.5.4 Sprengung auslösen.

4.6 Nach der Sprengung unter Einhaltung der nötigen Wartezeit bis zum Abziehen der Sprengschwaden (gasförmige, zum Teil toxisch wirkende Zersetzungsprodukte, z.B. nitrose Gase) werden die einzelnen Bleizylinder aufgesammelt. Die Höhe der Bleizylinder nach dem Versuch wird mit Hilfe einer Schublehre gemessen.

Für jeden der numerierten Bleizylinder ist der Grad der Stauchung in Form eines Prozentsatzes der ursprünglichen Höhe von 100 mm anzugeben. Sind die Zylinder schräg verformt, so ist der Höchst- und der Tiefstwert zu messen und der Mittelwert zu bilden.

4.7 Zur Messung der Detonationsgeschwindigkeit kann eine Sonde eingesetzt werden; diese ist in der Längsachse des Rohres oder an der Rohrwandung anliegend anzubringen.

4.8 Je Probe sind zwei Sprengversuche durchzuführen.

5. Prüfbericht

Für jeden der beiden Sprengversuche sind in den Prüfberichten die Werte folgender Parameter anzugeben:

5.1 Beurteilung der Ergebnisse

Die Probe hat die Prüfung auf Detonationsfähigkeit bestanden und erfüllt damit die Anforderung von Nr. 6.2.4, wenn bei jedem der beiden Sprengversuche mindestens ein Bleizylinder weniger als 5 % gestaucht worden ist.