5 Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei der Lagerung in Lagern

5.1 Anwendungsbereich und allgemeine Maßnahmen

(1) Gefahrstoffe gemäß Tabelle 2 in den dort genannten Mengen sind in Lagern im Sinne dieser TRGS zu lagern. Die Mengen gelten pro Brand(bekämpfungs)abschnitt/Gebäude oder baurechtlicher Nutzungseinheit. Die Gesamtmenge aller Gefahrstoffe, die im Rahmen der Kleinmengenregelung außerhalb von Lagern gelagert werden darf, darf 1.500 kg nicht überschreiten.

Tabelle 2: Anwendungsbereich von Abschnitt 5 in Abhängigkeit von Art und Einstufung der Gefahrstoffe und ihrer Nettolagermenge

Art des Gefahrstoffs
Gefahrenhinweis nach
CLP-Verordnung
Menge
akut toxische Flüssigkeiten und Feststoffe, Kat. 1, 2, 3 H300, H310, H330, H301
H311, H331
> 50 kg
akut toxische Gase, Kat. 1, 2, 3 H330, H331 in Verbindung mit H280 oder H281 > 0,5 kg
oder > 1 l
keimzellmutagene, karzinogene und reproduktionstoxische Gefahrstoffe, Kat. 1A, 1B H340
H350, H350i
H360, H360F, H360D, H360FD
> 50 kg
zielorgantoxische Gefahrstoffe (einmalige und wiederholte Exposition), Kat. 1 H370, H372 > 50 kg
entzündbare Gase, Kat. 1A, 1B, 2 H220, H221 > 50 kg
und > 1 Flasche
entzündbare Gase, Kat. 1A, 1B, 2 in Druckgaskartuschen H220, H221 > 20 kg
oder > 50 Stück
Aerosole, Kat. 1, 2, 3 in Aerosolpackungen H222, H223, H229 > 20 kg
oder > 50 Stück
oxidierende Gase, Kat. 1 H270 > 50 kg
und > 1 Flasche
Gase unter Druck, nicht akut toxisch
Kat. 1, 2, 3, nicht entzündbar und nicht oxidierend
H280, H281 > 50 kg
und > 1 Flasche
entzündbare Flüssigkeiten, Kat. 1, 2 H224, H225 H224 > 10 kg
Σ H224/H225 > 20 kg
entzündbare Flüssigkeiten, Kat. 3 H226 > 100 kg
entzündbare Feststoffe, Kat. 1, 2 H228 > 200 kg
selbstzersetzliche Gefahrstoffe, Typ C & D, E & F H242 > 100 kg
pyrophore Flüssigkeiten und Feststoffe, Kat. 1 H250 > 100 kg
selbsterhitzungsfähige Gefahrstoffe, Kat. 1, 2 H251, H252 > 200 kg
Gefahrstoffe, die mit Wasser entzündbare Gase entwickeln, Kat. 1, 2, 3 H260, H261 > 200 kg
oxidierende Flüssigkeiten und Feststoffe, Kat. 1 H271 > 1 kg
oxidierende Flüssigkeiten und Feststoffe, Kat. 2, 3 H272 > 50 kg
desensibilisierte explosive Gefahrstoffe, Kat. 1, 2, 3, 45 H206, H207, H208 > 100 kg
brennbare Flüssigkeiten ohne Einstufung als entzündbar > 1.000 kg
brennbare Feststoffe ohne Einstufung als entzündbar vom Arbeitgeber festzulegen
i. d. R. Tonnenbereich
andere als gefährlich eingestufte Stoffe/Gemische alle nicht vorgenannten Gefahrenhinweise > 1.000 kg
mehrere verschiedene Gefahrstoffe (auch wenn die Mengen für die einzelnen Gefahrstoffe unterschritten werden) Σ > 1.500 kg

5 Soweit nicht im Anwendungsbereich des Sprengstoffgesetzes, siehe dazu auch Abschnitt 1 Absatz 3 Nummer 3.

(2) Sicherheitsschränke gelten als Lager im Sinne des Abschnitts 5 und müssen nicht in Lagerräumen aufgestellt werden.

(3) Werden Flüssigkeiten, Feststoffe, Druckgaskartuschen oder Aerosolpackungen in Sicherheitsschränken gemäß Anhang 1 gelagert, gelten die Anforderungen der Abschnitte 5.2, 5.3, 5.5 und 5.9 als erfüllt. Druckgaskartuschen und Aerosolpackungen können alternativ auch in Sicherheitsschränken gemäß Absatz 4 gelagert werden.

(4) Werden Gase in Sicherheitsschränken der Feuerwiderstandsklasse G90 gemäß DIN EN 14470-2 gelagert, gelten die Anforderungen der Abschnitte 5.2, 5.3, 5.5 und 5.9 als erfüllt. Dabei sind auch die Anforderungen an die Lüftung gemäß DIN EN 14470-2 sowie die vom Hersteller mitzuliefernden Informationen zu beachten.

(5) In Lagerräumen und Lagern im Freien muss eine ausreichende Beleuchtung (siehe ASR A3.4) vorhanden sein. Die Beleuchtung muss so angebracht sein, dass eine Erwärmung des Lagerguts, die zu einer gefährlichen Reaktion führen kann, vermieden wird.

(6) Im Lager muss eine ausreichende Belüftung (siehe ASR A3.6) vorhanden sein, wenn durch ein unbeabsichtigtes Freisetzen von Gefahrstoffen, z. B. durch Undichtigkeiten oder kleinere Beschädigungen von Verpackungen eine Gefährdung von Beschäftigten oder anderen Personen möglich ist.

(7) Fußböden sollen gegen die verwendeten Gefahrstoffe, wie z. B. Säuren oder Laugen, beständig und, zur besseren Reinigung, dicht und nicht saugfähig sein (siehe ASR A1.5/1,2).

5.2 Lagerorganisation

(1) Der Arbeitgeber muss organisatorische Maßnahmen ergreifen, dass nur befugte Personen Zugang zum Lager haben. Befugte Personen sind vom Arbeitgeber zu bestimmen und regelmäßig zu unterweisen.

(2) Gefahrstoffe dürfen nur übersichtlich geordnet und zugänglich aufbewahrt oder gelagert werden. Dies gilt auch bei Lagerung in großen Gebinden (z. B. Fässer oder Großpackmittel) oder auf Paletten, die nebeneinander in Reihen angeordnet sind (Blocklagerung). Es ist sicherzustellen, dass zumindest jedes einzelne Gebinde bzw. jede einzelne Palette sichtbar ist, z. B. alle zwei Reihen ein Inspektionsgang (siehe DGUV Information 213-084).

(3) Lager sind in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und ordnungsgemäß zu betreiben.

(4) Für die Beseitigung freigesetzter Gefahrstoffe muss eine Notfall-Ausrüstung vorhanden sein. Informationen finden sich im jeweiligen Sicherheitsdatenblatt im Abschnitt 6 "Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung". Zur Notfall-Ausrüstung gehören z. B. für Flüssigkeiten und Feststoffe:

  1. persönliche Schutzausrüstung,
  2. geeignete Bindemittel/Adsorbenzien (z. B. Sand, Kieselgur, Zement, saure Bindemittel, Universalbindemittel, Saugtücher; für oxidierende Gefahrstoffe sind ausschließlich nicht brennbare Bindemittel/Adsorbenzien zu verwenden) in ausreichender Menge,
  3. leere, dicht verschließbare Behälter zur Aufnahme von undichten Behältern, gebrauchten Bindemitteln oder kontaminiertem Wasser,
  4. Gerätschaften zur Aufnahme freigesetzter Gefahrstoffe,
  5. Reinigungsmittel.

(5) Notwendige Instandsetzungsmaßnahmen der für den sicheren Betrieb des Lagers erforderlichen baulichen und technischen Einrichtungen sind unverzüglich vorzunehmen.

(6) Vom Arbeitgeber sind die maximalen Lagermengen pro Lagerbereich festzulegen.

(7) Nahrungs- oder Genussmittel dürfen im Lager nicht konsumiert werden. Der Arbeitgeber hat hierfür geeignete Bereiche einzurichten. Von Satz 1 kann abgewichen werden, wenn die Beschäftigten gemäß Gefährdungsbeurteilung keinen Gefahrstoffen ausgesetzt sein können.

(8) Rauchen ist im Lager verboten. Das Rauchverbot gilt auch für die Verwendung elektronischer Zigaretten (E-Zigaretten) und ähnlicher Geräte.

(9) In Arbeitsbereichen mit Brand- oder Explosionsgefährdungen sind das Verwenden von offenem Feuer und offenem Licht zu verbieten. Auf die Verbote muss deutlich erkennbar und dauerhaft mit dem Verbotszeichen P003 "Keine offene Flamme; Feuer, offene Zündquelle und Rauchen verboten" gemäß ASR A1.3 hingewiesen werden.

(10) Lagerabschnitte, in denen Gefahrstoffe gelagert werden, sind gemäß ASR A1.3 zu kennzeichnen. Die Warnzeichen nach ASR A1.3 Anhang 1 Abschnitt 2 für bestimmte Gefahrstoffe sind anzubringen, wenn mehr als die in Tabelle 2 genannten Mengen vorhanden sind. Bei der Lagerung von verschiedenen Gefahrstoffen kann stattdessen das Warnzeichen W001 "Allgemeines Warnzeichen" mit einem Zusatzzeichen mit der Aufschrift "Gefahrstofflager" angebracht werden. Die Notwendigkeit der Anbringung weiterer Warnzeichen nach ASR A1.3 ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln.

(11) Explosionsgefährdete Bereiche, in denen Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung erforderlich sind, sind an ihren Zugängen mit dem Warnzeichen D-W021 "Warnung vor explosionsfähiger Atmosphäre" zu kennzeichnen (Anhang I Nummer 1.6 Absatz 5 GefStoffV und Anhang 1 Nummer 2 ASR A1.3). Hinweise zur Festlegung von explosionsgefährdeten Bereichen finden sich in den Abschnitten 10.4 und 12.6.

5.3 Sicherung des Lagergutes

(1) Ortsbewegliche Behälter, die mit Ausrichtungspfeilen versehen sind, müssen gemäß diesen Kennzeichnungen ausgerichtet gelagert werden.

(2) Lagereinrichtungen müssen zur Aufnahme der Lagergüter ausreichend statisch belastbar und standsicher sein. Es müssen Maßnahmen zur Sicherung gegen Heraus- oder Herabfallen sowie ein ausreichend bemessener Anfahrschutz vorhanden sein, siehe auch DGUV Regel 108-007.

(3) Lagergüter sind so zu stapeln, dass die Standsicherheit unter Beachtung der mechanischen Stabilität der ortsbeweglichen Behälter gewährleistet ist. Diese Forderung gilt als erfüllt, wenn

  1. Staplerfahrer angemessen zum Fahren von Flurförderzeugen ausgewählt und speziell für den Transport von Gefahrstoffen unterwiesen sind,
  2. Paletten mit ihren Kufen senkrecht zu den Auflageträgern der Regale abgesetzt sind,
  3. unpalettierte Fässer senkrecht übereinander im Verbund gestapelt werden,
  4. in Hochregalen mit Beschickung durch automatisch gesteuerte Regalförderzeuge oder Regalbediengeräte automatische Einrichtungen für die Konturenkontrolle der Palettenladung, für die Kontrolle des Fahrbereichs und für die Freiplatzkontrolle vorhanden sind,
  5. bei Ein- und Ausstapelung in Regalfächern von Hand innerhalb der Fächer die Stapelhöhen begrenzt sind.

(4) Ortsbewegliche Behälter – vor allem zerbrechliche Behälter – sind so zu stapeln oder zu sichern, dass sie nicht aus den Regalfächern fallen können. Sie dürfen in Regalen, Schränken und anderen Einrichtungen nur bis zu einer solchen Höhe aufbewahrt werden, dass sie noch sicher entnommen und abgestellt werden können; ggf. sind Tritte, Leitern oder Bühnen zu verwenden.

5.4 Unterweisung der Beschäftigten

(1) Der Arbeitgeber darf Tätigkeiten bei der Lagerung von Gefahrstoffen nur unterwiesenen, mit den Tätigkeiten, den dabei auftretenden Gefährdungen und den erforderlichen Schutzmaßnahmen vertrauten Beschäftigten übertragen.

(2) Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten anhand der gemäß TRGS 555 schriftlich erstellten Betriebsanweisung zu unterweisen (§ 14 Absatz 1 und 2 GefStoffV). Dabei ist der Abschnitt "Verhalten im Gefahrenfall" besonders zu berücksichtigen.

5.5 Maßnahmen zur Alarmierung

(1) Der Arbeitgeber hat Maßnahmen zu treffen, die es den Beschäftigten bei unmittelbarer erheblicher Gefährdung ermöglichen, sich durch sofortiges Verlassen der Arbeitsplätze in Sicherheit zu bringen. Dazu gehören:

  1. die rechtzeitige Alarmierung der Beschäftigten,
  2. jederzeit benutzbare Fluchtwege und Notausgänge,
  3. das Vorhandensein eines aktuellen Flucht- und Rettungsplans nach ASR A2.3.

(2) Es müssen Einrichtungen vorhanden sein, um im Brand- oder Schadensfall Hilfe anfordern zu können, z. B. eine durch Telefon erreichbare, ständig besetzte Stelle.

5.6 Persönliche Schutzausrüstung

(1) Kann bei Freisetzung von Gefahrstoffen, z. B. durch Leckagen bei Behälterbruch oder Beschädigungen von Verpackungen, eine kurzzeitig hohe Exposition nicht ausgeschlossen werden oder besteht bei hautgefährdenden, hautresorptiven oder erwärmt gelagerten Gefahrstoffen eine Gefährdung durch Hautkontakt, ist geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. In Abhängigkeit von den gelagerten Gefahrstoffen und den örtlichen Gegebenheiten sind Atemschutzgeräte für Flucht und Rettung bereit zu halten bzw. mit sich zu führen.

(2) Der Arbeitgeber hat die Schutzausrüstung nach Absatz 1 zu stellen und erforderlichenfalls zu reinigen, zu ersetzen und zu entsorgen.

5.7 Hygienische Maßnahmen

Die Aufnahme von Gefahrstoffen durch Hautkontakt, Inhalation und orale Aufnahme ist zu vermeiden. Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass dies nicht ausgeschlossen werden kann, so sind für die Beschäftigten folgende Maßnahmen zu treffen:

  1. Waschgelegenheiten gemäß ASR A4.1 sind zur Verfügung zu stellen,
  2. Straßen- und Arbeitskleidung sind getrennt aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat die durch Gefahrstoffe verunreinigte Arbeitskleidung zu reinigen (§ 9 Absatz 5 GefStoffV).

5.8 Erste Hilfe Maßnahmen

(1) Der Arbeitgeber hat entsprechend der Art der Arbeitsstätte, der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten die Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe erforderlich sind (§ 13 Absatz 1 GefStoffV). Dazu hat er Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe zur Verfügung zu stellen und diese regelmäßig auf ihre Vollständigkeit und Verwendungsfähigkeit prüfen zu lassen.

(2) Ein Verzicht auf Augen- und Körperduschen kann im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung geprüft werden. Ein Verzicht ist in der Dokumentation zu begründen.

5.9 Überprüfungen und Kontrollen

(1) Ortsbewegliche Behälter sind regelmäßig auf Beschädigungen zu kontrollieren, die Kontrollfristen sind in Abhängigkeit von den Stoffeigenschaften, der Art des Behälters sowie der besonderen Lagerbedingungen (z. B. im Freien, in Gebäuden, Lagertechnik) festzulegen.

(2) Alle Lagereinrichtungen müssen erstmalig und anschließend regelmäßig in angemessenen Abständen auf ihre ausreichende Funktion, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit kontrolliert werden. Zu kontrollierende Einrichtungen sind z. B.

  1. Lagereinrichtungen für Gefahrstoffe, z. B. Einhaltung von Fach- und Feldlasten von Regalen mit Gefahrstoffbehältern oder die Unversehrtheit von Regalteilen,
  2. Rückhalteeinrichtungen, z. B. Dichtigkeit und Belegung von Tassen und Wannen,
  3. Entsorgungseinrichtungen, z. B. Dichtigkeit und Unversehrtheit von Lösemittelabfallbehältern,
  4. Lüftungseinrichtungen, z. B. Unversehrtheit von Lüftungskanälen und Erfassungseinrichtungen,
  5. Gaswarneinrichtungen, z. B. Sichtkontrolle der Betriebsanzeige und der Statusmeldung,
  6. Augen- und Körperduschen.

(3) Das Ergebnis der Kontrollen ist in geeigneter Form zu dokumentieren. Prüfungen nach anderen Rechtsbereichen, wie z. B. gemäß der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Bauordnungen der Länder, Arbeitsstätten- oder Betriebssicherheitsverordnung bleiben unberührt. Soweit sich die Kontrollen mit Prüfanforderungen aus anderen Rechtsbereichen decken, gelten die Kontrollen damit auch als erfüllt. Die Kontrollen können sich auf diese Prüfergebnisse gegebenenfalls abstützen.

(4) Ergänzend können sich nachfolgende Kontrollen bzw. Verfahren anbieten:

  1. Arbeitstägliche Funktionskontrollen, u. a. in Form von
    1. Sichtkontrollen, z. B. hinsichtlich des unbeschadeten Zustandes von Öffnungen zur Be- und Entlüftung, persönliche Schutzausrüstungen, etc.,
    2. Hörkontrollen, z. B. hinsichtlich der bekannten Lärmquellen von technischen Arbeitsmitteln und Maschinen im fehlerfreien Funktionszustand,
  2. Arbeitsorganisatorische Festlegungen zur regelmäßigen Durchführung von Funktionskontrollen,
  3. Checklisten zur vollständigen, z. B. täglichen, wöchentlichen oder monatlichen visuellen Kontrolle der Schutzmaßnahmen.