3 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

3.1 Informationsermittlung und Organisation

3.1.1 Informationsermittlung

(1) Der Arbeitgeber hat Maßnahmen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen nach § 4 Arbeitsschutzgesetz festzulegen. Dabei kann er gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu Verhalten und Betriebsorganisation sowie zur Gestaltung von Schutzmaßnahmen heranziehen oder gleichwertige Maßnahmen festlegen.

(2) Hinweise zur systematischen Ermittlung von mechanischen Gefährdungen bieten z. B. die Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz, der Ratgeber zur Gefährdungsbeurteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und die Gefährdungs- und Belastungskataloge der Unfallversicherungsträger. Spezifische Informationen sind der Betriebsanleitung des Arbeitsmittels sowie Informationen oder Auskünften von Herstellern zu entnehmen. Insbesondere sind Angaben der Betriebsanleitung zur bestimmungsgemäßen Verwendung des Arbeitsmittels und zu Restrisiken auszuwerten.

3.1.2 Organisation und Verantwortung

(1) Gemäß Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (siehe TRBS 1111 "Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung") die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor mechanischen Gefährdungen zu treffen. Er hat durch eine geeignete Organisation dafür zu sorgen, dass die dauerhafte Umsetzung der Maßnahmen sichergestellt ist, ihre Wirksamkeit überprüft und sie erforderlichenfalls an geänderte Gegebenheiten angepasst und dokumentiert wird.

(2) Zu den Vorkehrungen, die der Arbeitgeber treffen kann, damit die Durchführung der Maßnahmen bei allen Tätigkeiten in die betrieblichen Führungsstrukturen und Ablauforganisationen angemessen eingebunden wird, gehören z. B.:

3.1.3 Phasen der Auswahl und Verwendung eines Arbeitsmittels

(1) Das Verwenden eines Arbeitsmittels kann auf eine kurzzeitige Verwendung (z. B. Anmietung eines Arbeitsmittels für einen bestimmten Auftrag) mit einem eng begrenzten Tätigkeitsspektrum begrenzt sein oder sich auch auf das langjährige Verwenden eines Arbeitsmittels mit sehr unterschiedlichen Phasen der Auswahl und Verwendung sowie einer Vielzahl von damit verbundenen Tätigkeiten erstrecken.

(2) Phasen der Auswahl und Verwendung eines Arbeitsmittels sind z. B.:

(3) In der Gefährdungsbeurteilung sind alle Phasen des Verwendens eines Arbeitsmittels zu berücksichtigen, bei denen Beschäftigte Tätigkeiten mit einem Arbeitsmittel durchführen. Um die erforderlichen Schutzmaßnahmen systematisch vorab festlegen zu können, sind die mechanischen Gefährdungen für jede Phase der Verwendung des Arbeitsmittels und für alle zu erwartenden Tätigkeiten zu ermitteln.

3.1.4 Ermittlung gefährdender Tätigkeiten

Der Arbeitgeber hat zu ermitteln, bei welchen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln und Arbeitsgegenständen mechanische Gefährdungen bestehen. Diese Tätigkeiten müssen angemessen in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Zur vollständigen Erfassung aller Tätigkeiten kann es hilfreich sein, die Arbeitsprozesse systematisch in einem Ablaufdiagramm darzustellen. Gleichartige Tätigkeiten können zusammengefasst beurteilt werden.

3.1.5 Berücksichtigung von verschiedenen Betriebsarten

(1) Wenn Arbeitsmittel in verschiedenen Betriebsarten benutzt werden, ist die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen ggf. auf einzelne Betriebsarten begrenzt. Mögliche Betriebsarten sind z. B.:

(2) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen für alle Betriebsarten wirksame Schutzmaßnahmen (technisch, organisatorisch und personengebunden) festgelegt werden, um die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten.

(3) Die Tätigkeiten bei Instandhaltung sind in der TRBS 1112 "Instandhaltung" geregelt.

3.1.6 Wechselwirkungen mit der Arbeitsumgebung, Arbeitsgegenständen und anderen Arbeitsmitteln

(1) Bei der Gefährdungsbeurteilung sind auch mechanische Gefährdungen zu berücksichtigen, die am Arbeitsplatz durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander oder mit Arbeitsgegenständen oder mit der Arbeitsumgebung hervorgerufen werden.

(2) Beispiele für Gefährdungen durch Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsmitteln:

(3) Beispiele für mechanische Gefährdungen durch Wechselwirkungen des Arbeitsmittels mit Arbeitsgegenständen:

(4) Beispiele für mechanische Gefährdungen durch Wechselwirkung des Arbeitsmittels mit der Arbeitsumgebung:

(5) Es ist zu ermitteln, welche Anforderungen Arbeitsmittel erfüllen müssen, damit sie für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen geeignet sind, z. B. klimatische Bedingungen, Beschaffenheit von Verkehrswegen und Arbeitsflächen, Beleuchtung.

(6) Beispiele für mechanische Gefährdungen durch klimatische Gegebenheiten:

3.1.7 Berücksichtigung des Arbeitsablaufs und Koordination

(1) Mechanische Gefährdungen, die durch die Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber entstehen, können durch Maßnahmen der Koordinierung ausgeschlossen oder reduziert werden. Dies bedingt eine ausreichende Abstimmung der beteiligten Arbeitgeber zur gemeinsamen Vermeidung von mechanischen Gefährdungen – ggf. Einsetzen eines Koordinators und Festlegen einer Weisungsberechtigung – und die Zusammenarbeit bei der Gefährdungsbeurteilung.

(2) Beispiele für Koordinationsbedarf:

(3) Maßnahmen der Koordinierung können auch dann erforderlich sein, wenn mehrere Arbeitgeber nacheinander Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln oder Arbeitsgegenständen durchführen, bei denen das Auftreten mechanischer Gefährdungen bei nachfolgenden Tätigkeiten von den vorher durchgeführten Tätigkeiten beeinflusst wird, z. B.:

(4) Entsprechende Maßnahmen sind auch dann zu berücksichtigen, wenn innerhalb eines Betriebes durch die Zusammenarbeit verschiedener Teams oder Arbeitsschichten mechanische Gefährdungen entstehen oder wenn nacheinander Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln oder Arbeitsgegenständen durchgeführt werden.

3.2 Beurteilung von mechanischen Gefährdungen

(1) Für jede Tätigkeit ist durch eine systematische Erfassung der bestehenden mechanischen Gefährdungen zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Die Systematik der Erfassung sollte der Komplexität der Tätigkeiten angemessen sein und deutlich machen, welche Prozesse, Tätigkeiten und Arbeitsplätze berücksichtigt werden.

(2) Auf Maßnahmen kann verzichtet werden, wenn eine Gefährdung nicht wirksam werden kann, z. B. wenn das Erreichen einer Gefahrstelle sicher ausgeschlossen ist oder wenn die freigesetzte Energie auf ein akzeptables Maß begrenzt werden kann, z. B. Schließkraftbegrenzung.

(3) Hinweise zur Beurteilung mechanischer Gefährdungen gibt die in Abschnitt 6 aufgeführte Literatur.