Abschnitt IV
Fleisch von frei lebendem Wild

KAPITEL I: AUSBILDUNG VON JÄGERN IN GESUNDHEITS- UND HYGIENEFRAGEN

  1. Personen, die Wild bejagen, um Wildbret für den menschlichen Verzehr in Verkehr zu bringen, müssen auf dem Gebiet der Wildpathologie und der Produktion und Behandlung von Wildbret ausreichend geschult sein, um das Wild vor Ort einer ersten Untersuchung unterziehen zu können.

  2. Es genügt jedoch, wenn mindestens eine Person einer Jagdgesellschaft über die in Nummer 1 bezeichneten Kenntnisse verfügt. Der Ausdruck "kundige Person" im vorliegenden Abschnitt bezeichnet eine solche Person.

  3. Die kundige Person könnte auch der Wildheger oder Wildhüter sein, wenn sie Teil der Jagdgesellschaft oder in unmittelbarer Nähe des Gebiets niedergelassen ist, in dem die Jagd stattfindet. Im letztgenannten Fall muss der Jäger das Wild dem Wildheger oder dem Wildhüter vorlegen und ihn über etwaige vor dem Erlegen beobachtete Verhaltensstörungen unterrichten.

  4. Die zuständige Behörde muss sich davon überzeugen, dass Jäger ausreichend geschult sind, um als kundige Personen gelten zu können. Die Ausbildungsgänge sollten mindestens folgende Gebiete umfassen:

    a)  normale Anatomie, Physiologie und Verhaltensweisen von frei lebendem Wild,
    b) abnorme Verhaltensweisen und pathologische Veränderungen beim Wild infolge von Krankheiten, Umweltverschmutzung oder sonstigen Faktoren, die die menschliche Gesundheit bei Verzehr von Wildbret schädigen können,
    c) Hygiene- und Verfahrensvorschriften für den Umgang mit Wildkörpern nach dem Erlegen, ihr Befördern, Ausweiden usw.

    und
    d) Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Gesundheit von Mensch und Tier und auf hygienerechtlichem Gebiet, die für das Inverkehrbringen von Wildbret von Belang sind.

  5. Die zuständige Behörde sollte die Jagdverbände auffordern, solche Lehrgänge anzubieten.

KAPITEL II: UMGANG MIT FREI LEBENDEM GROSSWILD

  1. Nach dem Erlegen des frei lebenden Großwilds müssen Mägen und Gedärme so bald wie möglich entfernt werden; erforderlichenfalls müssen die Tiere entblutet werden.

  2. Die kundige Person muss den Wildkörper und alle ausgenommenen Eingeweide auf Merkmale hin untersuchen, die darauf schließen lassen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte. Die Untersuchung muss so bald wie möglich nach dem Erlegen stattfinden.

  3. Fleisch von frei lebendem Großwild darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Wildkörper so bald wie möglich nach der unter Nummer 2 genannten Untersuchung zu einem Wildbearbeitungsbetrieb befördert wird. Die Eingeweide müssen dem Wildkörper gemäß den Vorschriften der Nummer 4 beigefügt werden. Die Eingeweide müssen als zu einem bestimmten Tier gehörig erkennbar sein.

  4.  
    a)  Werden bei der Untersuchung gemäß Nummer 2 keine auffälligen Merkmale festgestellt, vor dem Erlegen keine Verhaltensstörungen beobachtet und besteht kein Verdacht auf Umweltkontamination, so muss die kundige Person dem Wildkörper eine mit einer Nummer versehene Erklärung beigeben, in der dies bescheinigt wird. In dieser Bescheinigung müssen auch das Datum, der Zeitpunkt und der Ort des Erlegens aufgeführt werden. In diesem Fall brauchen der Kopf und die Eingeweide dem Wildkörper nicht beigefügt zu werden, außer bei Tieren der für Trichinose anfälligen Arten (Schweine, Einhufer und andere), deren Kopf (ausgenommen Hauer) und Zwerchfell dem Wildkörper beigefügt werden müssen. Die Jäger müssen jedoch allen zusätzlichen Anforderungen, die in den Mitgliedstaaten, in denen gejagt wird, gestellt werden, genügen, damit insbesondere bestimmte Rückstände und Stoffe gemäß der Richtlinie 96/23/EG kontrolliert werden können.
    b) Anderenfalls müssen der Kopf (ausgenommen Hauer, Geweih und Hörner) und alle Eingeweide mit Ausnahme des Magens und der Gedärme beigefügt werden. Die kundige Person, die die Untersuchung vorgenommen hat, muss der zuständigen Behörde mitteilen, welche auffälligen Merkmale, welche Verhaltensstörungen oder welcher Verdacht auf Umweltkontamination sie bewogen hatten, keine Bescheinigung im Sinne von Buchstabe a) auszustellen.
    c) Steht zur Durchführung der Untersuchung nach Nummer 2 keine kundige Person zur Verfügung, so müssen der Kopf (ausgenommen Hauer, Geweih und Hörner) sowie alle Eingeweide mit Ausnahme des Magens und der Gedärme beim Wildkörper belassen werden.

  5. Die Wildkörper insgesamt müssen nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf nicht mehr als 7 °C abgekühlt werden. Soweit es die klimatischen Verhältnisse erlauben, ist eine aktive Kühlung nicht erforderlich.

  6. Während der Beförderung zum Wildbearbeitungsbetrieb muss das Übereinanderlegen von Wildkörpern vermieden werden.

  7. Frei lebendes Großwild, das in einem Wildbearbeitungsbetrieb angeliefert wird, muss der zuständigen Behörde zur Untersuchung gestellt werden.

  8. Außerdem darf nicht enthäutetes frei lebendes Großwild nur enthäutet und in Verkehr gebracht werden, wenn es

    a)  vor der Häutung von anderen Lebensmitteln getrennt gelagert und behandelt und nicht tiefgefroren wird

    und
    b) nach der Häutung einer abschließenden Untersuchung gemäß Verordnung (EG) Nr. 854/2004 unterzogen wird.

  9. Für das Zerlegen und Entbeinen von frei lebendem Großwild gelten die Vorschriften von Abschnitt I Kapitel V.

KAPITEL III: UMGANG MIT FREI LEBENDEM KLEINWILD

  1. Die kundige Person muss den Wildkörper auf Merkmale hin untersuchen, die darauf schließen lassen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte. Die Untersuchung muss so bald wie möglich nach dem Erlegen stattfinden.

  2. Werden bei der Untersuchung auffällige Merkmale festgestellt, vor dem Erlegen Verhaltensstörungen beobachtet oder besteht ein Verdacht auf Umweltkontamination, so muss die kundige Person die zuständige Behörde davon unterrichten.

  3. Fleisch von frei lebendem Kleinwild darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Wildkörper so bald wie möglich nach der unter Nummer 1 genannten Untersuchung zu einem Wildbearbeitungsbetrieb befördert wird.

  4. Die Wildkörper insgesamt müssen nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf nicht mehr als 4 °C abgekühlt werden. Soweit es die klimatischen Verhältnisse erlauben, ist eine aktive Kühlung nicht erforderlich.

  5. Die Wildkörper müssen nach dem Eintreffen im Wildbearbeitungsbetrieb ohne ungerechtfertigte Verzögerung ausgeweidet oder vollständig ausgeweidet werden, sofern die zuständige Behörde keine anderweitige Genehmigung erteilt.

  6. An einen Wildbearbeitungsbetrieb geliefertes frei lebendes Kleinwild muss der zuständigen Behörde zur Inspektion vorgeführt werden.

  7. Für das Zerlegen und Entbeinen von frei lebendem Kleinwild gelten die Vorschriften von Abschnitt II Kapitel V.