6   Explosionsschutzdokument

6.1 Anforderungen aus der Richtlinie 1999/92/EG

  Im Rahmen seiner Pflichten nach Artikel 4 der RL 1999/92/EG stellt der Arbeitgeber sicher, dass ein Explosionsschutzdokument erstellt und auf dem letzten Stand gehalten wird.
  Das Explosionsschutzdokument muss danach mindestens die folgenden Informationen enthalten:
  • dass die Explosionsrisiken ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind;
  • dass angemessene Maßnahmen getroffen werden, um die Ziele der Richtlinie zu erreichen;
  • welche Bereiche in Zonen eingeteilt wurden;
  • für welche Bereiche die Mindestvorschriften gemäß Anhang II der Richtlinie gelten;
  • dass die Arbeitsstätte und die Arbeitsmittel einschließlich der Warneinrichtungen sicher gestaltet sind und sicher betrieben und gewartet werden;
  • dass gemäß der Richtlinie 89/655/EWG des Rates Vorkehrungen für die sichere Benutzung von Arbeitsmitteln getroffen worden sind.
  Das Explosionsschutzdokument muss vor Aufnahme der Arbeit erstellt werden. Es wird überarbeitet, wenn wesentliche Änderungen, Erweiterungen oder Umgestaltungen der Arbeitsstätte, der Arbeitsmittel oder des Arbeitsablaufes vorgenommen werden.
  Der Arbeitgeber kann bereits vorhandene Gefährdungsbeurteilungen, Dokumente oder andere gleichwertige Berichte miteinander kombinieren und in das Explosionsschutzdokument integrieren.


6.2 Umsetzung

  Das Explosionsschutzdokument soll einen Überblick über die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierenden technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen für eine Anlage und deren Arbeitsumgebung geben.
  Im Folgenden wird eine Mustergliederung für ein Explosionsschutzdokument vorgestellt. Diese Mustergliederung enthält Punkte, die zur Darstellung der o.g. Anforderungen sinnvoll sein können und kann zur Erstellung von Explosionsschutzdokumenten als Gedankenstütze herangezogen werden.
  Es soll aber nicht impliziert werden, dass alle diese Punkte in einem Explosionsschutzdokument auftreten müssen. Das Explosionsschutzdokument muss an die jeweiligen betrieblichen Verhältnisse angepasst werden. Es sollte möglichst gut strukturiert und gut lesbar sein und von der Detailtiefe her ein allgemeines Verständnis ermöglichen. Der Umfang der Dokumentation sollte daher nicht zu groß werden. Bei Bedarf ist es ratsam, das Explosionsschutzdokument erweiterbar zu gestalten, z.B. als Loseblattsammlung. Dies ist vor allem bei größeren Anlagen oder bei häufigen Änderungen der Anlagentechnik sinnvoll.
  In der 1999/92/EG wird ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, bestehende Abschätzungen, Dokumente oder Berichte zu kombinieren (z.B. Sicherheitsbericht nach Richtlinie 96/82/EG). Das bedeutet, dass in einem Explosionsschutzdokument auf andere Dokumente verwiesen werden kann, ohne dass diese Dokumente explizit in das Explosionsschutzdokument komplett einzubinden sind. Diese Verweismöglichkeit kann im Besonderen dann genutzt werden, wenn die zitierten Dokumente zu jeder Zeit kurzfristig einzusehen sind und eine entsprechend gute Handhabbarkeit gegeben ist.
  Es muss gewährleistet sein, dass das Explosionsschutzdokument in kompletter Form (also inklusive der Dokumente, auf die verwiesen wird) rasch vorgelegt werden kann.
  Für Betriebe, die über mehrere Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen verfügen, kann eine Aufteilung des Explosionsschutzdokumentes in einen allgemeinen und einen anlagenspezifischen Teil sinnvoll sein. In dem allgemeinen Teil werden der Aufbau der Dokumentation und Maßnahmen, die für alle Anlagen gelten, erläutert. Solche Maßnahmen sind beispielsweise die Unterweisung der Mitarbeiter etc. Im anlagenspezifischen Teil werden die Gefahren und Schutzmaßnahmen in den jeweiligen Anlagen erläutert.
  Ändern sich die Betriebsbedingungen in einer Anlage häufig, z.B. durch chargenweise Verarbeitung von unterschiedlichen Produkten, so sind sinnvollerweise die gefährlichsten Betriebszustände als Grundlage für eine Bewertung und Dokumentation zu betrachten.


6.3 Mustergliederung eines Explosionsschutzdokumentes


6.3.1 Beschreibung der Arbeitsstätte und der Arbeitsbereiche

  Die Arbeitstätte wird in Arbeitsbereiche untergliedert. Im Explosionsschutzdokument werden die Arbeitsbereiche beschrieben, in denen eine Gefährdung durch explosionsfähige Atmosphäre vorhanden ist.
  Die Beschreibung kann z.B. enthalten: Name des Betriebes, Art der Anlage, Gebäude/Raumbezeichnung und Betriebsverantwortliche, Anzahl der Beschäftigten.
  Die baulichen und geografischen Gegebenheiten können bildlich dokumentiert werden, z.B. durch Lage- und Aufstellungspläne. Die Flucht- und Rettungswegepläne sollten mit aufgenommen werden.


6.3.2 Beschreibung der Verfahrensschritte und/oder Tätigkeiten

  Das betreffende Verfahren sollte in einem kurzen Text und ggf. in Verbindung mit einem Verfahrensfließbild beschrieben werden. In dieser Beschreibung sollten alle für den Explosionsschutz wichtigen Angaben enthalten sein. Dies umfasst eine Beschreibung der Arbeitsschritte inkl. An- und Abfahren, eine Übersicht über Auslegungs- und Betriebsdaten (z.B. Temperatur, Druck, Volumen, Durchsatz, Drehzahl, Betriebsmittel), ggf. Art und Umfang von Reinigungsarbeiten und evtl. Angaben zur Raumlüftung.


6.3.3 Beschreibung der eingesetzten Stoffe/Sicherheitstechnische Kenngrößen

  Insbesondere sollte beschrieben werden, durch welche Stoffe die explosionsfähige Atmosphäre gebildet wird, und unter welchen verfahrenstechnischen Bedingungen diese entsteht. Eine Auflistung der explosionsschutzrelevanten sicherheitstechnischen Kenngrößen ist an dieser Stelle sinnvoll.


6.3.4 Darstellung der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung

  Es sollte beschrieben werden, wo gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann. Dabei kann nach dem Inneren von Anlagenteilen und der Umgebung unterschieden werden. Es sind nicht nur der Normalbetrieb, sondern auch das Anfahren/Abfahren und Reinigen sowie Betriebsstörungen zu berücksichtigen. Weiterhin ist ggf. die Vorgehensweise bei Verfahrens- oder Produktänderungen einzubeziehen. Die explosionsgefährdeten Bereiche (Zonen) können sowohl textlich als auch grafisch in Form eines Zonenplans dargestellt werden (siehe Kapitel 3.2.1).
  Weiterhin werden unter diesem Punkt die Explosionsgefährdungen (siehe Kapitel 2) dargestellt. Dabei ist es nützlich, die Vorgehensweise zu beschreiben, die verwandt wurde, um die Explosionsgefährdungen zu identifizieren.


6.3.5 Getroffene Explosionsschutzmaßnahmen

  Basierend auf der Gefährdungsbeurteilung werden in diesem Kapitel die resultierenden Explosionsschutzmaßnahmen dargestellt. Es sollte das zugrundeliegende Schutzprinzip erwähnt werden, z.B. "Vermeiden von wirksamen Zündquellen" etc. Eine Einteilung in technische und organisatorische Schutzmaßnahmen ist dabei sinnvoll.

 

Technische Maßnahmen
  • Vorbeugende Maßnahmen:
    Basiert das Explosionsschutzkonzept der Anlage auf den vorbeugenden Maßnahmen Vermeiden von explosionsfähiger Atmosphäre oder Vermeiden von Zündquellen, so ist eine detaillierte Beschreibung der Umsetzung dieser Maßnahmen erforderlich (siehe Kapitel 3.1 und 3.2).

  • Konstruktive Maßnahmen:
    Wird die Anlage durch konstruktive Explosionsschutzmaßnahmen geschützt, so sind die Art, die Funktionsweise und der Einbauort der Schutzmaßnahme zu beschreiben (siehe Kapitel 3.3).

  • Maßnahmen der Prozessleittechnik:
    Sind Maßnahmen der Prozessleittechnik Teil des Explosionsschutzkonzeptes, so sind die Art, die Funktionsweise und der Einbauort der Schutzmaßnahme zu beschreiben (siehe Kapitel 3.4).
  Organisatorische Maßnahmen
  Die organisatorischen Explosionsschutzmaßnahmen werden ebenfalls im Explosionsschutzdokument beschrieben
(siehe Kapitel 4).
  Aus dem Dokument sollte hervorgehen:
  • welche Betriebsanweisungen für einen Arbeitsplatz oder eine Tätigkeit erstellt wurden,
  • wie die Qualifikation der Beschäftigten gewährleistet wird,
  • Inhalt und Häufigkeit der Unterweisungen (und wer teilgenommen hat),
  • wie ggf. die Benutzung von ortveränderlichen Arbeitsmitteln in den explosionsgefährdeten Bereichen geregelt wird,
  • wie sichergestellt wird, dass die Arbeitnehmer nur geeignete Schutzkleidung tragen,
  • ob ein Arbeitsfreigabesystem existiert und wie dieses ggf. organisiert ist,
  • wie Instandhaltungs-, Prüfungs- und Überwachungsarbeiten organisiert sind und
  • wie die explosionsgefährdeten Bereiche gekennzeichnet sind.
  Sind zu diesen Punkten entsprechende Formulare vorhanden, können diese als Muster dem Explosionsschutzdokument beigefügt werden. Dem Dokument kann eine Liste mit für den Einsatz in explosionsfähigen Bereichen zugelassenen ortsveränderlichen Arbeitsmitteln beigefügt werden.


6.3.6 Realisierung der Explosionsschutzmaßnahmen

  Aus dem Explosionsschutzdokument sollte hervorgehen, wer für die Umsetzung bestimmter Maßnahmen verantwortlich ist oder wer beauftragt wurde oder wird (u.a. auch für die Erstellung und Fortführung des Explosionsschutzdokumentes). Es ist auch zu erwähnen, zu welchem Zeitpunkt die Maßnahmen angewendet werden müssen, und wie ihre Wirksamkeit kontrolliert wird.


6.3.7 Koordinierung der Explosionsschutzmaßnahmen

  Sind Arbeitgeber mehrerer Betriebe an derselben Arbeitsstätte tätig, so ist jeder Arbeitgeber für die Bereiche, die seiner Kontrolle unterstehen, verantwortlich. Derjenige Arbeitgeber, der die Verantwortung für die Arbeitstätte hat, koordiniert die Durchführung der den Explosionsschutz betreffenden Maßnahmen und macht in seinem Explosionsschutzdokument genauere Angaben über das Ziel, die Maßnahmen und die Modalitäten der Durchführung dieser Koordinierung.


6.3.8 Anhang des Explosionsschutzdokumentes

  Der Anhang kann z.B. EG-Baumusterprüfbescheinigungen, EG-Konformitätserklärungen, Sicherheitsdatenblätter, Betriebsanleitungen von Apparaten, Betriebsmitteln oder technischen Arbeitsmitteln, o. Ä. enthalten. Hier können beispielsweise auch explosionsschutzrelevante Wartungspläne mit aufgenommen werden.