Ben braucht Hilfe
Suchtprobleme im Betrieb
Der Fall
Bäckermeister Hans B. hat ein ungutes Gefühl. Sein langjähriger Geselle Ben, auf den er sich bislang immer verlassen konnte, hat heute schon wieder den Brezelteig versalzen. Und als sich ein Kunde darüber beschwerte, ist er auch noch laut geworden. Ben ist in diesem Monat schon dreimal zu spät gekommen und während der Arbeit verschwindet er immer wieder für einige Minuten. Und dann ist da noch die Sache mit dem Führerscheinverlust ...
Das Problem
Hinter diesem Fall könnte sich ein Suchtproblem verbergen. Aber: Es ist nicht Aufgabe des Unternehmers, Diagnosen zu stellen oder die Ursache einer eventuellen Suchterkrankung zu ermitteln. Es ist auch nicht seine Aufgabe, selbst dem Betroffenen zu helfen. Aufgabe des Vorgesetzten ist es vielmehr,
- dem Betroffenen zu sagen, was einem auffällt, und von ihm eine Verhaltensänderung einzufordern,
- für die Sicherheit des Betroffenen und die der übrigen Mitarbeiter zu sorgen und
- dem Betroffenen eine Chance auf Änderung bzw. Heilung zu geben.
Das Ziel
Ziel aller betrieblichen Maßnahmen beim Umgang mit Suchtproblemen ist:
- dem Unternehmen einen bewährten Mitarbeiter zu erhalten,
- den Betroffenen einer professionellen Beratung zuzuführen und
- dem Betrieb unnötige Kosten, Ausfallzeiten, Fehlleistungen und Ärger zu ersparen.
Für Sie als Vorgesetzter ist wichtig zu wissen:
- Die Aussicht auf dauerhafte Heilung liegt bei 75 %, wenn die richtige Therapieform gewählt und eine Nachsorge sichergestellt wird.
- Verhaltensänderung ist jederzeit möglich. Der Leidensdruck, den der Einzelne braucht, um Hilfe annehmen zu können, ist individuell sehr unterschiedlich.
- Verständnis und Mitleid dürfen nicht dazu führen, dem Betroffenen die Konsequenzen seines Fehlverhaltens zu ersparen und ihm dadurch die Eigenverantwortlichkeit abzunehmen.
- Nur der Betrieb hat eine reelle Chance, den Betroffenen zur Annahme eines Hilfsangebots zu bewegen
WO DER UNTERNEHMER UNTERSTÜTZUNG BEKOMMT
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- Individuelle Beratung bei der BGN, Dr. med. Martina Hamacher, BGN, Abt. Gesundheitsschutz, Fon 089 89466-5820, e-mail: Martina.Hamacher@bgn.de
- Psychosoziale Beratungsstellen, die auch betriebliche Suchthilfe anbieten
- Beratung im Rahmen von Handwerker-Fonds, z. B. Handwerker-Fonds Suchtkrankheit (www.handwerker-fonds.de)
- Im Internet (Information zu verschiedenen Suchtarten, Testbögen und Adressen von Beratungsstellen)
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Der Weg
Deshalb sollten Sie so früh wie möglich handeln. Handeln heißt:
- den Mitarbeiter unter vier Augen ansprechen,
- Wahrnehmungen, Bedenken und Fehlverhalten benennen,
- den vermuteten Zusammenhang mit Alkohol- (oder Drogen-) Missbrauch ausdrücken,
- nicht auf Diskussionen über Trinkmengen, Beweise u. Ä. einlassen,
- zur Änderung des Fehlverhaltens auffordern und
- falls der Betroffene dazu alleine nicht in der Lage ist, auf entsprechende Hilfsangebote verweisen,
- Vereinbarungen treffen,
- Konsequenzen aufzeigen, falls eine Vereinbarung nicht eingehalten wird,
- einen Termin für ein Folgegespräch vereinbaren.
Setzt der Vorgesetzte klare Grenzen und fordert er Verhaltensänderungen ein und macht er andererseits auch Hilfsangebote, dann muss der Betroffene sich entscheiden. Die Erfahrung zeigt, dass die Sorge um den Arbeitsplatz Suchtkranke sehr häufig dazu veranlasst, eine Beratungsstelle aufzusuchen oder eine Therapie zu beginnen - auch wenn sie selbst noch nicht eingesehen haben, dass sie krank sind.
aus: report. BGN-Nachrichten für Backbetriebe