Bessere Luft in Küchen

Wie die Robert Bosch GmbH in Reutlingen für bessere Luft in der Kantinenküche sorgt.

aus report (Gastronomie)

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"Wir stehen nicht mehr mitten in den Kochdünsten, sondern atmen frische Luft." Peter Müller, Küchenchef bei der Robert Bosch GmbH in Reutlingen, ist begeistert. "Auch die Wärmebelastung ist geringer geworden. Das ganze Team fühlt sich wohler." Was fast wie Zauberei klingt, ist in Wirklichkeit nur die Beachtung physikalischer Gesetzmäßigkeiten.

In der Computersimulation ist gut erkennbar, was man in der Küche nicht sieht: Dicke Frischluftschwaden wabern in die Küche. Sie quellen aus gelochten Edelstahlverkleidungen, die ca. 20 cm über dem Fußboden bündig auf der Wand sitzen. In der Küche selbst spürt man die einströmende Luft nicht – auch vor dem Zuluftauslass nicht. "Dass es nicht zieht, liegt an der geringen Geschwindigkeit, mit der die Zuluft gleichmäßig über die gesamte Fläche des Luftauslasses verteilt ausströmt", erklärt Helmut Lepple, Konstrukteur der Küchenbe- und -entlüftungsanlage bei Bosch und dort zuständig für die Werkserhaltung im Maschinen-, Energie- und Raumlufttechnikbereich. Diese "Quelllüftung" in Verbindung mit den bodennahen Zuluftauslässen ist das ganze Geheimnis, das hinter der besseren Luft in der Kantinenküche bei Bosch steckt. Die benötigten Teile wurden in der Firma selbst konstruiert.

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Helmut Lepple kann die Bedenken über eine bodennahe Zuluftführung in der Küche nicht verstehen. Er sieht nur Vorteile.

Die Idee kommt aus der Werkshalle

Die Idee, die Küchenbe- und -entlüftungsanlage so zu konzipieren, hatte Helmut Lepple, weil er das Prinzip bereits aus der Be- und Entlüftung industrieller Fertigungshallen kannte. Dort wird diese Form der Zuluftführung schon lange mit großem Erfolg angewendet, um die mit Stoffen und Wärmelasten angereicherte Luft möglichst wirkungsvoll aus der Halle zu entfernen. Das als Schichtströmung bezeichnete Prinzip macht sich eine einfache physikalische Gesetzmäßigkeit zunutze: Über Wärmequellen, z.B. auch Küchenherden, bildet sich ein nach oben steigender Strom warmer Luft aus, der so genannte Thermikstrom. Er enthält Stoff- und Wärmelasten, die sinnvollerweise im Bereich der Decke erfasst und abgeführt werden. Die abgeführte Luft muss durch Zuluft ersetzt werden. Wird diese kühlere Zuluft bodennah eingebracht, dann verweilt sie – weil sie schwerer ist – zunächst im bodennahen Bereich. Es bildet sich ein so genannter "Frischluftsee" im Aufenthaltsbereich des Küchenpersonals aus. Dies hat den Vorteil, dass noch im Deckenbereich vorhandene belastete wärmere Luft dort bleibt und nicht in den Arbeitsbereich zurückgeführt wird. Außerdem wird dadurch die Thermikströmung zur Decke nicht gestört, sondern gestützt.

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Ablufterfassung in der Decke

Weniger Schadstoffe in den Arbeitsbereichen

Deutlich ungünstiger sind die Luftbewegungen, wenn die Zuluft von oben aus der Decke impulsbehaftet in den Raum eingeblasen wird. Mit dieser so genannten Mischströmung arbeiten die herkömmlich in Küchen verwendeten Belüftungssysteme. Bei der Mischströmung bewegt sich die Zuluft entgegengesetzt zum Thermikstrom. Das kann dazu führen, dass im Deckenbereich – also außerhalb der Erfassungselemente – belastete Luft in den Arbeitsbereich mitgenommen wird. Andererseits kann auch die Thermikströmung gestört werden, so dass ein Teil der Küchendünste wieder in den Arbeitsbereich zurückgeführt wird. Das bestätigen auch umfangreiche Untersuchungen der BGN zu Schichten- und Mischströmung in Küchen. Die stoffliche Belastung und Wärmebelastung der Arbeitsplätze, die in der Küche beim Kochen und Braten entstehen kann, sind bei der Schichtströmung sehr viel niedriger als bei der Mischströmung. Warum aber die nachweislich effektivere Schichtströmung in der Küche noch nicht so richtig Fuß fassen konnte, liegt wohl teilweise immer noch an Bedenken mancher Lüftungsplaner, Lüftungsanlagenbauer und auch -betreiber.

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In die Wand integrierte bodennahe Zuluftauslässe versorgen die Arbeitsbereiche mit Frischluft.

Keine Probleme mit Platz und Hygiene

Es scheint einfacher, die Zuluftöffnungen mit den Abluftelementen in die Decke zu integrieren. Helmut Lepple lässt dieses Argument aber nicht gelten. "Es war überhaupt kein Problem, die Zuluftöffnungen in der Wand zu integrieren." Auch Bedenken, wie man brauche hierfür mehr Platz oder die bodennahen Zuluftauslässe seien gerade in Küchen aus hygienischen Gründen nicht zu empfehlen, lassen sich leicht entkräften. Alle Teile der Zuluftauslässe sind aus Edelstahl und plan an der Wand angebracht. Und eben weil die Zuluftauslässe ca. 20 cm über dem Fußboden beginnend sitzen und mit einem Spritz- bzw. Reinigungsrand versehen sind, kann man den Boden selbst gut reinigen, ohne die Zuluftauslässe dabei zu beeinträchtigen. Die gelochten Zuluftverkleidungen lassen sich einfach entfernen und werden in die Spülmaschine gesteckt oder auch von Hand gereinigt. Der dahinter sitzende Zuluftraum ist so gestaltet, dass er einfach mit dem Wasserschlauch ausgespritzt und gereinigt werden kann. Lepple: "Bei der Deckenbelüftung geht das lange nicht so einfach."

Und weil das Prinzip der Schichtströmung so simpel und wirkungsvoll ist, wurden auch die Spülküche und Essensausgabe damit ausgestattet. Dort finden die Mitarbeiter das Klima seitdem ebenfalls einfach dufte.

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Die gelochten Zuluftverkleidungen sind plan an der Wand angebracht und können zum Reinigen mit einem Griff abgenommen werden.

Es gibt mittlerweile Küchenlüftungsanlagenbauer, die Schichtenströmung in Küchen anbieten und ausführen.

Weitere Infos bei der BGN unter 0621 4456 3517 oder e-mail an praevention@bgn.de

aus: report. BGN-Nachrichten für Hotels, Gaststätten und Schausteller