1.9 Fachliche Ausbildung und Kenntnisse

1.9.1 Informationspflicht des Unternehmers/Betriebsleiters

Unternehmer bzw. Betriebsleiter müssen ausreichend fachliche Kenntnisse und Erfahrungen besitzen, um ein sicheres und hygienisches Herstellen von Lebensmitteln gewährleisten zu können. Darüber hinaus müssen sie sich laufend über den allgemein anerkannten Stand der Technik und die Regeln der Guten Herstellungspraxis informieren.

1.9.2 Lebensmittelhygienische Kenntnisse der Mitarbeiter

Der Unternehmer ist dafür verantwortlich, dass leicht verderbliche Lebensmittel nur von Personen be- und verarbeitet werden, die ihrer Tätigkeit entsprechend in Fragen der Lebensmittelhygiene geschult wurden und über ausreichende Fachkenntnisse bezüglich folgender Sachgebiete verfügen12:

Ausreichende Kenntnisse dürfen vermutet werden bei Personen, die eine – der Tätigkeit entsprechende – Berufsausbildung abgeschlossen haben. Der Abschluss muss der Behörde auf Verlangen nachgewiesen werden!

Eine Dokumentation der Schulungs- und Unterweisungsmaßnahmen ist als Nachweis zu empfehlen (Beispiel für Formblatt => Abbildung 47 oder Abbildung 48).

Für die Personalschulung kann die vorliegende Leitlinie als Grundlage eingesetzt werden, als Checkliste für die Schulung in Lebensmittelhygiene kann darüber hinaus auch die DIN 10 514 hilfreich sein.

Nach dem Infektionsschutzgesetz sind Belehrungen der Mitarbeiter alle zwei Jahre (=> Abschnitt 1.9.3) vorgeschrieben. Diese können gegebenenfalls zusammen mit der Hygieneunterweisung nach nach § 4 Absatz 1 LMHV und nach VO (EG) Nr. 852/2004 Anhang II Kap. XII durchgeführt werden. In diesem Fall sind beide Themenbereiche zu dokumentieren (=> Abbildung 49 und Abbildung 47 oder Abbildung 48).


12 Rechtstext und genaue Bezeichnung der Sachgebiete => LMHV § 4 und Anlage 1

1.9.3 Anforderungen gemäß Infektionsschutzgesetz

An Personen, die mit Lebensmitteln umgehen, werden besondere Anforderungen gestellt, um eine Übertragung von Krankheitskeimen über die Lebensmittel auf andere Menschen zu verhindern. Dies soll durch das am 01.01.2001 in Kraft getretene Infektionsschutzgesetz (IfSG) erreicht werden. Für die Gastronomie und andere Lebensmittelbetriebe sind § 42 "Tätigkeits- und Beschäftigungsverbote" und § 43 "Belehrung, Bescheinigung" wichtig13. Das Gesetz verlangt verantwortliches Handeln des Arbeitgebers und seiner Beschäftigten. Dies ist wirksamer als sich auf immer nur lückenhaft mögliche Kontrollen zu verlassen.

Der Personenkreis, der vom IfSG betroffen ist, wurde gegenüber dem vorher geltenden Bundesseuchengesetz erheblich ausgeweitet. Es sind jetzt praktisch alle, die mit Lebensmitteln außerhalb des häuslichen Bereiches zu tun haben (auch Aushilfen!) und im Gegensatz zur früheren Regelung auch außerhalb des gewerblichen Bereiches (Straßen-, Vereinsfeste, Kindergartenfeste, Besenwirtschaften, etc.) einbezogen.


13 Rechtstext des IfSG §§ 42 und 43 ⇒ Abschnitt 3.3

Gemäß § 42 des IfSG dürfen Personen, die

  1. an Typhus abdominalis, Paratyphus, Cholera, Shigellenruhr, Salmonellose, einer anderen infektiösen Gastroenteritis oder Virushepatitis A oder E erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf diese Erkrankungen besteht,


  2. an infizierten Wunden oder an Hautkrankheiten erkrankt sind, bei denen die Möglichkeit besteht, dass deren Krankeitserreger über Lebensmittel übertragen werden können,


  3. die Krankheitserreger Shigellen, Salmonellen, enterohämorrhagische Escherichia coli oder Choleravibrionen ausscheiden,

oder wenn sie

Gemäß § 43 des IfSG müssen alle Personen, die in oben aufgeführten Lebensmittelbereichen gewerblich tätig werden,

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber


14 Gültige Gesundheitszeugnisse (Unbedenklichkeitsbescheinigungen) nach dem früheren Bundesseuchengesetz werden anstelle der Erstbelehrung anerkannt, eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes ist dann nicht erforderlich.

Über welche Inhalte ist zu belehren15?


15 Ausführliche Infos sind in der ASI 11.2 "Infektionsschutzgesetz (IfSG) - Umsetzung im Lebensmittelbereich" der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe unter http://vorschriften.portal.bgn.de oder beim Robert-Koch-Institut unter http://www.rki.de zu erhalten. Das Robert-Koch-Institut stellt Belehrungsbögen in mehreren Sprachen (deutsch, arabisch, englisch, französisch, polnisch, russisch, spanisch und türkisch) als Download zur Verfügung.

Was müssen Arbeitgeber und Beschäftigte beachten?

Werden dem Arbeitgeber Erkrankung, Verdacht auf Erkrankung oder Ausscheidertum mitgeteilt oder hat er selbst einen entsprechenden Verdacht, muss er unverzüglich Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterverbreitung der Krankeitserreger treffen (z. B. Herausnahme der Mitarbeiter aus dem gefährdeten Bereich, Hygienemaßnahmen).

Verstöße gegen das IfSG sind für Arbeitgeber und Mitarbeiter mit Geld- und Freiheitsstrafen bedroht, darüber hinaus ist evtl. Schadenersatz und Schmerzensgeld an Geschädigte zu leisten.

Wie erkennt man bei sich oder anderen die genannten Krankheiten?

Wenn als Symptome

beobachtet werden, muss unverzüglich der Hausarzt aufgesucht werden. Wichtig ist, dem Arzt mitzuteilen, dass in einem Lebensmittelbereich gearbeitet wird! Dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten muss Mitteilung gemacht werden.

Hinweis für Unternehmer/Betriebsleiter:

Auch Sie selbst müssen sich vor Aufnahme Ihrer Tätigkeit in den oben geschilderten Lebensmittelbereichen beim Gesundheitsamt belehren lassen und eine Erklärung abgeben, dass Ihnen keine Tatsachen bekannt sind, die das oben geschilderte Tätigkeitsverbot für Sie begründen würden. Sie müssen Kenntnis über das IfSG haben (gehört zu den allgemeinen Pflichten jeden Unternehmers), brauchen sich aber nicht selbst förmlich zu belehren.

Handlungsschema für den Arbeitgeber:

  1. Beschäftigungs-/Tätigkeitsverbot beachten!
  2. Neu im Lebensmittelbereich Tätige ohne gültige Bescheinigung/Gesundheitszeugnis: Vor Beginn der Tätigkeit im zuständigen Gesundheitsamt an einer Belehrung teilnehmen, Bescheinigung gehört in die Unterlagen des Arbeitgebers.
  3. Während der Tätigkeit: Bei gegebenem Anlass (Erkrankung, Arbeitsplatzwechsel) spätestens aber alle zwei Jahre Belehrung über Tätigkeitsverbot und Mitteilungspflicht durch den Unternehmer. Die Belehrung muss schriftlich dokumentiert werden (Vordruck => Abbildung 49).

Informationen zu den unter das gesetzliche Tätigkeitsverbot fallenden Krankheiten:

Typhus abdominalis, Paratyphus:

Die Salmonellen als Erreger werden durch den Mund mit Speisen und Getränken aufgenommen. Die Symptome sind hohes Fieber, das bis zu Wochen anhalten kann. Bauch-, Kopf- und Gliederschmerzen. Zunächst oft Verstopfung, später Durchfälle.

Cholera:

Die Cholerabakterien verbreiten sich über Wasser und Lebensmittel, auch direkt von Mensch zu Mensch. Die Symptome sind Erbrechen, Bauchschmerzen und milchig-weißer Durchfall. Dabei ist der Flüssigkeitsverlust groß, sodass der Körper austrocknet.

Shigellose (Bakterien-Ruhr):

Übertragung von Mensch zu Mensch, durch Lebensmittel und Wasser. Wenige Bakterien genügen, um die Krankheit auszulösen. Die Symptome sind hohes Fieber, krampfartige Bauchschmerzen sowie wässrige Durchfälle, die typischerweise blutig werden. In Deutschland verbreitet.

Salmonellose:

Zahlreiche Salmonellen-Bakterien-Arten, die in Deutschland sehr verbreitet sind. Häufung des Auftretens in der warmen Jahreszeit. Hauptquelle der Infektion sind Nahrungsmittel von infizierten Tieren (Eier, Geflügel, Milch, Fleisch). Die Krankheit äußert sich mit plötzlichem Brech-Durchfall mit Bauchschmerzen. Die Symptome können sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Infektiöse Gastroenteritis:

Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen mit und ohne Fieber können auch durch zahlreiche andere Bakterien und Viren verursacht werden. Häufig lässt sich der Krankheitserreger nicht genau diagnostizieren.

Virus-Hepatitis A oder E:

Die Erreger-Viren werden mit Nahrungsmitteln aufgenommen und können auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Als Symptome treten oft Gelbfärbung der Haut und des Augenweiß, Appetitlosigkeit und Mattigkeit auf, können aber auch ausbleiben. Obwohl beide Erreger auch in Deutschland vorkommen, ist meist eine Reise der Infektionsanlass.




2020-09-30