Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen bei RITTER SPORT

„Nicht von der Stange“

 

Foto: Gesprächssituation

Wie man bei RITTER SPORT die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GPB) nicht nur als gesetzliche Pflichterfüllung sieht
Praxishilfen zur Beurteilung psychischer Belastungen im Betrieb gibt es zuhauf. Auf der Suche nach einem geeigneten Instrument und einer geeigneten Vorgehensweise holten sich die Verantwortlichen der Alfred Ritter GmbH & Co. KG Rat bei der BGN. Dabei lernten sie die Arbeitssituationsanalyse kennen. Heute nutzt RITTER SPORT dieses Instrument zusammen mit der BGN-Beurteilungshilfe bei der GPB. Mit guten Ergebnissen.

von Martina Köster

Foto: Dipl.-Psych. Martina Köster berät im Auftrag der BGNPrävention Unternehmen bei der Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements und bei der Durchführung von GPB.

Dipl.-Psych. Martina Köster berät im Auftrag der BGNPrävention Unternehmen bei der Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements und bei der Durchführung von GPB.

Bernhard Kühl, Geschäftsführer bei RITTER SPORT in Waldenbuch, sieht seinen ca. 1.050 Mitarbeiter zählenden Betrieb bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen professionell aufgestellt. Er erklärt: „Durch die hervorragende Begleitung der BGN bei den ersten Schritten und durch ihre Multiplikatoren-Schulung sind wir heute imstande, den Anforderungen auf einem sehr hohen Niveau eigenverantwortlich gerecht zu werden. Mit der Art und Weise, wie RITTER SPORT die psychische Gefährdungsbeurteilung versteht und umsetzt, haben wir uns bewusst für ein Vorgehen deutlich über den gesetzlichen Anforderungen entschieden.“

Foto: Gesprächssituation

Die Arbeitssituationsanalyse kann eigenständig zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb eingesetzt werden und ist auch ein bewährtes Analyseinstrument für die GPB.

Die Entscheidung wurde nach einer umfassenden Beratung durch die BGN und auf Grundlage der Ergebnisse einer Nutzen-Wert-Analyse der Bachelorandin Marina Bayha getroffen. Konkret sah die Geschäftsführung ein dreistufiges Verfahren vor:

  1. Schriftliche Mitarbeiterbefragung
  2. Vertiefung der Befragung durch moderierte Gruppeninterviews (= Arbeitssituationsanalysen)
  3. Abschließende Ergebnispräsentation vor den relevanten Entscheidungsträgern mit anschließendem Workshop, in dem die Umsetzung erster Maßnahmen beschlossen wird

Gut vorbereitet gestartet

Gabriele Noack, Leiterin des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) bei RITTER SPORT und Prozessverantwortliche für die GPB, hatte diese anspruchsvolle Vorgehensweise empfohlen. Zuvor hatte sie sich zusammen mit Marina Bayha persönlich bei der BGN intensiv über die Befragungsmethoden informiert und dabei auch die Erfahrungen der BGN-Beraterin eingeholt. Sie ergänzt: „Aus unserer BGM-Erfahrung wissen wir, dass alle Maßnahmen immer dann besonders akzeptiert und erfolgreich sind, wenn sie nicht von der Stange, sondern möglichst flexibel an die Bedürfnisse des Unternehmens und der Mitarbeiter angepasst werden.“

Nachdem Gabriele Noack und ihr GPB-Team sich den Auftrag ihrer Geschäftsleitung abgeholt hatten, richteten sie eine Projektgruppe aus Vertretern der Mitarbeiter, des Betriebsrats, der Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin plus Geschäftsführung ein. Die Gruppe setzte sich intensiv mit den Analyseinstrumenten und ihrer Anwendung auseinander. Die als Beobachtungsinterview konzipierte BGNBeurteilungshilfe „Psychische Gefährdungen“ wurde gekonnt zu einem auf RITTER SPORT zugeschnittenen Fragebogen für eine anonyme schriftliche Befragung umgestrickt. Bevor der Fragebogen zum Einsatz kam, wurde er von einigen Mitarbeitergruppen getestet.

Foto: Gesprächssituation

Die BGN hat für ihre Mitgliedsbetriebe den Ordner „Die Arbeitssituationsanalyse“ entwickelt, in dem das Vorgehen genau erklärt wird. Außerdem werden die Rahmenbedingungen für die Anwendung der Arbeitssituationsanalyse sowie für ihren Einsatz bei der GPB beschrieben. Ein USB-Stick im Ordner enthält Materialvorlagen für die praktische Umsetzung und zwei Erklär-Filme.

Mitarbeiterinformation und schriftliche Befragung

Dann ging es in die fachbereichsweise praktische Umsetzung. Zuerst informierte das GPB-Team die Führungskräfte in einer gesonderten Veranstaltung. Danach wurden Ziel, Nutzen und geplante Umsetzung der GPB jeweils den Mitarbeitern einer Schicht in einer 30-minütigen Informationsveranstaltung erklärt.

Jeder erhielt den vorbreiteten Fragebogen, bei dessen Rückgabe Anonymität sichergestellt war. Eine hohe Rücklaufquote von 80 % belohnte die sorgfältige Vorbereitung der Befragung. Ein erster Erfolg. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden der Geschäftsleitung und anschließend dem Betriebsrat und dem jeweiligen Hauptabteilungsleiter präsentiert.

Die Arbeitssituationsanalyse

Auf der zweiten Stufe sollten Workshops die Befragungsergebnisse konkretisieren. Dazu trafen sich Vertreter gleichartiger Arbeitsplätze zu moderierten Gruppeninterviews. Eingeleitet werden diese Arbeitssituationsanalysen jeweils mit der Frage: Für wie wichtig erachtet es die Gruppe, dass sich etwas verändert? Die Moderatoren fragen einzelne Gruppenmitglieder, was sie gut am Unternehmen finden und welche Problempunkte sie sehen, für die die Befragten im gleichen Zug ihre Lösungsvorschläge nennen. Dazu werden die verschiedenen Bereiche Arbeitsumgebung, Arbeitstätigkeit, Arbeitsorganisation, Vorgesetztenverhalten, Gruppen- und Betriebsklima durchgegangen.

Die Arbeitssituationsanalyse liefert zum einen Erkenntnisse über die Ressourcen im Unternehmen, zum anderen – strukturiert, detailliert und lösungsorientiert – über die Probleme. So können in ca. zwei Stunden sehr viele Informationen direkt von den Betroffenen gewonnen werden. Auch hier war die Mitarbeiterbeteiligung hoch. Ein weiterer Erfolg.

Rückmeldung der Ergebnisse und Maßnahmenumsetzung

Auf der dritten Stufe wurden die Ergebnisse der Arbeitssituationsanalysen der Projektgruppe und den betreffenden Team- und Abteilungsleitern gebündelt präsentiert. Man beschloss die ersten Sofortmaßnahmen. Ein Maßnahmenplan für fünf weitere Maßnahmen wurde festgelegt. Außerdem wurde die Information der Mitarbeiter organisiert und durchgeführt. Alle noch offenen Problempunkte werden nun sukzessive in kleinen Arbeitskreisen abgearbeitet.

Entscheidend: Die Mitarbeiter nahmen wahr, dass ihre Teilnahme an den Analysen erfolgreich war. RITTER SPORT setzte u. a. folgende Maßnahmen zur Behebung psychischer Belastungen um:

Foto: Geschäftsführer Bernhard Kühl

„Wir haben uns bewusst für ein Vorgehen deutlich über den gesetzlichen Anforderungen entschieden. Die Mitarbeiter konnten bei den Arbeitssituationsanalysen sehr offen und konstruktiv Kritik äußern und gemeinsam einige Probleme lösen. Ihr Vertrauen in RITTER SPORT als Arbeitgeber, dem die Gesundheit der Mitarbeiter wichtig ist, wurde gestärkt.“
Geschäftsführer Bernhard Kühl

Moderatorenschulung durch BGN

Die BGN bietet größeren Unternehmen an, eigene Mitarbeiter in einer eintägigen Inhouse-Schulung als Moderatoren für Arbeitssituationsanalysen zu qualifizieren. RITTER SPORT nutzte dieses Angebot, nachdem man in einem Pilotprojekt erste Eindrücke von der Methode der Arbeitssituationsanalyse gewonnen hatte.

Acht RITTER-SPORT-Mitarbeiter aus den Bereichen BGM und Arbeitssicherheit sowie mit Moderationserfahrung wurden von der BGN geschult. Die Durchführung von GPB mit dem Instrument der Arbeitssituationsanalyse ist heute bei RITTER SPORT auf mehreren Schultern verteilt.

GPB bei Mitarbeitern und Führungskräften positiv besetzt

Geschäftsführer Bernhard Kühl hat den Prozess intensiv begleitet und resümiert: „Die Ergebnisse der Abteilungen, in der die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen bereits durchgeführt wurde, sprechen für sich. Die Mitarbeiter konnten bei den Arbeitssituationsanalysen sehr offen und konstruktiv Kritik äußern und gemeinsam einige Probleme lösen. Ihr Vertrauen in RITTER SPORT als Arbeitgeber, dem die Gesundheit der Mitarbeiter wichtig ist, wurde gestärkt.“

Auch Gabriele Noack als Prozessverantwortliche ist mit dem Ergebnis hochzufrieden und erklärt das Erfolgsrezept: „Die gute Zusammenarbeit von Geschäftsführung, Betriebsrat und Abteilungen ist für den Prozess unabdingbar. Die ausführliche Information der Führungskräfte und Mitarbeiter erachten wir als grundlegenden Erfolgsfaktor für das Ergebnis. Es ist uns offensichtlich gelungen, die Belegschaft dadurch abzuholen. GPB und Arbeitssituationsanalysen sind bei den Mitarbeitern und Führungskräften positiv besetzt. Wir würden jederzeit wieder diese Vorgehensweise wählen.“

Foto: Gabriele Noack (Mitte), leitende Gesundheitsmanagerin bei RITTER SPORT in Waldenbuch. Sie ist federführend bei der Durchführung GPB – unterstützt von Marina Bayha (li.) und Annika Zieher (re.).

„GPB und Arbeitssituationsanalysen sind bei unseren Mitarbeitern und Führungskräften positiv besetzt. Wir würden jederzeit wieder diese Vorgehensweise wählen.“
Gabriele Noack (Mitte), leitende Gesundheitsmanagerin bei RITTER SPORT in Waldenbuch. Sie ist federführend bei der Durchführung GPB – unterstützt von Marina Bayha (li.) und Annika Zieher (re.).

 

Autor: Köster