Täglich in den Winter

Schutzmaßnahmen bei Arbeiten in Kühlhäusern

Der Mensch ist nicht geschaffen, sich bei Temperaturen, wie sie in Tiefkühlhäusern und -hallen herrschen, ohne Schutz aufzuhalten. Es besteht grundsätzlich Unterkühlungsgefahr, die durch betriebstechnische Maßnahmen im Kühlhaus nur bedingt verhindert werden kann. Allerdings gibt es eine Reihe von Arbeitsschutzmaßnahmen, die die Mitarbeiter vor Unterkühlung und Gesundheitsgefahren schützen können.

von Lutz Schiffmann

Eine technische Maßnahme, um Mitarbeiter während ihres Aufenthalts in Kühlhäusern zu isolieren, sind Gabelstapler mit beheizter Fahrerkabine. Weiterhin kann die Luftgeschwindigkeit in den Kühlräumen z. B. mit geeigneten Luftführungssystemen so gering wie möglich gehalten werden. Unter Umständen können auch während des Aufenthalts von Mitarbeitern im Kühlhaus die Lüfter von Luftkühlern in ihrer Leistung reduziert oder ganz abgestellt werden. Um die Soll-Raumtemperatur zu erreichen oder zu erhalten, müssen dann im Gegenzug eventuell Schwankungen der Raumtemperatur in Kauf genommen werden.

[ Dipl.-Ing. Lutz Schiffmann ist Mitarbeiter der BGN-Prävention und betreut Mitgliedsbetriebe. Er leitet das Sachgebiet „Kälteanlagen und Kühleinrichtungen einschl. Wärmepumpen“ im DGUV-Fachbereich Nahrungsmittel. ]

Eine Frage der Kleidung

Bei Temperaturen unter null schützt nur spezielle Kälteschutzkleidung. Sie muss vom Unternehmer bereitgestellt werden, wenn die Gefahr von Unterkühlungen besteht. Die Kleidung muss entsprechend den Temperaturen, den Verweilzeiten und der Beschäftigungsart ausgewählt werden. Welchen Anforderungen die Kälteschutzkleidung genügen muss, kann z. B. der Norm DIN 33403-5* entnommen werden. Wie alle Normen hat sie nur empfehlenden Charakter und ist nicht rechtsverbindlich. Andere gleichwertige Maßnahmen sind ebenso möglich. Welche Schutzwirkung die Kälteschutzkleidung bieten sollte, hängt nicht nur von der Raumtemperatur des Kühlraumes ab. Zusätzlich spielen Faktoren der Arbeitsumwelt eine Rolle, z. B. weitere Klimabedingungen, insbesondere Luftgeschwindigkeit, Energieumsatz, Körperhaltung, Aufenthaltszeit, Temperaturwechsel usw. In DIN 33403-5 Anhang B (informativ) sind Beispiele für Wärmeisolationswerte ausgewählter Kleidungsstücke aufgeführt.

Aufwärmzeiten

Wichtig bei der Kältearbeit sind Aufwärmzeiten. Bei Raumtemperaturen unter -25 °C dürfen sich Mitarbeiter nicht länger als zwei Stunden ununterbrochen im Kühlhaus aufhalten. Spätestens nach dieser Zeit müssen sie es für mindestens 15 Minuten zum Aufwärmen verlassen. Für Raumtemperaturen unter -45 °C gelten Aufenthalts- und Aufwärmzeiten, die die Berufsgenossenschaft im Benehmen mit der zuständigen Behörde festsetzt. Die Norm DIN 33403-5, Teil 5 „Ergonomische Gestaltung von Kältearbeitsplätzen“ empfiehlt darüber hinaus im Anhang C (informativ) weitergehende Aufwärmzeiten, die je nach Expositionszeit und Raumtemperatur gestaffelt sind. Insgesamt dürfen sich die Mitarbeiter nicht länger als acht Stunden täglich in Räumen mit Temperaturen unter -25 °C aufhalten.

Drinnen kälter als draußen

Nachteilig für die Gesundheit sind auch starke Temperaturunterschiede, denen Mitarbeiter ausgesetzt sind. Sie können im Sommer bei hohen Außentemperaturen bis zu 60 °C betragen. Mit technischen Maßnahmen lässt sich das Problem entschärfen. Zum Beispiel können Laderampen eingehaust werden, oder man setzt Warenschleusen ein. Diese Maßnahmen kommen nicht nur dem Arbeitsschutz zugute, sondern auch der Produktqualität, da Temperaturschwankungen des Kühlguts vermieden oder vermindert werden. Lassen sich Temperaturschwankungen nicht vermeiden, dann sollte sich die Kälteschutzkleidung den veränderten Verhältnissen anpassen lassen: z. B. zweiteilige Kälteschutzanzüge zur Verfügung stellen.

[ DGUV Regel 100-500 Kap. 2.35 „Betreiben von Kälteanlagen, Wärmepumpen und Kühleinrichtungen“ ]

Medizinische Kontrolle

Für Tätigkeiten in Räumen ab einer Temperatur von -25 °C und darunter ist nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) eine Pflichtvorsorge vorgeschrieben. Bevor ein Mitarbeiter für Kältearbeiten eingesetzt wird, muss sein Arbeitgeber diese Pflichtvorsorge veranlassen, an der der Mitarbeiter zwingend teilnehmen muss.

Fluchttür und Notruf

Eine wichtige Schutzmaßnahme in Kühlhäusern ist, dass Kühlräume jederzeit verlassen werden können und ein Einschließen von Mitarbeitern grundsätzlich nicht möglich ist. Kühlräume müssen auch dann verlassen werden können, wenn sie von außen abgeschlossen sind. Allerdings dürfen die Kühlräume erst dann abgeschlossen werden, wenn festgestellt worden ist, dass sich niemand mehr darin befindet.

Kühlräume mit Raumtemperaturen unter -10 °C und einer Fläche über 20 m2 müssen darüber hinaus mit einer Notrufeinrichtung ausgestattet sein. Fällt z. B. die Türrahmenheizung aus und friert die Tür fest, kann man Hilfe anfordern. Selbstverständlich ist dabei, dass der Notruf an geeigneter Stelle ankommt und nicht ins Leere läuft. Die Notrufeinrichtung muss unabhängig von der allgemeinen Stromversorgung sein und auch bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung im Kühlraum gesehen und betätigt werden können.

[ Hilfreiche Normen
* DIN 33403-5 „Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung – Teil 5 Ergonomische Gestaltung von Kältearbeitsplätzen“
DIN 8986 „Kühlräume – Bauliche sicherheitstechnische Anforderungen“ ]

Autor: Lutz Schiffmann