Schwerhörig durch Lärm

BGN-Seminar vermittelt Betroffenen richtigen Schutz bei (beginnender) beruflicher Lärmschwerhörigkeit und bietet individuelle Beratung

Einsetzen von Otoplastiken

Otoplastiken werden oft nicht korrekt eingesetzt. Meistens wird vergessen, nach dem Einsetzen 30 Sekunden den Finger auf dem Stöpsel zu halten, da er sich sonst wieder aus dem Gehörgang herausdrückt.

Lärmschwerhörigkeit ist die häufigste Berufskrankheit in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Ein Teil der Betroffenen arbeitet weiterhin in Lärmbereichen. Damit sich ihr Hörvermögen nicht noch weiter verschlechtert, lernen sie in einem BGN-Seminar, wie sie ihr vorgeschädigtes Gehör fortan optimal schützen. Auch lärmexponierten Beschäftigten ohne Gehörschädigung sowie Hörgeräteträgern empfiehlt die BGN das Seminar.

von Thomas Fritsch, Dr. Roger Kühn und Patrick Dyrba

Wird das Ohr über Jahre gehörschädigendem Lärm ausgesetzt, kann eine Lärmschwerhörigkeit entstehen. Die damit verbundenen sozialen Folgen werden nicht selten unterschätzt. Da eine Lärmschwerhörigkeit relativ langsam fortschreitet und der Körper keine adäquaten Warnsignale wie z. B. Schmerzen wahrnimmt, ist hier persönliche Überzeugungsarbeit sehr wichtig. Nur wer gut Bescheid weiß und sich richtig schützt, kann die schleichende Verschlechterung des Hörvermögens stoppen.

[ Dipl.-Ing. Thomas Fritsch ist Koordinator der Berufskrankheit Lärm und hat dieses BGN-Lärm-Seminar mit Dr. med. Roger Kühn, Facharzt für Arbeitsmedizin, und Patrick Dyrba, wissenschaftlicher Mitarbeiter der BGN-Prävention, entwickelt. ]

Zentrales Anliegen des BGN-Seminars ist es, den Teilnehmern das hierfür notwendige Wissen zu vermitteln und die Wichtigkeit ihrer Eigenverantwortung klarzumachen. Sie selbst haben es in der Hand, mit Präventionsmaßnahmen das mögliche Fortschreiten ihrer Erkrankung zu verhindern. Dazu gehört u. a., den Gehörschutz konsequent zu benutzen.

Mitgebrachter Gehörschutz oft falsch eingestellt oder undicht

Beim Gehörschutz sind die richtige Auswahl und das korrekte Einsetzen sehr wichtig. Deshalb bringen die Seminarteilnehmer ihren im Betrieb verwendeten Gehörschutz mit. Oft stellt sich dabei heraus, dass der mitgebrachte Gehörschutz überprotektiert ist, also zu stark dämmt. Auch wird bei jedem Teilnehmer der korrekte Sitz seines Gehörschutzes überprüft. Hieraus kann abgeleitet werden, ob der Gehörschutz auch korrekt abdichtet. Denn mehr als die Hälfte der mitgebrachten Otoplastiken weisen Undichtigkeiten auf und dürfen nicht mehr verwendet werden.

Hörgeräteträger und Lärmexponierte

Aufklärungsbedarf gibt es auch bei Trägern von Hörgeräten, die in Lärmbereichen arbeiten. Auch ihnen wird das Seminar empfohlen. Hörgeräte dürfen nämlich nicht in Lärmbereichen verwendet werden. Durch die Verstärkung droht eine zusätzliche Schädigung des Innenohrs. Derzeit einzige Ausnahme sind ICP-Hörgeräte (Insulating Communication Plastic). Mit ihnen können Schwerhörige an ihren Lärmarbeitsplätzen kommunizieren und Maschinengeräusche oder Warnsignale wahrnehmen.

Das Risiko, eine Lärmschwerhörigkeit zu entwickeln, steigt mit der Höhe und Dauer der Lärmexposition. Die Empfindlichkeit des Gehörs gegenüber Lärm ist individuell verschieden. Durch arbeitsmedizinische Vorsorge (z. B. Hörtest) bei lärmexponierten Mitarbeitern kann eine beginnende Lärmschwerhörigkeit früh erkannt werden, bevor der Sprachbereich betroffen ist. Auch dieser Hochrisikogruppe für Lärmschwerhörigkeit steht das Seminar offen.

[ Das anderthalbtägige Seminar „Arbeiten in Lärmbereichen“ für Lärmschwerhörige findet an vier Terminen im Jahr statt. ]

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BGN-SEMINAR FÜR LÄRMSCHWERHÖRIGE

Das Seminar ist Bestandteil des sogenannten Stufenverfahrens Lärm. Dabei handelt es sich um ein beschleunigtes Anerkennungsverfahren der Berufskrankheit „Lärmschwerhörigkeit“ (BK 2301). Ziel ist, dass der Versicherte möglichst schnell eine Entscheidung über die Anerkennung der BK 2301 und über eventuelle Leistungsansprüche (z. B. Hörgeräte) erhält. Die BGN hat dieses Verfahren 2012 eingeführt.

Themen des Seminars

Das gesunde Gehör / Formen der Schwerhörigkeit / Diagnostik / Hörtest / medizinische Hintergründe der Lärmschwerhörigkeit / Prävention der Lärmschwerhörigkeit / Tinnitus / Hörgerätversorgung / den richtigen Gehörschutz auswählen und korrekt einsetzen / Dichtigkeitsüberprüfung bei eingesetztem Gehörschutz / individuelle ärztliche Beratung, wenn gewünscht

Seminarteilnehmer berichten

  • Bei 2/3 aller Teilnehmer fand keine Überprüfung der Otoplastik statt.
  • Ca. 50 Prozent berichten über Undichtigkeiten beim eingesetzten Gehörschutz.
  • In 3 von 5 Fällen werden Hörgeräte (kein ICP) im Lärmbereich getragen. Es drohen zusätzliche Schädigungen des Innenohrs.
  • Die Erfahrungen mit ICP-Hörgeräten sind überwiegend positiv. Allerdings leiert der Anschlussschlauch durch den ständigen Wechsel (Otoplastik/offene Versorgung) aus.

 

LÄRMSCHWERHÖRIGKEITINZAHLEN
  • Rund 400 Meldungen auf Verdacht einer beruflichen Lärmschwerhörigkeit gehen jährlich bei der BGN ein.
  • In ca. 75 Prozent der Fälle wird eine Berufskrankheit bestätigt.
  • Viele Lärmgeschädigte nehmen das Angebot zur Individualprävention in Anspruch und besuchen das BGN-Seminar.
Autor: Thomas Fritsch, Dr. Roger Kühn und Patrick Dyrba