And the Winner is …

Verleihung des BGN-Präventionspreises 2014 in Mannheim

156 Bewerbungen aus BGN-Mitgliedsunternehmen – so viele wie noch nie – konkurrierten diesmal um den BGN-Präventionspreis. Nun stehen die Gewinner fest: Sieben Unternehmen freuen sich über die begehrte Auszeichnung mit Preisgeldern von 4.000 bis 6.000 EUR. Die Preisverleihung fand am 8. Oktober auf der BGN-Arbeitsschutztagung in Mannheim statt.

von Elfi Braun | Akzente

Meyermühle in Landshut (Landshuter Kunstmühle), Adelholzener Alpenquellen in Siegsdorf, Hochwald Foods in Thalfang, Develey Senf & Feinkost in Pfarrkirchen, JTI – Japan Tobacco International Germany in Trier und Milupa in Fulda: Diese Unternehmen haben den BGN-Präventionspreis 2014 gewonnen. Der neu geschaffene BGN-Azubi-Förderpreis „Querdenker“ und Sonderpreis der Rückenkampagne ging an die Auszubildenden des Wurst- und Pasta-Spezialitäten-Herstellers Steinhaus GmbH in Remscheid-Lennep. Sie hatten sich gegen 20 Mitbewerber durchgesetzt.

[ Der BGN-Präventionspreis wurde für wegweisende, neuartige oder erfolgreiche Lösungen im Bereich der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes verliehen. ]

Steinhaus: Konzepte, wie Arbeiten leichter geht
Die jungen Steinhaus-Mitarbeiter haben Konzepte zu einer ganzen Reihe ergonomischer Verbesserungen in der Salamiverpackung entwickelt und umgesetzt. Hierzu gehört u. a. die Einführung einer speziellen Hebevorrichtung. Sie übernimmt jetzt einen Arbeitsvorgang, bei dem 14 kg schwere, mit Würsten behängte Stangen vom Rauchwagen in einer Höhe bis 1,88 m abgehängt und auf einem Schneidetisch abgelegt werden. Früher mussten die in der Verpackung arbeitenden Frauen diese schweren Lasten von Hand herunterheben – was körperlich sehr anstrengend war.

Auch der Schneidetisch, auf dem die Metallclips an den Wurstenden abgeschnitten werden, wurde auf Initiative der Auszubildenden ergonomisch verbessert. Sie entwickelten einen neuen Tisch, der den daran arbeitenden Frauen beim Schneiden mehr Bewegungsfreiraum bietet. Außerdem enthält der Tisch jetzt an jedem Schneideplatz kleine Öffnungen in der Tischplatte zur Entsorgung der Salami-Enden sowie einen sicheren Messerhalter. Am neuen Tisch ist das Verletzungsrisiko deutlich geringer, das Arbeiten ist effizienter geworden.

Karl-Heinz Löhr (Bild 1, re.), alternierender Vorsitzender der BGN-Vertreterversammlung, ist begeistert von der Art und Weise, wie man bei Steinhaus die derzeit 28 Auszubildenden in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess einbindet, und lobt: „Vorbildlich ist auch, wie systematisch die Azubis ihre Aufgabenstellungen im Arbeitsschutz angegangen sind. Zuerst haben sie eine Gefährdungsbeurteilung unter Beteiligung der dort tätigen Mitarbeiterinnen durchgeführt und dann überzeugende und praxistaugliche Problemlösungen erarbeitet und umgesetzt.“ Löhr überreichte den Azubi-Förderpreis und gleichzeitigen Sonderpreis der laufenden Rückenkampagne an die Auszubildenden Natalie Kamps (Bild 1, 2. v. re.) und Sarah Grahl (Bild 1, 2. v. li.) sowie Sicherheitsfachkraft und Azubi-Betreuer Stefan Mallwitz (Bild 1, li.).

Bild 1

[ Bild 1 Steinhaus: Azubi-Förderpreis und Sonderpreis der Rückenkampagne ]

Meyermühle: Rundum-Sicherheitsgeländer für Silofahrzeuge
Die Landshuter Kunstmühle C. A. Meyer’s Nachfolger AG (Meyermühle), Produzent von ausschließlich Bio-Mehlen, wurde für eine einfache, aber außergewöhnliche Maßnahme zur Verringerung der Absturzgefahr auf Silofahrzeugen ausgezeichnet. Statt der Standardlösung zur Absturzsicherung mit Laufsteg und aufstellbarem Geländer an einer der beiden Längsseiten des Silobehälters setzt das Unternehmen auf Rundum-Sicherheit: mit Laufsteg und Geländer auf beiden Seiten des Silobehälters. Seit diesem Jahr stattet das Unternehmen alle neuen Silofahrzeuge und -anhänger damit aus. Die Geländer werden pneumatisch aufgestellt. Solange sie aufgerichtet sind, wirkt eine Anfahrsperre.

Betriebsleiter und Sicherheitsfachkraft Michael Hemmer (Bild 2, 2. v. re.) sagte bei der Preisverleihung: „Wir können nicht davon ausgehen, dass unsere Fahrer zum Entladen überall gesicherte Bühnen und Podeste vorfinden. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass sie dennoch überall gut gesichert sind.“ Er nahm den Preis in der Kategorie „Betriebliche Sicherheitstechnik“ vom alternierenden BGN-Vorstandsvorsitzenden Bernd Fellmer (Bild 2, re.) entgegen. Fellmer lobte, dass sich die Verantwortlichen der Meyermühle die Sicherheit der Silofahrzeug-Fahrer einiges kosten lassen: „Das ist eine sehr sinnvolle Investition. In unseren Mitgliedsbetrieben stürzen immer wieder Mitarbeiter von Fahrzeugen ab, mancher Sturz endet tödlich. Hier kann mit technischer Sicherheit viel verbessert werden. Ich wünsche mir, dass die bislang absolute Ausnahme der beidseitigen Geländer-Sicherung in anderen Unternehmen Nachahmung findet.“

Bild 2

[ Bild 2 Meyermühle und Adelholzener Alpenquellen: Präventionspreis, Kategorie für „Betriebliche Sicherheitstechnik“ ]

Adelholzener Mineralbrunnen: Einseitig durchlässige Abdeckung für Scherbenwagen
Ebenfalls in der Kategorie „Betriebliche Sicherheitstechnik“ wurde die Adelholzener Alpenquellen GmbH im oberbayerischen Siegsdorf ausgezeichnet. Dort entwickelten Georg Klauser (Bild 2, 2. v. li.) und Auszubildender Stefan Märkl eine gute Lösung für ein in der Getränkeindustrie bekanntes Problem: Werden aussortierte Flaschen in einen bereits gut gefüllten Scherbenwagen geworfen, kann es vorkommen, dass Scherben aus dem Wagen herausspringen und Mitarbeiter verletzen.

Um dies zu verhindern, erhielt jeder Scherbenwagen eine klappbare Abdeckung aus langen robusten Bürsten, wie man sie aus der Flaschenwaschmaschine kennt. Die Bürstenabdeckung verhindert, dass Glasbruch aus dem Wagen herausspringen kann. Flaschen, die in den Scherbenwagen hineingeworfen werden, gleiten zwischen den Bürsten ins Wageninnere. Wenn sie dort aufschlagen, dringt jetzt zudem weniger Lärm nach außen.

Auch beim Transport der vollen Scherbenwagen mit dem Stapler leistet die Bürstenabdeckung gute Dienste. Hier verhindert sie, dass Scherben aus dem Wagen heraus auf die Verkehrswege fallen. Die Abdeckung klappt beim Ausleeren des Scherbenwagens, automatisch auf.

Fellmer überreichte den Preis an Georg Klauser und an Sicherheitsfachkraft Hubert Willberger (Bild 2, li.), der seine Kollegen zur Realisierung ihrer guten Idee ermutigte. Auch hier hofft Fellmer auf viele Nachahmer, zumal diese clevere Idee mit überschaubaren finanziellen Mitteln zu realisieren ist.

Bild 3

Bild 3 Develey, JTI Germany und Hochwald Foods, Präventionspreis in der Kategorie „Gesundheitsschutz und Ergonomie“ ]

Develey: Flexible Einheit Elektro-Ameise mit Vakuumsaugheber
Das stundenlange Umsetzen großer voller Gurkengläser von Hand auf ein Förderband ist im Pfarrkirchener Werk der Develey Senf & Feinkost GmbH jetzt passé. Diese für die Mitarbeiter anstrengende und den Rücken belastende Arbeit übernimmt jetzt ein Vakuumsaugheber. Das Besondere daran: Der Vakuumheber ist auf den Zinken einer Elektro-Ameise montiert. Dadurch ist diese ergonomische Arbeitshilfe mobil und flexibel einsetzbar.

Die flexible Einsatzmöglichkeit ist notwendig, weil die Produktionsanlage immer wieder umgebaut und auf die aktuell zu verarbeitende Rohware wie Weißkohl, Gewürzgurken oder Gemüse zugeschnitten werden muss. Dadurch können nicht alle Prozesse automatisiert ablaufen, sondern erfordern an etlichen Stellen den manuellen Einsatz von Mitarbeitern. Der entfällt jetzt durch die mobile Einheit von Elektro-Ameise mit Vakuumsaugheber überall dort, wo er die Mitarbeiter stark belastet hat.

Der mit großer Saugplatte, besonderer Ventiltechnik und leistungsstarkem Gebläse ausgestattete Vakuumheber kann ganze Palettenlagen auf einmal versetzen. Armin Juncker (Bild 3, Mitte), Vorsitzender des BGN-Präventionsausschusses, überreichte den Preis in der Kategorie „Gesundheitsschutz und Ergonomie“ an Sicherheitsfachkraft Christoph Irber (Bild 3, re.). Juncker: „Eine effektive Maßnahme, die die nötige Flexibilität im Produktionsprozess bietet und deshalb sicherlich auch für andere Unternehmen interessant ist.“

JTI Germany: Federleicht statt Schwergewicht – Palettendeckel aus Pappe
Auch bei der JTI – Japan Tobacco International – Germany GmbH in Trier hatte man eine gute Idee, wie man die Rückenbelastung der Mitarbeiter deutlich verringern kann. 100- bis 150-mal pro Tag müssen im Trierer Werk Palettendeckel von angelieferter Palettenware mit Produktionsmaterialien abgenommen werden. Das erledigen die Mitarbeiter von Hand. Früher waren das standardmäßig Holzabdeckungen, die bis zu 24,5 kg wogen – im Schnitt 17 kg.

Die angebotenen Manipulatoren oder Saugheber lehnten die Mitarbeiter ab. Sie seien zu sperrig und unpraktisch. Dass sie jetzt Entlastung auf ganz andere Weise bekamen, verdanken sie der Initiative, Tüftelarbeit und Überzeugungsarbeit von Sicherheitsfachkraft Markus Denzer und Markus Schumacher (Bild 3, 2. v. re.) aus der Logistikabteilung. Sie ließen Palettendeckel aus Pappe anfertigen, die zwischen 3,5 und 5 kg schwer sind.

Die Papp-Palettendeckel mit Wabenstruktur sind stabiler und haltbarer als die Holzdeckel. Sie sind wieder verwendbar und vollständig recyclebar. All das überzeugte schlussendlich auch die Einkäufer und die Lieferanten. Das jährliche Gesamtgewicht der bewegten Palettendeckel ist um 79 Prozent von 383 Tonnen auf 79 Tonnen zurückgegangen. Eine tolle Idee, fand Armim Juncker und überreichte den Preis in der Kategorie „Gesundheitsschutz und Ergonomie“ an Markus Schumacher und Jens Glamann (Bild 3, 3. v. li.) Mitglied der Geschäftsleitung im Trierer Werk von JTI.

Bild 4

[ Bild 4 Milupa, Präventionspreis, Kategorie „Organisation und Motivation“ ]

Hochwald: Schallgedämpftes Luft-Ablassen aus Lkw-Reifen
Eine höchst wirksame Maßnahme zur Lärmminderung, die weniger als 20 EUR gekostet hat: Diese geniale Idee hatte Alexander Voll (Bild 3, 2. v. li.), Werkstattmitarbeiter in der Hochwald-Molkerei in Thalfang im Hunsrück. Er baute eine aufsteckbare Schalldämpfer-Vorrichtung, mit der sich der Höllenlärm beim Luft-Ablassen aus Lkw-Reifen auf erträgliche Lautstärken verringern lässt.

Das Luft-Ablassen aus einem Lkw-Reifen ist bei jedem Reifenwechsel notwendig und wird in der Thalfanger Hochwald-Werkstatt rund 150-mal im Jahr durchgeführt. Jedes Mal waren die Mitarbeiter während der 5 bis 6 Minuten dauernden Prozedur Schalldruckpegeln von 105 bis 110 dB(A) ausgesetzt. Heute liegen die Schalldruckpegel dank Alexander Volls Idee zwischen 74 und 84 dB(A), was eine Pegel-Absenkung um 35 dB(A) bedeutet.

Das einfache wie geniale Hilfsmittel besteht aus einem Hochdruckschlauch, wie er zum Befüllen der Lkw-Reifen verwendet wird, und einem handelsüblichen Schalldämpfer. Beide Teile sind über ein Kupplungsstück miteinander verbunden. Der Schlauch mit Schalldämpfer wird nach dem Entfernen des Ventileinsatzes am Luftauslass aufgesteckt.

Armin Juncker (Bild 3, Mitte) übergab den Preis in der Kategorie „Gesundheitsschutz und Ergonomie“ an Alexander Voll (Bild 3, 2. v. li.), Werkstattleiter Christoph Weber (Bild 3, 3. v. li.) und Sicherheitsfachkraft Dr. Oliver Fischer (Bild 3, li.). Juncker: „Ein gelungener und höchst kostengünstiger Beitrag zum Lärmschutz, der in unseren Betrieben leider oft zu kurz kommt.“

Milupa: Emotional-Safety-Kampagne
Kinder von Mitarbeitern als Arbeitsschutz-Fürsprecher am Arbeitsplatz ihrer Eltern: Diese Idee hat man bei Milupa in Fulda als Emotional-Safety- Kampagne umgesetzt. Die Kinder sind auf Plakaten zu sehen, die die Milupa-Mitarbeiter zur Benutzung persönlicher Schutzausrüstung motivieren sollen. Dazu tragen die Kinder einmal Schutzhandschuhe, ein anderes Mal Schutzbrille, Sicherheitsschuhe oder Schutzschürze.

Der Slogan der Plakate lautet: „Arbeitsschutz – betrifft nicht nur dich!“. „Damit wird den Milupa-Mitarbeitern in Fulda tagtäglich überall im Werk der beste Grund vor Augen geführt, warum Arbeitsschutz wichtig ist“, betonte BGN-Vorstandsvorsitzender Hans-Ulrich Fäth (Bild 4, re.) bei der Übergabe des Preises in der Kategorie „Organisation und Motivation“ an Sicherheitsfachkraft und Sicherheitskoordinator Erwin Nahrgang (Bild 4, li.) und Geschäftsführer Stéphane Jarry (Bild 4, Mitte). Fäth gratulierte ihnen zu dieser tollen Kampagne, die „ganz ohne mahnenden Zeigefinger auskommt und stattdessen mit wunderbaren Sympathieträgern bei einem wichtigen Thema emotional zu überzeugen weiß“.

[ Mehr Infos zu den ausgezeichneten Ideen: www.bgn.de, Shortlink = 1435 ]

Autor: Elfi Braun