Trockeneisstrahlen bei der Maschinenwartung

JTI in Trier setzt Trockeneisstrahlen bei der Maschinenwartung ein / BGN unterstützt Gefährdungsbeurteilung mit Gefahrstoffmessungen

Beim Zigarettenhersteller JT International Germany GmbH (JTI) in Trier nutzt man Trockeneisstrahlen, um Produktions- und Verpackungsmaschinen im Rahmen der regelmäßigen Wartung zu reinigen. Dabei gelangen Schmutz und eine Menge Kohlendioxid in die Luft im Arbeitsbereich. Der Betrieb bat die BGN, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Gefahrstoffmessungen durchzuführen.

von Elfi Braun und Dr. Peter Rietschel | Akzente 01/14

Die Idee, bestimmte Verpackungsmaschinen vor der Wartung mit Trockeneisstrahlen zu reinigen, stammt von den JTI-Mitarbeiteren Jürgen Höft und Philipp Hammes. Inspiriert hatte sie eine Fernsehreportage über Trockeneisstrahlen in der Autoindustrie. Jürgen Höft: „Wir müssen bei der Wartung die grundgereinigten Maschinen noch von Resten von Schmieröl, Fetten sowie von angebackenen Kartonagen und Leim- und Farbrückständen vom Verpackungsmaterial befreien. Das kostete früher viel Zeit, weil unsere Maschinen zum Teil viele kleine Einbuchtungen und Einschübe haben, an die man schlecht herankommt. Mit dem Trockeneisstrahlen schien uns das Reinigen viel leichter und schneller möglich zu sein. Deshalb haben wir es vorgeschlagen.“

[ Dr. Peter Rietschel ist Mitarbeiter des Zentrallabors der BGN und leitet das Labor „Staub/Aerosole“. ]

Instandhaltungschef Uwe Boosen fand den Vorschlag seiner Kollegen reizvoll und ließ das Reinigungsverfahren ausprobieren. Er erzählt: „Es sprach einiges dafür. Was früher siebeneinhalb Stunden dauerte, dafür brauchen die Kollegen jetzt nur noch eine halbe Stunde. Und ohne Einsatz von Lösemitteln und ohne Ausbau von Maschinenteilen. Die Trockeneispartikel gehen vom festen sofort in den gasförmigen Zustand über. Es gibt also keine feuchten Rückstände. Der Schmutz wird quasi abgesprengt und pulverisiert und mit dem Druckluftstrahl weggetragen.“

Doch bevor man bei JTI das Trockeneisstrahlen als neues Reinigungsverfahren bei der Maschinenwartung einführte, musste eine Gefährdungsbeurteilung Aufschluss über die Gefährdungen geben. JTI-Sicherheitsfachkraft Markus Denzer erklärt: „Manche Gefährdungen waren offensichtlich. Um sie jedoch genau beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festlegen zu können, brauchten wir präzise Kenntnisse über die einzelnen Gefährdungen. Die BGN hat uns hier insbesondre mit Messungen unterstützt.“

Gefährdungen und Schutzmaßnahmen
Auch für die BGN-Prävention war das Reinigungsverfahren des Trockeneisstrahlens Neuland. Und so war Dr. Peter Rietschel von der Messstelle Gefahrstoffe der BGN sehr interessiert, das Verfahren unter Arbeitsschutzgesichtspunkten in der betrieblichen Praxis zu untersuchen. Sein Fazit: Beim Trockeneisstrahlen tritt nahezu die gesamte Bandbreite an Gefährdungen auf: Gefahrstoffe, vor allem Kohlendioxid (CO2 ), Staub, Lärm, Verbrennungsgefahr und mechanische Gefährdungen. Dr. Rietschel hat dazu Folgendes ausgeführt:

Kohlendioxid: Ein Trockeneisstrahlgerät verbraucht bis zu 60 kg/h Trockeneis und setzt dabei bis zu 30 m3/h reines CO2 frei. Das kann zu einer tödlichen Kohlendioxidkonzentration führen, wenn nicht für eine ausreichende Lüftung und Raum größe gesorgt ist. Ein Anteil von 10 % Kohlendioxid in der Luft ist bereits tödlich. Die Menge des zur Verfügung stehenden Sauerstoffs ist dabei sekundär. Dennoch wird fälschlicherweise häufig die verbleibende Sauerstoffkonzentration statt der CO2-Konzentration gemessen. Allein die gemessene CO2-Konzentration gibt Aufschluss über die tatsächliche Gefahr.

Staub: Der Druckluftstrahl trägt mit hohem Impuls den Schmutz davon. Seine Inhaltsstoffe verunreinigen die Luft und können möglicherweise eine mechanische Gefährdung vor allem für die Augen darstellen. Komplette Arbeitskleidung, Schutzbrille und Atemschutzmaske sind somit unverzichtbar.

Lärm: Bei dem Betrieb eines Trockeneisstrahlgerätes wurden Schalldruckpegel von lAeq= 116 dB(A) gemessen. Hier wird niemand mehr ohne Gehörschutz arbeiten. Es ist aber darauf zu achten, dass die Dämmwirkung ausreichend gewählt wird.

Verbrennungsgefahr: Wer mit einem Strahlmittel von —78,9 °C arbeitet, muss sich vor Verbrennungen schützen. Das heißt, es müssen mindestens langärmelige Arbeitskleidung und Handschuhe getragen werden.

Mechanische Gefährdungen: Zum Schutz vor herumfliegenden Staubbrocken ist die Nachbarschaft der zu reinigenden Maschine abzusperren und/oder mit Stellwänden abzuschirmen.

BGN: JTI-Schutzmaßnahmen sind ausreichend
Dr. Peter Rietschel hat bei JTI verschiedene Messungen, u. a. der CO2-Konzentration, durchgeführt. Die Ergebnisse: Die von JTI festgelegten Schutzmaßnahmen sind ausreichend. Die Reinigungsarbeiten werden in einer großen und effektiv belüfteten Halle durchgeführt. Die Beschäftigten tragen Gehörschutz, Atemschutzmaske, Schutzbrille, langärmelige Arbeitskleidung und Schutzhandschuhe. Der Wartungsbereich wird mit flexiblen Stellwänden abgeschirmt. In kleineren unbelüfteten Räumen können die Ergebnisse aber ganz anders aussehen.

TROCKENEISSTRAHLEN

Trockeneisstrahlen ist ein Reinigungsverfahren, das dem Sandstrahlen entspricht — mit dem Unterschied, dass anstelle von Sand millimetergroße Trockeneispellets (festes Kohlendioxid —78,9 °C) verwendet werden. Die Trockeneispellets werden mit Druckluft nahezu auf Schallgeschwindigkeit beschleunigt und auf das Werkstück geschossen.

Trockeneis ist verhältnismäßig weich. Seine reinigende Wirkung beruht nicht auf Abrasion, sondern auf starker lokaler Abkühlung und Versprödung der Schmutzschicht. Das Strahlmittel sublimiert augenblicklich (direkter Übergang vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand) und dehnt sich dabei u. a. in den Rissen der Schmutzschicht um nahezu das 1.000- fache aus. Der Schmutz wird förmlich abgesprengt und mit dem Druckluftstrahl fortgetragen. Es bleiben keine festen Strahlmittelrückstände zurück.

Vorteile: schnelle werkstoffschonende, dennoch hocheffiziente und vielseitige Reinigungsmethode ohne Oberflächenabrieb, häufig ohne Ausbau der zu reinigenden Teile, damit geringe Stillstandszeiten, keine Nachbehandlung, keine Lösemittel, keine Abfälle außer der entfernten Schmutzschicht.

Nachteil: nahezu die gesamte Bandbreite an Gefährdungen (siehe obenstehenden Text).

Autor: Elfi Braun / Dr. Peter Rietschel