Ein ausgeklügeltes System

Bei Danone in Ochsenfurt hat man ein verlässliches Sicherheitskonzept für Wartungsarbeiten am Ventilknoten entwickelt und dafür den BGN-Präventionspreis 2012 erhalten

Schmuckbild

Herzstück einer modernen Abfüllanlage mit CIP-Reinigung ist der Ventilknoten. Bei Wartungsarbeiten in einem Teilabschnitt des Ventilknotens müssen dort Durchflussmedien sicher ausgeblendet werden, während die restlichen Prozesse im Ventilknoten regulär weiterlaufen. Bei diesem komplexen System keine einfache Aufgabe. Bei Danone in Ochsenfurt hat man sich dieser Herausforderung gestellt und ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept entwickelt.

von Elfi Braun
aus Akzente 013 | Magazin für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Rehabilitation

Unzählige Rohrleitungen und Doppelsitzventile sowie permanent gleichzeitig unterschiedliche Durchflussmedien und Durchflusszustände in den verschiedenen Leitungsabschnitten: Das geschlossene, automatisch gesteuerte und überwachte System Ventilknoten ist hochkomplex und sehr flexibel.

Kompliziert aber kann es werden, wenn zu Reparaturund Wartungszwecken an einer bestimmten Stelle des Ventilknotens eingegriffen werden muss. Das flexible System lässt zwar eine exakte Abkoppelung und Ausblendung des zu wartenden Bereichs vom Rest des Ventilknotens zu. Dazu wird per Eingabe in das Steuerungsprogramm jeglicher Durchfluss von Produkt, Heißwasser, Dampf, heißer Lauge und Säure sowie Druckluft aus dem Wartungsabschnitt herausgehalten. Doch genau hier läuft nicht immer alles glatt.

Klaus Wagenpfahl, Sicherheitsfachkraft bei Danone, erzählt: „Es kommt weltweit immer wieder bei Instandhaltungsarbeiten an solchen Anlagen zu kritischen Situationen und auch Unfällen, weil beim Eingriff in den Wartungsabschnitt unerwartet Dampf oder Lauge austritt. Bei uns ist zum Glück noch nie etwas passiert.“ Doch die Tatsache, dass es bei Arbeiten an Ventilknoten zu Unfällen kommt, zeige natürlich, dass menschliches Verhalten die Sicherheit aushebeln kann. Die Komplexität des Systems könne Menschen in einer Arbeitssituation unter Zeitdruck leicht überfordern und sie schon einmal den Überblick verlieren lassen.

Klaus Wagenpfahl erklärt: „Als Unternehmen, in dem die Sicherheit unserer Beschäftigten höchste Priorität hat, können wir eine solche potenzielle Gefährdung nicht akzeptieren.“ Und so hat er ein Team aus Instandhaltern und Anlagenbedienern zusammengestellt, das sich mit dieser Thematik intensiv befasste. Er erzählt: „Wir haben systematisch alle möglichen Risikosituationen zusammengetragen und mögliche Lösungsszenarien theoretisch durchgespielt. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass nur ein Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen unseren Sicherheitsansprüchen genügt.“

Klaus Wagenpfahl

Sicherheitsfachkraft Klaus Wagenpfahl, Initiator des Sicherheitskonzepts am Ventilknoten

Das Sicherheitskonzept
Und so hat das Team ein Sicherheitskonzept aus verschiedenen Maßnahmen geschnürt, die in der hier dargestellten Reihenfolge durchgeführt werden müssen:

  1. Eindeutige Absprachen zwischen Teamleiter, Instandhaltern und Anlagenbedienern darüber, wann die Arbeiten durchgeführt werden können. Klare Arbeitsanweisungen.
  2. Der Instandhalter führt vor der Arbeit eine Kurzgefährdungsbeurteilung für den betroffenen Bereich durch. Dafür benutzt er die hierfür entwickelte Abfragekarte. Abgefragt und auf der Karte festgehalten wird die aktuelle Wirksamkeit der einzelnen Medien bzw. Energiearten. Ist sich der Instandhalter in seiner Beurteilung nicht sicher, muss er seinen Vorgesetzten um Hilfe bitten.
  3. Der Instandhalter sichert die Steckbögen (CIP A bis C) zum Umleiten von Dampf und Flüssigkeiten am Panel nach dem LOTO-Prinzip (Lockout – Tagout = ausschalten und absperren). Das bedeutet: Er steckt die Steckbögen nicht nur um, sondern schließt sie für die Dauer der Arbeiten mit einem Vorhängeschloss ab (Bild 1 und 2). Zusätzlich hängt er die ausgefüllte Abfragekarte, auf der auch sein Name verzeichnet ist, an das Schloss. So sind Kollegen und Vorgesetzte immer informiert, welches Durchflussmedium gerade blockiert ist.
  4. Zusätzlich wurde eine mechanische Verriegelung mit optischem Warnsignal (Leuchten Rot/Grün) am Durchgang zum Ventilknoten installiert (Bild 3). Die Warnleuchten zeigen den jeweiligen Schaltzustand von cipProgramm und Erhitzer an. Wenn beide Schalter auf „null“ stehen, ist ein Start des cipProgramms nicht mehr möglich. Auch hier bringt der Instandhalter Vorhängeschlösser an. Klaus Wagenpfahl: „Mit dieser Hardware kann die momentane Schaltung nicht rückgängig gemacht werden. Damit ist sicher verhindert, dass am Bedienpult jemand per Mausklick in die momentane Steuerung eingreifen und sie verändern kann. Das wäre uns zu risikobehaftet. Deshalb diese zusätzliche Sicherung.“ Dass am Knoten gearbeitet wird, zeigt dann auch eine Comicfigur, das wiseMännchen (WISE = work in a safe environment), am Bildschirm des Steuerpults an.

Bild 1

Bild 2

Bild 1 und 2 Steckbögen: Sicherung der Steckbögen am Panel: Umstecken der Steckbögen und Sicherung mit einem Vorhängeschloss für die Dauer der Arbeiten

Bild3

Bild 3 Verriegelung/Warnsignal: Mechanische Verriegelung mit optischem Warnsignal (Leuchten Rot/Grün) am Durchgang zum Ventilknoten

Die Freigabe des Systems erfolgt nie durch die Software, sondern immer vor Ort. Dazu müssen alle Schritte in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen werden. Am Schluss steht also wieder die Information von Teamleiter und Anlagenbediener.

Übertragbares Lösungsprinzip
Klaus Wagenpfahl ist mit dieser Lösung zufrieden: „Das Konzept funktioniert, und es gibt keine Akzeptanzprobleme, weil es von denjenigen, die es umsetzen müssen, mit erarbeitet wurde. Wir alle wissen aus den intensiven Diskussionen über die Problematik, dass durch menschliches Verhalten Gefährdungen im komplexen System Ventilknoten entstehen können. Insbesondere dann, wenn mehrere Mitarbeiter gleichzeitig involviert sind.“

Bei Danone hat man mit dem auf einer Gefährdungsbeurteilung basierenden Sicherheitskonzept ein Vorgehen entwickelt, das sicherlich auch auf andere komplexe Problemstellungen in der betrieblichen Sicherheitsarbeit übertragbar ist.

Autor: Braun