Stopp! So bitte nicht.

Azubi-Filmprojekt von Nestlé Hamburg gewinnt BGN-Präventionspreis 2012

Immer wenn Mitarbeiter Sicherheitsregeln missachten, taucht er auf: der Sicherheitspolizist namens „SHE-Officer 4 U“*. Er ist Hauptdarsteller und Running Gag in einer Serie von Videoclips zur Unterweisung von Mitarbeitern und Besuchern im Chocoladen-Werk Nestlé Deutschland AG. Auszubildende haben die Kurzfilme, die ganz ohne Worte auskommen, realisiert.

von Elfi Braun | Akzente 04/13

Film ab: Einem Mitarbeiter in der Werkstatt rutscht eine Kiste aus den Händen. Sie landet auf seinen Füßen, die in Turnschuhen stecken. Ein typischer Fall für den Mann mit der roten Kelle. Und der ist auch gleich zur Stelle und winkt damit: „Stopp! So bitte nicht.“ Und während im Hintergrund Billy Swan „I can help“ singt, reicht der stumme Sicherheitspolizist mit der Mütze und dem Sheriff-Stern „SHE-Officer 4 U“ dem Mitarbeiter ein Paar Sicherheitsschuhe. Sobald sie gegen die Turnschuhe getauscht sind, winkt der SHE-Sheriff mit der grünen Seite der Kelle und nickt: „So ist es o.k.“

[ *SHE steht für Safety, Health, Environment, (Sicherheit, Gesundheit, Umwelt). Der SHE-Officer 4 U (for you) ist also dein Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltpolizist. ]

In einer anderen Szene taucht er ganz plötzlich hinter den Müllcontainern auf, als ein Mitarbeiter Abfälle in die falsche Tonne schütten will. Wie der Kerl mit der Mütze plötzlich auftaucht und wie er sich verhält, birgt eine gewisse Komik. Sie sorgt mit dafür, dass die Zuschauer die Inhalte der kurzen Filmszenen positiv in Erinnerung behalten und richtiges Verhalten verstärkt wird.

Viel Spaß und großer Lerneffekt
Torben Thiele, Sascha Friedrich, Marvin Walz und weitere 12 Azubis im Chocoladen-Werk in Hamburg sind die Macher dieser Videoclips. Sie hätten nicht gedacht, dass das Ausbildungsfach „Safety, Health and Environment“ interessant ist, Spaß machen kann und dass dabei auch noch viel hängen bleibt. Torben Thiele erzählt: „Ich hatte nur eine oberflächliche Vorstellung von den Themen Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz. Und als junger Mensch verdrängt man die Themen auch wieder. Aber dann haben wir uns in dem Filmprojekt sehr intensiv mit den Inhalten beschäftigt, weil wir ja die Vorzeigerolle hatten. Dadurch habe ich jetzt ein ganz anderes, ein aktives Gefühl für Sicherheit.“

Genau dieses Ziel hatte Guido Faasch, leitende Sicherheitsfachkraft im Nestlé-Werk Hamburg vor Augen, als er die Idee für das Filmprojekt entwickelte. Er freut sich, dass sein Plan aufgegangen ist. Faasch erzählt: „Wir haben uns als Themen die Sicherheitsregeln für Besucher ausgesucht. Dann musste jeweils eine Gruppe von drei Auszubildenden ein Drehbuch erstellen und der gesamten Filmgruppe vorstellen. Anschließend wurde diskutiert und nochmal geändert. Dieses intensive Erarbeiten und Umsetzen hat einen großen und nachhaltigen Lerneffekt.“

Ein Film sagt mehr als tausend Worte
Etwas lernen aber sollten nicht nur die Auszubildenden. Guido Faasch hatte bei dem Filmprojekt auch noch die Mitarbeiter im Werk im Blick: Für ihre Sicherheitsunterweisung brauchte er ein einfach und allseits verständliches Medium. Er erzählt: „Unsere 780 Mitarbeiter kommen aus 26 verschiedenen Ländern. Da stellt sich schon die Frage, wie es gelingen kann, dass die Inhalte der Sicherheitsunterweisungen auch wirklich bei jedem ankommen. Wir haben in der Vergangenheit viel mit Piktogrammen gearbeitet, und dann hatte ich die Idee mit den Kurzfilmen.“ Und die, so faaschs Vorgabe, mussten für die internationale Zielgruppe ganz ohne Worte auskommen.

Sascha Friedrich erinnert sich: „Ein Film ganz ohne Sprache — das war erst einmal gar nicht so einfach. Aber mit der Zeit wurden wir immer besser, weil wir immer mehr verstanden, worauf es ankommt. Manche Szene haben wir 30- bis 40-mal gedreht.“ Beharrlichkeit und Ehrgeiz, den besten Film zu machen, haben die einzelnen Filmteams angespornt. Die Ergebnisse „sprechen“ für sich. Marvin Walz: „Am Anfang haben uns die Mitarbeiter, die ja die Dreharbeiten mitbekamen, noch aufgezogen. Als sie dann die Ergebnisse präsentiert bekamen, haben sie gestaunt und uns gratuliert.“

[ v. l. n. r.: Leitende Sicherheitsfachkraft Guido Faasch und die Auszubildenden Thorsten Thiele, Sascha Friedrich, Marvin Walz ]

Inzwischen sind aus dem Azubi-Projekt, das den Namen „Ein Film sagt mehr als tausend Worte“ bekam, mehr als 20 Videoclips hervorgegangen. Sie werden u. a. im Lernnest, einem Schulungsraum für Mitarbeiter zum Selbstlernen, und zur Kurzunterweisung internationaler Besucher eingesetzt. Auch andere Nestlé-Werke setzen die Idee des Azubi-Filmprojekts um. Das freut Ideengeber Guido Faasch und er erklärt: „Wichtig sind zwei Dinge: der Wiedererkennungsfaktor des eigenen Werks und vor allem der Lerneffekt durch das Selbstmachen.“

Auch im Hamburger Chocoladen-Werk ist für das kommende Ausbildungsjahr schon ein neues Filmprojekt geplant. Guido Faasch: „In den Nestlé-Werken kommt es immer mal wieder zu Fußverletzungen mit handgeführten Flurförderzeugen. Das ist ein gutes Thema für die neue Film-Session.“ Und diesmal schickt die leitende Sicherheitsfachkraft die Auszubildenden sogar mit einer neuen, besseren Aufnahmetechnik an den Start. Die wurde mit dem Preisgeld des BGN-Präventionspreises angeschafft.

Autor: Elfi Braun