Gefahrstofflagerung

Von Spraydosen, Flaschen, Kanistern bis IBC,Big Bags und Tanklastzüge: Die TRGS 510 und die wesentlichen Schutzmaßnahmen bei der Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern

Jeder, der sich schon einmal intensiv mit der Lagerung von Gefahrstoffen auseinandersetzen musste, weiß: Es ist ein schwieriges Thema. Der Grund: Man muss etliche, zum Teil landesrechtliche Vorschriften anwenden. Erleichterung im Vorschriftendschungel brachte die TRGS 510. In ihr sind die Vorgaben diverser Vorschriften zusammengeführt und alle relevanten Präventionsmaßnahmen dargestellt.

von Dr. Klaus Kroder | Akzente 06/13

Gefahrstoffe so zu lagern, dass damit für Mensch und Umwelt keine Gefahren verbunden sein können, ist eine Aufgabe, mit der es alle Unternehmen der Nahrungsmittel- und Getränkebranche zu tun haben. Die maßgeblichen Lagervorschriften für Gefahrstoffe in mobilen Behältnissen sind in der TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ zusammengefasst.

Diese nun schon seit ein paar Jahren bestehende grundlegende Technische Regel soll es den Unternehmen leichter machen, bei der Gefahrstofflagerung rechtskonform zu agieren. Der Bündelung der Regelungen in einer Vorschrift und der damit einhergehenden schnelleren Orientierung steht allerdings die Komplexität des Themas gegenüber. Leicht ist es nicht, sich durch die 57 Seiten der TRGS 510 hindurchzuarbeiten, um zu wissen, wie rechtskonforme und ordnungsgemäße Gefahrstofflagerung geht.

Grundsätzliches im Überblick
Alle relevanten Handlungsfelder von der Gefährdungsbeurteilung über allgemeine Schutzmaßnahmen bis hin zu besonderen Schutzmaßnahmen für spezielle Gefahrstoffe sind in der TRGS 510 dargestellt. Im Einzelnen:

[ Die Angaben in eckigen Klammern ge­ben die Fundstellen der Regelungen in der TRGS 510 an. ]

Für Gefahrstoffe, die „nur“ als ätzend oder reizend eingestuft sind (z. B. viele Reinigungsmittel), gelten keine besonderen Regelungen. Sie dürfen z. B. bis zu einer Menge von 1.000 kg unter Berücksichtigung der allgemeinen Schutzmaßnahmen [Abschnitt 4.2] auch außerhalb von Lagern gelagert werden, wenn die Gefährdungsbeurteilung keine sich daraus resultierenden Risiken aufzeigt.

Ob auch für andere Gefahrstoffe eine Lagerung außerhalb eines Lagers erlaubt ist und ob besondere Maßnahmen notwendig werden, hängt von der Lagermenge ab. Die TRGS 510 enthält hierzu eine Tabelle mit Mengenschwellen verschiedener Gefahrstoffgruppen und den zu ergreifenden Schutzmaßnahmen [Abschnitt 1].

Lagerung am Arbeitsplatz
Eine in der betrieblichen Praxis häufig gestellte Frage ist: Wie viel darf in einem Arbeitsraum, z. B. einer Werkstatt, einem Technikum oder Labor, aufbewahrt werden? Grundsätzlich dürfen dort nach wie vor Gefahrstoffe in der für den Fortgang der Arbeit erforderlichen Menge (Tages-/Schichtbedarf) bereitgestellt werden [Abschnitt 4.1 (5)]. Lagerung beginnt bei Mengen, die darüber hinausgehen. Sie ist hier nur erlaubt, wenn dies mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Im Arbeitsraum dürfen dabei bestimmte Höchstmengen nicht überschritten werden, es sei denn, sie werden z. B. in einem Sicherheitsschrank aufbewahrt.

TRGS 510
  • Die TRGS 510 gilt für die Lagerung von Gefahrstoffen einschließlich des Ein- ­und Auslagerns, des Transportierens innerhalb des Lagers und des Beseitigens freigesetz­ter Gefahrstoffe.
  • Nicht in der TRGS 510 geregelt: Stoffe, die sich im Produktions­ oder Arbeitsgang befinden, Bereithalten ortsbeweglicher Druckgasbehälter, Entnahme, Umfüllen, Probenahme, Schüttgüter in loser Schüt­tung, organische Peroxide. Eine TRGS „Organische Peroxide“ ist in Vorbereitung. Zurzeit gültige Regel der Technik: BGV B4 „Organische Peroxide“.

Bei Gasen in Druckgasbehältern ist die Höchstmenge schon bei 2,5 Liter Nennvolumen erreicht, bei Gasen in Spraydosen und Druckgaskartuschen bei 20 kg (netto), bei leicht entzündbaren Flüssigkeiten ebenfalls bei 20 kg [Abschnitte 4.3.1 (1) Satz 1 und 4.2 (9) Satz 2]. Sollen größere Mengen solcher Stoffe im Arbeitsraum gelagert werden, sind Container oder Sicherheitsschränke mit bestimmten Anforderungen nach EN 14470-1 und -2 angesagt [Abschnitte 2 (2) und (3), 12.1 (3) und 10.3 (3)]. Bei entzündbaren Flüssigkeiten besteht Bestandsschutz für Sicherheitsschränke nach DIN 12925-1 mit einer Feuerwiderstandsfähigkeit von 20 Minuten [Anlage 3].

Zusammenlagerung
Was immer wieder Fragen und Unsicherheiten in den Unternehmen aufwirft, ist die Zusammenlagerung von Produkten mit unterschiedlichen Gefahrenmerkmalen. Hier muss geklärt werden, ob die Stoffe grundsätzlich zusammen gelagert werden dürfen, ob dies nur mit besonderen Vorkehrungen geht oder ob eine Lagerung nur strikt separat möglich ist. Letzteres bedeutet: getrennt in verschiedenen Lagerabschnitten mit einer Feuerwiderstandsdauer oder -fähigkeit von mindestens 90 Minuten. Bei der Klärung hilft die „Zusammenlagerungstabelle in Abhängigkeit der Lagerklasse“ [Abschnitt 7]. Die Regelungen der TRGS basieren auf dem altbewährten Zusammenlagerungskonzept des Verbandes der Chemischen Industrie e.V. (VCI).

Die Zuordnung der Stoffe zu den Lagerklassen lässt sich einfach anhand des Zuordnungsleitfadens [Anlage 4] bewerkstelligen. Man kann wählen, ob man dies auf Grundlage des Gefahrstoffrechts nach alter Kennzeichnung, nach neuer GHS-Kennzeichnung oder gemäß Gefahrgutkennzeichnung machen will. Interessant im Zusammenhang mit entzündbaren Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt zwischen 55 und 60 °C: Es gibt keine Verschärfung im Hinblick auf die Lagerung durch die neue GHS-Kennzeichnung.

Zusätzlich müssen bei der Zusammenlagerung noch ein paar Grundregeln beachtet werden [Ab­ schnitt 7.1]. Gefahrstoffe dürfen nur dann zusammen gelagert werden, wenn sich dadurch die Gefährdung nicht erhöht (wie immer: Gefährdungsbeurteilung). Konkret: Lagergüter derselben Lagerklasse, für die keine Separatlagerung vorgeschrieben ist, dürfen z. B. nicht zusammen gelagert werden, wenn sie unter Bildung giftiger Gase miteinander reagieren [Abschnitt 7.1 (8)]. Danach ist die immer wieder zu Unfällen führende Lagerung von Chlorbleichlauge (Natriumhypochlorit) unmittelbar neben Säure oder sogar in gleichen Auffangwannen nicht zulässig (bei Vermischung Freisetzung von Chlorgas).

Die Zusammenlagerungsregeln sind erst ab 200 kg je Lagerklasse und 400 kg Gesamtlagermenge explizit vorgeschrieben. Aber auch bei der Lagerung geringerer Mengen sind sie nützlich und können als Orientierungshilfe bei der Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden.

Die relevanten Präventionsmaßnahmen
Bei den vielen rechtlichen Vorgaben zur Lagerung von Gefahrstoffen darf man eines nicht aus dem Blick verlieren: Im Fokus aller Maßnahmen sollte stets die Vermeidung von Unfällen und Gesundheitsgefahren stehen. Die Erfahrungen der BGN zeigen: bei der Gefahrstofflagerung sind immer die gleichen Punkte wichtig. Es geht um die Einhaltung der einfachsten Grundprinzipien (Selbstverständlichkeiten), siehe Checkliste. Und das gelingt auch ohne das Wissen um komplizierte Vorschriften. Wer jedoch außerdem eine rechtssichere und ordnungsgemäße Gefahrstofflagerung gewährleisten will und insbesondere mit größeren Mengen zu tun hat, wird kaum vermeiden können, sich im Zuge der Gefährdungsbeurteilung intensiver mit der TRGS 510 zu befassen. Oder fachkundigen Rat z. B. bei der BGN einzuholen.

CHECKLISTE GEFAHRSTOFFLAGERUNG
  Werden die Gefahrstoffe
in geschlossenen, unbeschädigten Verpackungen gelagert (möglichst Originalbehälter)?
so gekennzeichnet und aufgestellt, dass sie leicht identifiziert und nicht verwechselt werden?
nicht in Aufenthaltsräumen und Verkehrswegen und getrennt von Nahrungsmitteln gelagert?
in Sicherheitsschränken aufbewahrt, wenn eine Lagerung im Arbeitsraum erfolgen muss?
Ist der Platzbedarf ausreichend bemessen — auch wenn Leergebinde zwischengelagert werden?
Werden unverträgliche Stoffe getrennt oder separat voneinan­der aufgestellt (räumliche Trennung oder getrennte Auffang­wannen)?
Werden Gefahrstoffe mit der Einstufung krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend (jeweils Kategorie 1 oder 2) und (sehr) giftig unter Verschluss gehalten bzw. sind sie nur fachkundigen und zuverlässigen Personen zugänglich?
Werden zur sicheren Entnahme der Gefahrstoffe und für ihren Transport geeignete Hilfsmittel eingesetzt?
Bei Gefahr des Kontakts: Steht die richtige persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung und wird sie in hygienisch einwandfreiem Zustand bereitgehalten?
Sind die Mitarbeiter ausreichend unterwiesen und wissen sie, warum bestimmte Schutzmaßnahmen einzuhalten sind?
Gibt es eine Betriebsanweisung und ist sie bekannt?
Ist ausreichend Vorsorge für den Schadensfall getroffen (z. B. Aufnahme­ oder Neutralisationsmittel, Mittel zur Besei­tigung bei Leckagen/Verschütten, Notdusche, Augendusche, Notrufeinrichtung, Kleidung zum Wechseln, Atemschutz)?
Autor: Dr. Klaus Kroder