Lange Lanze

Mit cleverer Idee zu sicherem Stand und entspannter Körperhaltung beim Reinigen hochgelegener Anlagenteile / Ein Best-Practice-Beispiel

von Elfi Braun
aus Akzente | Magazin für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Rehabilitation

Verlängerte Reinigungslanze für mehr Sicherheit

Verlängerte Reinigungslanze für mehr Sicherheit

Bei der Reinigung hochgelegener Anlagenteile in der Produktion eines Fleischhandels kam es immer wieder zu Beinahe-Unfällen. Dadurch wurde man auf ein Sicherheitsproblem aufmerksam, dessen Ursache in dem Überkopfhantieren mit der Reinigungslanze von Steighilfen oder einem Podest aus liegt. Diese Arbeitsweise ist inzwischen passé. Das Reinigungsteam der beauftragten Reinigungsfirma hatte die Idee einer verlängerten Reinigungslanze. Man ließ die "lange Lanze" anfertigen und setzt sie jetzt ein.

Anatoli Martin ist Reinigungsfachkraft bei der Firma Besselmann Services GmbH & Co. KG im münsterländischen Beelen. Zusammen mit Kollegen ist er für die Reinigung der Produktionsräume des Ahlener Fleischhandels zuständig. Er erinnert sich noch gut an die anstrengende und ermüdende Arbeitshaltung, wenn er früher dort die Decken und hochgelegenen Rohrleitungen und Transportbänder reinigte: "Man stand mit nassen Stiefeln auf einem Podest, die Arme ausgestreckt über den Kopf, in den Händen die Reinigungslanze, die man an die zu reinigenden Stellen hielt. Der Oberkörper drehte sich mit. Man musste voll konzentriert sein, damit man nicht abrutschte. Was aber leider hin und wieder fast passiert wäre. Und wenn mal jemand abrutschte, hat er sich zum Glück nicht verletzt."
Dass es auf kurz oder lang auch einmal anders laufen und sich jemand verletzen könnte, lag für Ute Lückebergfeld, Sicherheitsfachkraft und Gesundheitsmanagerin bei Besselmann Services, auf der Hand. Sie erzählt: "Als ich bei einem Rundgang durch den Betrieb die Kollegen bei der Arbeit sah, war klar: Dieses Prozedere konnte ich nicht gutheißen. Und so habe ich einen Verbesserungsprozess angestoßen, in den die betroffenen Mitarbeiter eingebunden waren."

Gemeinsam eine Lösung finden
Anatoli Martin und seine Kollegen überlegten zusammen mit ihrem Bereichsleiter Helmut Besselmann, wie sie die Arbeitsbedingungen verbessern und damit das Unfallrisiko entschärfen könnten. Dazu notierten sie zunächst die ungünstigen Bedingungen: Arbeiten von Steighilfe aus, Nässe, oft schlechtes Herankommen an die hochliegenden Stellen, ermüdende Körperhaltung, "schwere Arme". An der Nässe ließ sich nichts ändern, bei den anderen Bedingungen aber schon. Und so überlegten sie, wie man mit der Reinigungslanze an die zu reinigenden Stellen herankommen könnte, ohne auf Steighilfen wie Leitern oder Podeste steigen zu müssen. Und wie konnte man die Ermüdung der Arme vermeiden?
Helmut Besselmann erzählt: "Die Lösungen hierfür waren schnell gefunden: Die Reinigungslanze musste ein großes Stück länger werden. Und beim Arbeiten sollte sie in einen Haltegürtel gehängt werden, den der Bediener angelegt hat. Auf diese Weise muss der Bediener die Reinigungslanze nur noch führen, aber nicht mehr heben und halten. Das entlastet die Arme." Da das Unternehmen Reinigungslanzen mit einem ganz speziellen, integrierten Sprühkopf einsetzt, werden sie in der betriebseigenen Werkstatt angefertigt. So auch die verlängerte Reinigungslanze. Für diese modifizierte Ausführung verwendete man ein längeres Edelstahl-(VA-)Rohr, in das der Sprühkopf integriert wurde. Beim Haltegurt setzte man auf eine bewährte ergonomische Lösung aus dem Fachhandel. Ute Lückebergfeld: "Wir haben den Haltegurt für unsere Zwecke leicht modifiziert und brachten einen zusätzlichen Haltering an."

Anatoli Martin

Bild oben: Anatoli Martin, einer der Ideengeber: "Mit der verlängerten Lanze und dem Haltegurt geht die Arbeit jetzt viel leichter. Die Arme werden nicht mehr schwer und müde. Wir sind entspannter und fitter."

Praxistests bestanden
Erste Tests mit der "langen Lanze" in der betriebseigenen Waschhalle zeigten – nach leichtem Nachbessern – schnell ihre hohe Praxistauglichkeit. Und somit stand ihrem Einsatz im Arbeitsalltag nichts mehr entgegen. Mit der Eigenkonstruktion lassen sich jetzt alle Reinigungsarbeiten vom Boden aus auszuführen. Sie macht Steighilfen überflüssig, so dass es auch keine Absturzgefahr mehr gibt. Darüber hinaus stellten sich beim Arbeiten mit der langen Lanze auch weitere positive Effekte heraus: Der Bediener ist jetzt deutlich weiter von dem aus dem Düsenkopf austretenden Wasserstrahl sowie von den angestrahlten Flächen entfernt. Dadurch ist die Exposition gegenüber Aerosolen vermindert – und damit auch die Verletzungsgefahr durch reizende Stoffe.
Anatoli Martin und seine Kollegen sind hochzufrieden. Er erzählt: "Mit der verlängerten Lanze und dem Haltegurt geht die Arbeit jetzt viel leichter. Die Arme werden nicht mehr schwer und müde. Wir sind entspannter und fitter." Zurzeit sind drei lange Lanzen im Einsatz. Andere Reinigungsteams will das Unternehmen sukzessive damit ausstatten.

Verbesserung mit System
Es ist kein Zufall, dass man sich im Reinigungsteam Gedanken machte, wie die Arbeitssituation zu verbessern sei. Bei Besselmann Services haben Verbesserungen System. Seit einigen Jahren bindet das Unternehmen die Mitarbeiter im Rahmen des zertifizierten Arbeitsschutzmanagements kontinuierlich in die Gestaltung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein. Diese betriebliche Ideenwerkstatt produziert immer wieder gute Ideen, die das Unternehmen gerne aufgreift und in der Praxis umgesetzt.
Roland Raczek, Technischer Leiter bei Besselmann Services, zur verlängerten Reinigungslanze: "Für innovative Ideen und die gemeinsame Umsetzung sind wir immer offen – insbesondere, wenn es sich um so eine sinnvolle und arbeitssicherheitsrelevante Verbesserung handelt."

Mehr Infos: U.Lueckebergfeld@Besselmann-Services.de

 

Autor: Braun