Konkret, anschaulich, rechtssicher

Lärm- und Vibrationsschutz: Die Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV)

VibratiDie Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV) empfehlen einen Weg, wie der Arbeitgeber die Anforderungen der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung einhalten kann. Sie geben konkrete und anschauliche Hinweise zur Ermittlung, Messung und Bewertung von Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen sowie zur Ableitung geeigneter Schutzmaßnahmen.

von Thomas Fritsch und Claudia Mattke | aus Akzente 11

Wendet der Arbeitgeber die trlv konsequent an, kann er davon ausgehen, dass die Vorschriften der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung eingehalten sind. Die trlv zeigt also auch einen Weg zur Rechtssicherheit.

Hörschutz

TRLV Lärm und TRLV Vibrationen online über: www.bgn.de, Shortlink = 1128

TRLV Lärm Die TRLV Lärm beschäftigt sich mit dem Hörschall, d. h. dem Frequenzbereich von i6 Hz bis i6 kHz sowie einer Lautstärke ab 80 dB(A). Ausgeschlossen sind damit Infra- und Ultraschall sowie Lautstärken unter 80 dB(A). Nicht Gegenstand dieser Technischen Regel ist der Musik- und Unterhaltungssektor.

Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung sind orts- bzw. personenbezogene Lärmmessungen. Sie müssen von einer fachkundigen Person durchgeführt werden. Die Messwerte sind in Verbindung mit der Messunsicherheit anzugeben, die durch 2 Verfahren ermittelt werden kann (Kasten rechts unten).

Anschließend ist anhand der Formel LEx,8h ± ?L zu prüfen, ob die Auslösewerte für den Tageslärmexpositionspegel über- oder unterschritten sind. Ist die Aussage nicht eindeutig, muss eine höhere Genauigkeitsklasse angestrebt werden. Werden die unteren bzw. oberen Auslösewerte überschritten, muss der Betrieb Maßnahmen nach dem top-Prinzip festlegen (Kasten rechts oben), d. h. technische Maßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen und persönlichen Maßnahmen.

Auch bei der Auswahl eines geeigneten Gehörschutzes hilft die trlv Lärm: Sie erläutert die Berechnung des Restschallpegels LEx,8h unter Verwendung des Dämmwertes M für hohe und mittlere bzw. L für tiefe Frequenzen sowie eines Korrekturwertes Ks (Praxisabschlag) (Kasten Seite i8). Außerdem enthält die trlv Lärm Ausführungen, wie bei angepasstem Gehörschutz (Otoplastiken) eine Funktionskontrolle durchgeführt wird, u. a. die Überprüfung auf Dichtsitz nach Auslieferung innerhalb von 6 Monaten und danach im Zweijahresrhythmus.

TRLV Vibrationen In der TRLV Vibrationen werden sowohl Hand-Arm-Vibrationen als auch Ganzkörpervibrationen behandelt. Unabhängig vom Ort der Einleitung haben die Expositionen mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten. Unmittelbare Auswirkungen sind z. B. Schädigungen der Wirbelsäule aufgrund von Ganzkörperschwingungen oder Knochen- und Gelenkschäden durch Hand-Arm-Vibrationen. Nicht zu unterschätzen sind die mittelbaren Auswirkungen, z. B. wenn mobile Maschinen aufgrund von Vibrationen nicht sicher gehalten werden können oder Gebäudevibrationen die Stabilität von Gebäuden, Maschinen und Anlagen beeinträchtigen.

Grenzwerte und Massnahmen

Um mögliche Gesundheitsgefahren beurteilen zu können, muss man zuerst die Exposition bestimmen. Dazu kann man Herstellerangaben, Messwerte aus der Literatur oder Orientierungswerte aus der trlv Vibrationen (»Branchenbezogene Gefährdungstabellen«) heranziehen. Bestehen bei den so erhaltenen Werten Zweifel, dass die Expositionsgrenzwerte eingehalten werden können, muss eine fachkundige Person eine Messung durchführen. Die bgn unterstützt Sie gerne.

ERMITTLUNG DER MESSUNSICHERHEIT ΔL
Verfahren 1
Zuerst wird die kombinierte Standardunsicherheit u ermittelt. Dann wird die Genauigkeitsklasse festgelegt. Hilfreich ist das »Kalkulationsprogramm zur DIN EN ISO 9612:2009-09 (Unsicherheiten)«, das den Anwender bei der Bestimmung der erweiterten Unsicherheit unterstützen soll. Online über www.bgn.de, Shortlink = 1129
Genauigkeitsklasse
kombinierte Standardunsicherheit u
1
≤ 2 dB
2
≤ 4 dB
3
≤ 6 dB
Verfahren 2
In einem vereinfachten Verfahren werden die beiden Einflussfaktoren separat voneinander betrachtet. Die festgestellte Klasse mit der größten Unsicherheit bestimmt die Genauigkeitsklasse des Tageslärmexpositionspegels.
Genauigkeitsklasse
Messgerät
1
Kl. 1
2
Kl. 2 oder besser
3
Kl. 2 oder besser
Geschätzte Unsicherheit bei Erfassung der längerfristig typischen Lärmexposition ≤ 1,5 dB ≤ 3 dB ≤ 3 dB
Anhand der ermittelten Genauigkeitsklasse wird die Unsicherheit ΔL bestimmt.
Genauigkeitsklasse
Unsicherheit ΔL
1
0 dB
2
3 dB
3
6 dB

Dann vergleicht man den ermittelten Tagesvibrationsexpositionswert A(8) mit dem festgelegten Auslösewert bzw. den Expositionsgrenzwerten und ergreift entsprechende Maßnahmen (Kasten Seite i7 oben). Zuerst sollte man prüfen, ob sich die Vibrationsbelastung durch andere Arbeitsverfahren verhindern bzw. verringern lässt. Bei Neuanschaffungen sollte man auf einen möglichst geringen Vibrationskennwert achten. Der Hersteller ist laut Maschinenrichtlinie verpflichtet, den Schwingungsgesamtwert anzugeben, sofern er 2,5 m/s2 übersteigt.

GEHÖRSCHUTZAUSWAHL
LEx,8h = LEx,8h – (M – Ks)  
LEx,8h = LEx,8h – (L – Ks)  
Gehörschutz Ks in dB
Einwegstöpsel 9
Mehrwegstöpsel,
Bügelgehörschutz,

Kapselgehörschutz
5
Otoplastiken mit
Funktionskontrolle
3

Persönliche Schutzausrüstung kann – anders als bei Lärmbelastungen – nur sehr eingeschränkt empfohlen werden. Die meisten kraftbetriebenen Handwerkzeuge arbeiten im Bereich < 150 Hz (entspricht 9000 U/min). Vibrationshandschuhe weisen aber gerade in diesem Bereich keine signifikante Reduzierung auf. Auch bei den derzeit erhältlichen Vibrations-Schutzschuhen konnte bisher keine erkennbare Vibrationsreduzierung festgestellt werden.

 

Autor: Fritsch
Autor: Mattke