Der Haken mit dem Haken

Seltener Fall vertikaler Lastentransport und wie man trotzdem sicher arbeitet

Lasten für Montagearbeiten in der Senkrechten mit einem Hebezeug oder Kran zu transportieren ist in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie kein alltäglicher Vorgang. Umso wichtiger ist es, die fehlende Routine durch genaue Planung und sicheres Handeln auszugleichen. Auch hier hilft die Gefährdungsbeurteilung.

von Werner Fisi | aus Akzente 11

Bei Montagearbeiten in einer Mühle muss eine Walze mit einem Flaschenzug in ein oberes Stockwerk gehoben werden. Zwei Mitarbeiter befestigen die Walze an der Kette des Flaschenzugs. Durch Fehler beim Anschlagen gerät die Last ins Pendeln. Dadurch hebt die Kette des Flaschenzugs in der Luke ein Bodenelement aus der Halterung. Das schwere Stahlblech fällt aus dem darüberliegenden Stockwerk herunter und verletzt einen Mitarbeiter schwer.

Montagearbeiten, bei denen schwere Teile wie Motoren, Wellen oder Walzen in der Senkrechten mit einem Hebezeug oder Kran transportiert werden müssen, sind im Nahrungsmittelbetrieb nichts Alltägliches. Manchmal vergehen Jahre, ohne dass eine solche Aktion erforderlich ist. Aus diesem Grund fehlt bei den damit verbundenen Tätigkeiten die Routine. Außerdem: Solche Arbeiten finden oft unter Zeitdruck statt. Gepaart mit Stress führt das leicht zu fehlerhaftem Handeln. Deshalb ist es sinnvoll, die möglichen Gefährdungen einer solchen Transportaktion im Vorfeld zu ermitteln, zu beurteilen und Maßnahmen festzulegen, die helfen, Unfälle zu verhindern.

Gefährdungen
In BGN-Mitgliedsbetrieben wie Mühlen und Futtermittelwerken müssen Lasten meist innerhalb des Gebäudes über ein oder mehrere Stockwerke hinweg transportiert werden. Schon das Öffnen der Bodenluken, durch die die Lasten gehoben werden müssen, birgt eine Reihe von Gefahren. Oft müssen schwere Türen oder Stahlbleche angehoben werden. Hierbei bestehen erhebliche Quetschgefahren und vor allem Absturzgefahr aus einer Höhe, die mindestens ein Stockwerk umfasst. Die größte Gefahr geht jedoch von der zu transportierenden Last aus. Sie kann pendeln, kippen oder im schlimmsten Fall herunterfallen und zu schweren Personen- und Sachschäden führen.

Maßnahmen

Regeln des sicheren Anschlagens
Gewicht und Schwerpunktlage der Last festlegen
Oft fehlt in der Praxis die Angabe des genauen Gewichts einer Last. In diesem Fall muss das Lastgewicht geschätzt bzw. berechnet werden. Dazu muss man das Material, das spezifische Gewicht und das Volumen der Last kennen.

Der Lastschwerpunkt wandert nach dem Anheben immer lotrecht unter den Haken des Hebezeugs. Zur Vermeidung von unkontrollierbarem Pendeln oder sogar Umschlagen der Last muss der Haken vor dem Anheben über dem Schwerpunkt der Last positioniert werden.

Auf Transportkisten ist der Schwerpunkt in der Regel angegeben. Stark unsymmetrische Lasten werden sicher angeschlagen durch Gehänge mit verkürzbaren Einzelsträngen oder mit Traversen, deren Einzelstränge in der Länge einstellbar sind.

Geeignete Anschlagmittel auswählen
Als Anschlagmittel können Rundstahlketten, Hebebänder, Stahldrahtseile oder Natur- und Chemiefaserseile verwendet werden. Wichtig ist die Tragfähigkeit der Anschlagmittel. Belastungstabellen für Anschlagmittel enthält die BGI 622. Bei der Auswahl der geeigneten Anschlagmittel spielen jedoch auch weitere Faktoren wie Längenverstellbarkeit, Eigensteifigkeit, Empfindlichkeit gegen scharfe Kanten eine Rolle.

Checkliste
  • Kann das Lastgewicht ermittelt werden?
  • Wird die Schwerpunktlage der Last richtig eingeschätzt?
  • Ist die Tragfähigkeit der Anschlagmittel bekannt?
  • Sind die Mitarbeiter im sicheren Verhalten beim Anschlagen, Anheben, Absetzen der Last sowie beim Lösen der Anschlagmittel unterwiesen?
  • Wird alles unternommen, um Schäden an den Anschlagmitteln zu vermeiden?
  • Werden die Anschlagmittel regelmäßig geprüft?

Anschlagmittel vor Schäden schützen und richtig aufbewahren
Anschlagmittel dürfen nicht über scharfe Kanten gespannt oder gezogen werden. Diese können zu einer Beschädigung führen. Anschlagmittel müssen vor der Verwendung geprüft werden. Es ist dafür zu sorgen, dass Anschlagmittel mit Mängeln, die die Sicherheit beeinträchtigen, der weiteren Benutzung entzogen werden.

Auch muss dafür gesorgt werden, dass Anschlagmittel vor Witterungseinflüssen und aggressiven Stoffen geschützt gelagert werden.

Beim Anschlagen, Anheben, Absetzen der Last und beim Lösen der Anschlagmittel sich sicher verhalten
Der anfangs geschilderte Unfall hätte verhindert werden können, wenn der Mitarbeiter den Gefahrenbereich verlassen hätte. Um Verletzungen durch die pendelnden Lasten zu verhindern, darf sich niemand in der Umgebung der Lasten aufhalten. Das Zeichen zum Absenken darf der mit dem Anschlagen betraute Mitarbeiter erst dann geben, wenn alle Personen aus dem Gefahrenbereich der Abladestelle herausgetreten sind. Das Anschlagen und Heben von Lasten ist eine Arbeit, die mehrere Mitarbeiter gemeinsam durchführen. Die gute Verständigung in diesem Team hilft ebenfalls, Unfälle zu vermeiden.

DGUV Regel 100-500 »Betreiben von Arbeitsmitteln«, hier Kapitel 2. 8: »Lastaufnahmeeinrichtungen im Hebezeugbetrieb «, über www.bgn.de, Shortlink = 1044

DGUV Information 209-021 »Belastungstabellen für Anschlagmittel aus Rundstahlketten, Stahldrahtseilen, Rundschlingen, Chemiefaserhebebändern, Chemiefaserseilen, Naturfaserseilen«; DGUV Information 209-013 »Anschläger«; DGUV Information 209-061 »Gebrauch von Hebebändern und Rundschlingen aus Chemiefasern«. Alle Informationen über www.bgn.de, Shortlink = 1113

 

Autor: Fisi