Handlungsfeld Lärmbereich

Vom Lärmkataster bis zum Lärmminderungsprogramm

von Markus Haaß | aus Akzente

Sicherheitszeichen

Mit der Lärm- und Vibrations- Arbeitsschutzverordnung ist der Lärmschutz am Arbeitsplatz verstärkt in den Fokus der Betriebe gerückt. Dies insbesondere, weil aufgrund verschärfter Anforderungen plötzlich Betriebsbereiche zu Lärmbereichen werden, die vorher schalltechnisch als unproblematisch galten. Und das heißt: Der Betrieb muss ein Lärmkataster erstellen und ein Lärmminderungsprogramm durchführen. Die BGN kann ihn dabei unterstützen.

Ein Betriebsbereich ist als Lärmbereich zu kennzeichnen und zu behandeln, wenn dort der obere Auslösewert erreicht oder überschritten wird. In diesem Fall ist der Betrieb verpflichtet zu handeln, unabhängig davon, ob Beschwerden der Mitarbeiter vorliegen, Auflagen bestehen usw. Was genau ist zu tun?

Lärmkataster

Zunächst ist eine Gefährdungsanalyse erforderlich, anhand der festgestellt wird, ob und wo schalltechnische Probleme bestehen. Dazu wird eine schalltechnische Bestandsanalyse der lärmrelevanten Arbeitsbereiche durchgeführt, also ein so genanntes Lärmkataster erstellt. Dieses Lärmkataster enthält neben den Schalldruckpegeln in den einzelnen Arbeitsbereichen auch Informationen zu maßgeblichen Schallquellen. Idealerweise werden in einem Lärmkataster die problematischen Bereiche in Plänen gekennzeichnet – z. B. mit den Ampelfarben:

=> GRÜN: keine Maßnahmen erforderlich
=> GELB: keine Maßnahmen erforderlich, aber empfehlenswert
=> ROT: Schallschutzmaßnahmen sind erforderlich

Eine solche Kennzeichnung hat den Vorteil, dass direkt ersichtlich ist, in welchen Bereichen Gehörschutzmittel nicht erforderlich sind (grün), zur Verfügung gestellt werden müssen (gelb) und getragen werden müssen (rot).

Die BGN kann den Betriebe beim Lärmkataster unterstützen: bei der Planung eines betriebsspezifischen Messprogramms im Rahmen einer Begehung und durch Messungen in exemplarischen Bereichen.

Lärmminderungsprogramm

Auf die schalltechnische Bestandsanalyse folgt als nächster Schritt die Aufstellung eines Lärmminderungsprogramms. Auch hierbei kann die BGN die Betriebe unterstützen. Aufbauend auf die im Lärmkataster festgestellten Problembereiche legt der Betrieb Schallschutzmaßnahmen fest. Dabei wird die Rangfolge technische vor organisatorischen vor persönlichen Schutzmaßnahmen (TOP) eingehalten. Vor der Verwendung persönlichen Gehörschutzes haben somit folgende Maßnahmen Vorrang:

Des Weiteren sind bei der Festlegung von Schallschutzmaßnahmen auch folgende Aspekte abzuwägen:

Demzufolge wird im Lärmminderungsprogramm ein Lärmminderungskatalog erstellt. Darin sind die Maßnahmen inklusive zeitlicher Vorgaben, wann sie umgesetzt sein sollen, als Prioritätenliste enthalten.

Thomas Fritsch

Thomas Fritsch und seine Kollegen von der BGN-Prävention unterstützen die Betriebe bei Lärmmessungen im Rahmen des Lärmkatasters und bei der Aufstellung eines Lärmminderungsprogramms

Das Kataster aktuell halten

Die Erstellung des Lärmkatasters sowie die Planung und Realisierung von Schallschutzmaßnahmen sind ein Prozess, der einige Monate oder sogar Jahre dauern kann. Deshalb ist es wichtig, das Kataster kontinuierlich zu pflegen. Pflegen heißt: Das Lärmkataster wird bei jeder Anschaffung neuer Maschinen, bei Änderung von Produktionsabläufen usw. fortgeschrieben.

Bei der Anschaffung neuer Maschinen können Prognoseberechnungen helfen, eine schalltechnisch optimale Maschinenauswahl zu treffen. Außerdem können sie Aufschluss über eine schalltechnisch optimale Maschinenaufstellung geben. Spezialisten der BGN führen solche schalltechnischen Prognoseberechnungen für Anlagen, Anlagenbestandteile und auch für Schallschutzmaßnah-men durch. Nach Inbetriebnahme neuer Maschinen sollten die Schallpegel wiederum messtechnisch erfasst werden, um das Kataster und den darauf aufbauenden Lärmminderungskatalog auf dem neuesten Stand zu halten.

Lärmschutzanforderungen

Bei der Anschaffung neuer Maschinen können Prognoseberechnungen helfen, eine schalltechnisch optimale Maschinenauswahl zu treffen. Außerdem können sie Aufschluss über eine schalltechnisch optimale Maschinenaufstellung geben.

Handlungsfeld Lärmbereich konkret – ein Beispiel

Im nachfolgend geschilderten konkreten Fall hat ein Unternehmen in 2009 von einem Dienstleister ein Lärmkataster erstellen lassen. Die Geräuschimmissionen wurden an Arbeitsplätzen ortsbezogen gemessen und dokumentiert. Dazu ermittelte man in einzelnen Bereichen den Tages-Lärmexpositionspegel – und zwar in Abhängigkeit der Aufenthaltszeiten der Beschäftigten, sowohl für einzelne Beschäftigte als auch für Beschäftigtengruppen mit gleichem Tätigkeitsprofil. Dann wurde der ermittelte Wert mit den Anforderungen verglichen. Das Resultat: In weiten Bereichen wird der obere Auslösewert ortsbezogen überschritten. Deshalb erarbeitet man in dem Unternehmen derzeit ein Lärmminderungsprogramm.

Erste Maßnahmen zum Einsatz alternativer lärmärmerer Arbeitsverfahren und zum Einsatz alternativer lärmärmerer Arbeitsmittel werden zurzeit in Teilbereichen planerisch umgesetzt. Die Pressen im Altbau werden durch Neuanlagen ersetzt, deren Aufstellung und Betrieb im Pressenraum eines Neubaues erfolgt. In diesem abgeschlossenen Bereich sind keine dauerhaften Arbeitsplätze vorhanden. Zum Schutz der Beschäftigten, die in diesem Pressenraum Wartungs- und Reparaturarbeiten durchführen, werden außerdem die vorhandenen Vibrationsförderrinnen mit Excenterantrieb durch lärmarme Schieber ersetzt.

Die lärmgeminderte Gestaltung der Arbeitsplätze, indem man z. B. in lärmrelevanten Bereichen raumakustische Maßnahmen umsetzt, ist aufgrund der hygienischen Anforderungen schwierig. Hier wägt man derzeit Konzepte für Einzelbereiche ab. Darüber hinaus prüft das Unternehmen, ob dauerhafte Arbeitsplätze in abgeschlossenen Räumen gebündelt werden können. In diesem Fall müssten die Mitarbeiter die Lärmbereiche nur noch ausschließlich bei Probennahmen, Wartungsarbeiten, Kontrollen usw. betreten.

Im Rahmen der Überlegungen zu einzelnen Maßnahmen wird auch geprüft, ob es möglich ist, dass im Produktionsprozess technische Sensoren zumindest teilweise die Kontrollaufgaben der Beschäftigten übernehmen können. Dadurch würden sich die Aufenthaltszeiten in den Lärmbereichen weiter reduzieren. Außerdem prüft das Unternehmen, ob es möglich ist, die Beschäftigten während der Wartungs- und Reparaturarbeiten in einem Lärmbereich mit mobilen Wänden vom Direktschallfeld der nächstgelegenen maßgeblichen Schallquellen abzuschirmen.

BGN-Hilfe beim Lärmkataster und beim Lärmminderungsprogramm

 

Autor: Haaß