Das Lkw-Sicherheitskonzept der Josera GmbH in Kleinheubach lässt die firmeneigene Fahrzeugflotte sicher und wirtschaftlich rollen
von Anja Wolf | aus Akzente
Ein 40-Tonner muss in der Spur bleiben. Sonst wird's brenzlig. Das gilt nicht nur für die Sicherheit auf der Straße, sondern auch für die Kosten-Nutzen- Rechnung im Betrieb. Bei der Josera GmbH in Kleinheubach hat man ein Maßnahmenpaket entwickelt, mit dem die Lkw-Fahrer sicher und kostensparend Kilometer machen. Die BGN hat den Betrieb für diese Ideen mit dem Präventionspreis 2008 in der Kategorie "Programme, Konzepte und Systeme für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung" ausgezeichnet.
"Der wirtschaftliche Druck im Speditionsgeschäft ist so groß, dass man sich schon eine Menge einfallen lassen muss, um nicht unter die Räder zu kommen", erklärt Wilfried Herkert, Fuhrparkleiter der Josera GmbH und Ideengeber des Lkw-Sicherheitskonzepts (Bild links). Statt eine Spedition zu beauftragen, liefert der mittelständische Futtermittelhersteller die Produkte mit den betriebseigenen Lkws aus. "So sind wir näher am Kunden, können flexibler auf Wünsche reagieren und direkter kommunizieren", ergänzt Dr. Martin Wörner, Arbeitsschutzkoordinator und QM-Beauftragter bei Josera. 13 Lkws und 18 Fahrer sind regelmäßig in ganz Deutschland und im Ausland unterwegs. Damit sich das rechnet, hat sich das Unternehmen einiges einfallen lassen.
Herausgekommen ist ein Maßnahmenpaket, das auf mehreren Säulen ruht - Technik, Logistik, Training und Controlling:
Gut ausgerüstet
Ein wesentliches Standbein des
Konzepts ist die Ausrüstung der
Lkws mit elektronischen Fahrer-Assistenz-Systemen. Sie greifen
aktiv ein, steuern die Geschwindigkeit,
regeln Fahrzeugbeschleunigung und -verzögerung. Als 2002 der
erste Lkw des Unternehmens mit einem Abstandsregeltempomaten
(ACC) ausgestattet wurde, waren die
Fahrer zunächst misstrauisch. Die
neue Technik versprach zwar Komfort
und mehr Sicherheit, aber auch
die Umstellung gewohnter Verhaltensweisen.
Dann fuhr ein Kollege
ohne ersichtlichen Grund auf ein
Stauende auf. "Danach waren die
Diskussionen vom Tisch", erinnert
sich Wilfried Herkert. Inzwischen
ist die gesamte Lkw-Flotte des
Unternehmens mit Abstandsregeltempomaten
und Spurassistenten ausgerüstet.
Der Abstandsregler erkennt mittels Radar den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug und errechnet dessen Geschwindigkeit. Wird die Lücke zu klein, drosselt er selbstständig das Tempo. Der Spurassistent (Lane Guard System, LGS) warnt den Fahrer mit einem akustischen Signal, wenn dieser ohne zu blinken die Fahrbahnmarkierung überfährt. Die schweren Sattelzüge sind zusätzlich mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) ausgestattet. Es sorgt dafür, dass die Züge in der Spur bleiben, und greift bei Unter- oder Übersteuerung des Fahrzeugs präventiv ein.
Die elektronischen Systeme bieten mehr Sicherheit für die Fahrer. Die Unfallrisiken, die durch schlechte Sicht, falsche Einschätzung von Abständen und Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit und Müdigkeit entstehen, werden minimiert. Sie sitzen entspannter im Führerhaus und können ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf den Verkehr richten.
Gut organisiert
Die Routen sind so geplant, dass sie
wirtschaftlich Sinn machen. Fahrten
ohne Ladegut werden vermieden.
Lohnt sich eine Fahrt nicht, wird
diese an eine Spedition vergeben.
Schon bei der Planung wird darauf
geachtet, dass die Fahrer die gesetzlich
vorgeschriebenen Zeiten nicht überschreiten. Falls sich eine Tour
wegen eines Staus verzögert, löst
Wilfried Herkert den Fahrer schon
mal persönlich ab und bringt den
Lkw zurück. Das Ganze hat noch
etwas Gutes. Die Fahrer haben weniger
Stress und sind zufriedener.
Gut gesteuert
Wilfried Herkert fährt seit 40 Jahren
Lkw und weiß: "Vorausschauendes
Fahren ist das A und O."
Unnötiges Bremsen und Beschleunigen
erhöhen nicht nur das Unfallrisiko,
sondern verbrauchen auch
mehr Diesel und verschleißen kostenintensive
Teile. Die Grundlagen
für eine sichere und wirtschaftliche
Fahrweise erwerben die Fahrer im
Sicherheitstraining. Und ob sie
das Erlernte dauerhaft anwenden,
überwacht ein Telematik-System
im Lkw. Es zeichnet verschiedene
Fahrzeugdaten wie Durchschnittsverbrauch
und -geschwindigkeit,
Schalt- und Bremsvorgänge, den
Anteil des Schubbetriebs (also das
Fahren ohne Bremse und Gas) auf
und wertet sie anschließend aus.
Wilfried Herkert setzt sich jeden Monat mit den einzelnen Fahrern zusammen und bespricht mit ihnen gemeinsam die Ergebnisse. Die regelmäßigen Feedback-Gespräche halten den Verbesserungsprozess in Gang. Gute Werte werden belohnt. Fahrer, die sich durch wirtschaftliches Fahren auszeichnen, erhalten einmal im Jahr eine Prämie.
Gutes Ergebnis
Das intelligente Konzept geht auf.
Das zeigen die Zahlen. Insgesamt
hat die Josera GmbH bisher 100.000 EUR in das Maßnahmenpaket investiert.
Das klingt viel, aber auf
längere Sicht geht die Rechnung
mehr als auf. Wilfried Herkert:
"Wir sparen schon jetzt 50.000 EUR pro Jahr ein." Und aufgegangen ist
auch, dass wirtschaftliches und sicheres
Arbeiten keine Gegensätze
sind, sondern Hand in Hand gehen.
Dass dabei die Motivation und die
Mitarbeit der Fahrer eine große
Rolle spielen, darauf weist Dr. Martin
Wörner noch einmal hin und erzählt:
"Das Preisgeld der BGN haben
wir an die Fahrer ausgeschüttet.
Diese sind es ja auch, die unsere
Maßnahmen umsetzen." Wenn das
nicht motiviert.