Alleinarbeit

Personen-Notsignal-Anlagen können im Notfall rechtzeitige Rettung und Erste Hilfe sicherstellen
von Jörg Bergmann | aus Akzente

Eine Personen-Notsignal-Anlage schützt im Notfall

Ein alleinarbeitender Mitarbeiter hat einen Unfall, und keiner bekommt es mit. Das kann und darf nicht sein. Absichern lässt sich ein solcher Notfall mit einer Personen-Notsignal-Anlage. Vorher muss jedoch durch eine Gefährdungsbeurteilung geklärt werden, ob Alleinarbeit überhaupt erlaubt ist.

Nachtschicht in der Mühle. Alles läuft automatisch. Ein einziger Mitarbeiter ist vor Ort, steuert und kontrolliert den Ablauf des Produktionsprozesses. Außer ihm ist nur noch der Pförtner im Betrieb. Plötzlich bleibt die Anlage stehen. Eine Förderschnecke ist verstopft. Der Mitarbeiter eilt zur Störungsstelle, überblickt in einer Sekunde das Ausmaß des Schadens - und rutscht plötzlich auf dem ausgetretenen Getreide aus . . .
Hält man das Geschehen hier wie einen Film an und will wissen, wie es weitergeht, dann ergeben sich sicher ein paar spannende Fragen: Wird der Mitarbeiter hinfallen? Wird er sich verletzen? Wenn ja, wie schwer? Und vor allem: Wer bekommt von dem Unfall etwas mit? Wer kann dem verletzten Mitarbeiter noch helfen, wenn er sich selbst nicht mehr helfen kann? Eine mögliche Antwort auf die letzten beiden Fragen heißt: Personen-Notsignal- Anlage. Mit einer Personen-Notsignal-Anlage (PNA) kann sichergestellt werden, dass alleinarbeitende Mitarbeiter bei Notfällen rechtzeitig Erste Hilfe erhalten. Das Prinzip der pna klingt simpel: Der alleinarbeitende Mitarbeiter trägt einen drahtlosen, mit Sensoren bestückten Signalgeber. Dieser löst automatisch in einer Empfangszentrale einen Alarm aus, wenn sich der Alleinarbeitende wegen einer Verletzung plötzlich nicht mehr bewegt oder wenn er flach auf dem Boden liegt oder wenn er eine Quittierung vergisst. Die alarmierte Person muss dann unverzüglich alle notwendigen Rettungs- und Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten.

Ausführliche Hinweise zu PNA: BG-Regel »Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen« (DGUV Regel 112-139).

Häufig gestellte Fragen und Antworten zu PNA:
http://www.dguv.de/fb-psa/Sachgebiete/Sachgebiet-Personen-Notsignal-Anlagen/index.jsp

Alleinarbeit erlaubt?
Gefährdungsbeurteilung klärt

Bevor jedoch eine Personen-Notsignal- Anlage beschafft wird und zum Einsatz kommt, muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Alle Tätigkeiten, die der alleinarbeitende Mitarbeiter ausführen soll, müssen genau ermittelt und beschrieben werden. Stellt man fest, dass Tätigkeiten durchgeführt werden sollen, bei denen die Vorschriften zwingend einen Aufsichtführenden fordern – z. B. beim Einfahren in Silos oder bei Arbeiten in engen Behältern –, dann ist Alleinarbeit verboten. Ist Alleinarbeit erlaubt, dann müssen im nächsten Schritt für die einzelnen Tätigkeiten die möglichen Gefährdungen ermittelt werden: z. B. ungeschützte bewegte Maschinenteile, Sturz, Absturz, gefährliche Stoffe, Verbrennung. Anschließend wird jede dieser Gefährdungen bewertet, indem ein Risiko- Wert (R-Wert) ermittelt wird (siehe Kasten unten). Ergibt sich ein RWert höher als 30, so sind zunächst weitere Maßnahmen erforderlich, um das Risiko zu verringern.

RISIKOBEURTEILUNG
nach DGUV Regel 112-139, 3.3.1
Wird der Beschäftigte bei einem Notfall noch handlungsfähig, eingeschränkt handlungsfähig oder gegebenenfalls nicht mehr handlungsfähig sein?
Bewerten Sie den Gefährdungsgrad mit einer Gefährdungsziffer GZ zwischen 1 und 10 (1 ist niedrig, 10 ist hoch).
Ist ein Notfall unwahrscheinlich bzw. möglich oder muss sogar mit Notfällen gerechnet werden?
Bewerten Sie die Notfallwahrscheinlichkeit NW mit einer Ziffer zwischen 1 und 10.
Wie lang ist die Zeit zwischen der Alarmauslösung und dem Beginn der Rettungs- bzw. Erste-Hilfe-Maßnahmen vor Ort?
Bewerten Sie die Zeit für die Einleitung von Hilfsmaßnahmen EV mit einer Ziffer zwischen 0 und 2.
Berechnen Sie jetzt mit den Werten Gefährdungsziffer (GZ), Notfallwahrscheinlichkeit (NW) und Einleitung von Hilfsmaßnahmen (EV) den Risiko-Wert R:

R = (GZ + EV) x NW

Bei einem R-Wert > 30 ist Alleinarbeit unzulässig. Es sind zunächst weitere Maßnahmen erforderlich, um das Risiko zu verringern.

Eine Risikominimierung kann z. B. durch die Installation zusätzlicher technischer Schutzeinrichtungen, die Erhöhung der Systemzuverlässigkeit oder durch weitergehende organisatorische Maßnahmen erreicht werden. Ergeben auch diese Maßnahmen keine ausreichende Absenkung des Risikos, so ist Alleinarbeit nicht zulässig. Die Tätigkeiten müssen dann von mindestens zwei Personen ausgeführt werden.

PNA: Was muss sie können?

Ist Alleinarbeit aber grundsätzlich erlaubt, dann kann eine Personen- Notsignal-Anlage (PNA) die notwendige Erste-Hilfe-Leistung im Notfall sicherstellen. Eine PNA besteht aus mindestens einer Sendeeinheit, dem so genannten Personen-Notsignal- Gerät (PNG), und der Empfangszentrale. Der Hersteller versieht das Personen-Notsignal-Gerät mit einem oder mehreren Sensoren, sodass unter bestimmten Bedingungen (siehe Tabelle »Alarmarten«) ein willensunabhängiger Alarm in der Empfangszentrale ausgelöst wird. Die Auswahl dieser Sensoren muss immer kundenspezifisch erfolgen. Sie hängt davon ab, welche Aufgaben bei der Alleinarbeit ausgeführt werden müssen und wie sich ein Notfall bemerkbar macht. Zusätzlich hat der Alleinarbeitende die Möglichkeit, mit dem Personen- Notsignal-Gerät selbst einen Alarm auszulösen. Einige Personen-Notsignal- Geräte ermöglichen außerdem eine Sprechverbindung mit der Empfangszentrale. PNA wichtig, aber kein Allrounder Natürlich ist eine PNA nur die Basis für eine wirkungsvolle Rettung und Erste Hilfe bei Alleinarbeit. Über die technischen Aspekte wie z. B. die Anlagenkonfiguration und die zuverlässige Signalübermittlung hinaus müssen notwendige organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden. Beispielsweise ist zu überlegen, wie der alleinarbeitende Mitarbeiter im Notfall schnell lokalisiert werden kann. Hierzu kann man ein PNG einsetzen, das akustische Signale abgibt. Mögliche Lösungen sind auch, den Alleinarbeitenden mit einem Ortskennungssender zu erfassen oder dass der Alleinarbeitende regelmäßig Quittierstellen anlaufen muss.

ALARM-ARTEN
Verschiedene Möglichkeiten, wann eine PNA Alarm schlägt
Alarm-Arten
Lagealarm
Alarmiert, wenn ein bestimmter Neigungswinkel überschritten wird und nach einer vorgegebenen Zeit Beispiel: Der Alleinarbeitende stürzt zu Boden und bleibt dort liegen.
Ruhealarm Alarmiert bei Bewegungslosigkeit und nach einer vorgegebenen Zeit. Beispiel: Der Alleinarbeitende verliert das Bewusstsein.
Zeitalarm Alarmiert, wenn eine angeforderte Quittierung ausbleibt und nach einer vorgegebenen Zeit. Beispiel: Der Alleinarbeitende verliert das Bewusstsein. Die in regelmäßigen Abständen erforderliche Quittierung bleibt aus.
Fluchtalarm Alarmiert bei hektischen Bewegungen und nach einer vorgegebenen Zeit. Beispiel: Der Alleinarbeitende flieht aufgrund äußerer Einwirkungen wie z. B. Gasausbruch oder Brand aus dem Arbeitsbereich.
Verlustalarm Alarmiert, wenn das PNG von dem gefährdeten Alleinarbeitenden entfernt wird und nach einer vorgegebenen Zeit. Beispiel: Der Alleinarbeitende legt das PNG ab.

PNA wichtig, aber kein Allrounder

Natürlich ist eine PNA nur die Basis für eine wirkungsvolle Rettung und Erste Hilfe bei Alleinarbeit. Über die technischen Aspekte wie z. B. die Anlagenkonfiguration und die zuverlässige Signalübermittlung hinaus müssen notwendige organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden. Beispielsweise ist zu überlegen, wie der alleinarbeitende Mitarbeiter im Notfall schnell lokalisiert werden kann. Hierzu kann man ein PNG einsetzen, das akustische Signale abgibt. Mögliche Lösungen sind auch, den Alleinarbeitenden mit einem Ortskennungssender zu erfassen oder dass der Alleinarbeitende regelmäßig Quittierstellen anlaufen muss.

Auch wichtig: gute Notfall-Organisation

Ein weiterer Punkt: Die Notfallorganisation muss effektiv und wirkungsvoll sein. Dazu muss insbesondere die Empfangszentrale ständig besetzt sein. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Hilfsmaßnahmen am Ort des Geschehens möglichst schnell eingeleitet werden - spätestens 15 Minuten nach der Alarmierung. Nicht zuletzt ist darauf zu achten, dass die PNA regelmäßig fachgerecht gewartet und geprüft wird. Denn die PNA hat für den Alarleinarbeitenden die gleiche Bedeutung wie für den Bergsteiger die Seilsicherung: Wenn sie im Notfall gebraucht wird, muss sie zuverlässig und fehlerfrei funktionieren.

Beispielsammlung zum Einsatz von PNA mit Berechnungen zur Risikoermittlung, u. a. eine ausführliche Risikobeurteilung für das Beispiel: Steuerung und Überwachung einer Mühle während der Nachtschicht: http://www.dguv.de/medien/fb-psa/de/regelwerk/leitlinien/praevleit_pna.pdf

 

 

Autor: Bergmann