Unter O2-Schutzatmosphäre verpacken

Verpackungsmaschinen mit Sauerstoffbegasung
von Stefan Müller | aus Akzente

Bild: Sauerstoffflasche mit Druckanzeige

Seit einigen Jahren werden bei der Verpackung von Fleisch vermehrt Gasgemische mit Sau­er­stoffanteilen verwendet. Dazu wird das Gas während des Verpackens in die Packung eingefüllt. Wer Sauerstoff einsetzt, muss die Gefährdungen kennen, die mit seiner Verwendung einhergehen. Das ist wichtig für die sicherheits­tech­nische Aus­führung der Verpackungsmaschinen mit Sauerstoffbegasung.

Rosig und frisch sieht das Fleisch in der Verpackung aus - dank der Schutzatmosphäre aus dem sauerstoffreichen Gasgemisch, die es umgibt. Es ist der hohe Sauerstoffanteil in dieser Schutzatmosphäre, der entscheidend zum Erhalt der ansprechend roten Fleischfarbe beiträgt und das Produkt vor Vergrauung und vorzeitigem Verderb schützt. Neben diesem mit Sauerstoff erzielten Vorteil ergeben sich durch die Handhabung des Sauerstoffs allerdings neue Gefährdungen, die ihre Ursache in den stofflichen Eigenschaften des Gases haben. Der hauptsächlich sicherheitstechnisch zu be­rücksichtigende Aspekt des Sauerstoffs liegt in seiner oxidierenden Eigenschaft.

Sauerstoff: oxidierend und brandfördernd
Unsere Atemluft enthält etwa 21 % Sauerstoff. Erhöht man diesen Anteil, kann es zu teilweise heftigen Reaktionen kommen. Wirft man z. B. eine glühende Zigarette in 100%igen Sauerstoff, geht sie schlagartig in Flammen auf und verbrennt in wenigen Sekunden. Für die Verbrennung ist außer dem Brennstoff (im Beispiel die Zigarette) und der Zündquelle (das glimmende Ende) noch ein Oxidationsmittel notwendig: Sauerstoff. Der im Beispiel gewählte hohe Sauerstoffanteil verbessert noch die Verbrennungsbedingungen: Die Verbrennung läuft erheblich schneller ab. Die Gefährlichkeit von Sauerstoff liegt also in seiner stark brandfördernden Wirkung.
Die oxidierenden Eigenschaften des Gases Sauerstoff gehen aber noch weiter. Bringt man z. B. Schmieröl in eine Sauerstoffatmosphäre mit hohem Sauerstoffanteil ein, dann kann sich das Schmieröl sogar ohne Zündfunken z. B. an einer heißen Oberfläche entzünden und - begünstigt durch den hohen Sauerstoffanteil - schlagartig verbrennen. Eine solche Reaktion kann sich z. B. in einer Vakuumpumpe abspielen, in der sich Maschinenöl zur Schmierung befindet. Saugt die Vakuumpumpe Sauerstoff aus der Packung ein und kommt er dabei mit dem warmen Maschinenöl in Kontakt, dann kann das - je nach Randbedingungen - zu einem Brand führen. Aber auch die Packungen selbst können u. U. während des Verschließens durch heiße Schweißbalken Zersetzungsgase bilden, die mit Sauerstoff reagieren.

Zusammengefasst entstehen somit Risiken bei Verpackungsmaschinen zur Sauerstoffbegasung aus der Reaktion des Sauerstoffes mit:

Sicherheitstechnische Lösungen
Um diese Gefährdungen zu beherrschen und somit sichere Maschinen bauen zu können, verfolgen die Hersteller verschiedene Wege, die aber alle darauf abzielen, dass das Zustandekommen eines gefährlichen Gemisches von Sauerstoff und Brennstoff verhindert wird. Eine mögliche Lösung sind Vakuumpumpen, die für das Ansaugen von Sauerstoff geeignet und geprüft sind. Diese Pumpen sind u. a. mit einer speziellen Flüssigkeit gefüllt, die nicht mit Sauerstoff reagieren kann. Sie sind allerdings erheblich teurer als einfache Vakuumpumpen. Ein anderer Weg stellt sicher, dass kein Sauerstoff mehr in die Pumpe angesaugt werden kann. Auf diese Weise verfügen die Maschinen trotz einfacher Vakuumpumpe über die notwendige Sicherheit für den Betreiber.
Weitere Aspekte und Komponenten spielen bei der Verwendung von Sauerstoff als Begasungsmittel eine wichtige Rolle: z. B. die Dichtungen, die Werkstoffe der Heizungen, die Gestaltung heißer Oberflächen, Schläuche, Armaturen und Verbindungen sowie die gesamte Gasführung. Hierbei müssen weitergehende sicherheitstechnische Überlegungen angestellt werden.
Die Zusammenarbeit verschiedener Hersteller mit der Prüf- und Zertifizierungsstelle des Fachausschusses Nahrungs- und Genussmittel führte zu zertifizierten Verfahren, die einen sicheren Betrieb der Maschinen mit Sauerstoffbegasung ermöglichen. Leider sind immer wieder auch Maschinen auf dem Markt erhältlich, die keiner ausreichenden Beachtung der sicherheitstechnischen Risiken unterzogen wurden und einfache Pumpen und Begasungsverfahren verwenden. Tritt bei diesen Maschinen ein Fehler auf, so kann das Ansaugen von Sauerstoff in die Pumpe mit den oben beschriebenen Risiken nicht ausgeschlossen werden.
Betreiber sollten sich auf jeden Fall mit dem Maschinenhersteller in Verbindung setzen und sicherstellen, dass die Maschine für den Einsatz mit Sauerstoff angereicherter Atmosphäre geeignet ist. Dies gilt besonders, wenn Altmaschinen vom Betrieb mit Inertgasen, z. B. Stickstoff, auf Sauerstoff umgestellt werden. Wer sichergehen will, dass die Maschine für die Sauerstoffbegasung geeignet ist, sollte auf zertifizierte Verfahren und Produkte zurückgreifen.

Zertifizierte Produkte finden Sie in der Datenbank der geprüften Produkte der Prüf- und Zertifizierungsstelle. www.pz.bgn.de

Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie die Prüf- und Zertifizierungsstelle der BGN an:
Fon: 0621 4456-3430.
Oder schicken Sie eine E-Mail:
maschinen­sicherheit@bgn.de

 

Autor: Müller