Effiziente Instandhaltungsstrategien

Anlagenverfügbarkeit und Anlagensicherheit steigen
von Udo Baitinger | aus Akzente

Bild: Mann trägt Werkzeugkoffer

Die technische Verfügbarkeit der Anlagen ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Setzt diese Verfügbarkeit aufgrund von Störungen aus, bedeutet das nicht eingeplante Ausfallzeiten und hohe Kosten. Instandhalter stehen oft unter einem enormen Druck, die Anlagenverfügbarkeit so schnell es geht wieder herzustellen. Das führt nicht selten zu planlo­sem Vorgehen und Fehlern. Eine effiziente Instandhaltungsstrategie wirkt solch gefährlichem Handeln entgegen und verbessert sowohl die Verfüg­barkeit als auch die Sicherheit des Per­sonals.

Der Kostendruck in der indus­triellen Produktion und Verarbeitung nimmt permanent zu, da die Marktanforderungen an die Un­ternehmen kontinuierlich wachsen. Die Automatisierung wird immer mehr zum Problemlöser. Die Abhängigkeit von der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Systemkomponenten ist sehr stark. Abnehmer solcher Betriebsmittel fordern, dass die Anschaffungskosten so gering wie nötig (manchmal auch wie möglich) sein müssen. Konstrukteure sind deshalb gezwungen, viele Bauteile für einen permanenten Betrieb an ihrer Belastungsgrenze auszulegen (»optimaler« Ressourceneinsatz) und Überdimensionierungen weitestgehend zu vermeiden. Diese Bauteile reagieren jedoch sehr sensibel auf Verschleiß und Defekte. Das Auffinden von Schwachstellen wird immer schwieriger und Instandhaltungsarbeiten werden zunehmend komplexer. Instandhaltungsarbeiten sind ein Unfallschwerpunkt. Mit einem hohen Anteil an tödlichen Unfällen. Selbst die nicht tödlichen Unfälle sind häufig mit schweren Verletzungsfolgen und langen Ausfallzeiten verbunden. Für den Betrieb bedeuten diese Unfälle Kosten in teilweise beträchtlicher Höhe. All das muss nicht sein. Ziel einer geplanten sach- und zeitgerechten Aufgabenerfüllung durch die Instandhaltung ist es, die gesamten Anlagen- und Anlagenausfallkosten auf ein Minimum zu senken. Die Auswahl einer geeigneten Instandhaltungsstrategie, die der Anlagenverfügbarkeit und der Anlagensicherheit gleichermaßen dient, ist damit ein entscheidender Faktor für den betriebswirtschaftlichen Erfolg.

Instandhaltungsstrategien
Es lassen sich drei grundsätzliche Instandhaltungsstrategien unterscheiden:

Jede der drei Strategien hat ihre Vor- und Nachteile. Das Geheimnis einer erfolgreichen Instandhaltung liegt in der intelligenten und individuellen Kombination der drei Strategien. Eine effiziente Instandhaltungsstrategie ist immer eine maßgeschneiderte Lösung und muss auf die unternehmensspezifischen Voraussetzungen sowie die Unternehmens- und Wettbewerbsziele abgestimmt sein.

Instandhaltungsgerechte Konstruktion
Instandhaltungsstrategie beginnt schon bei der Planung einer Anlage. Aus den Erfahrungen der Instandhaltung lassen sich für die Planung und Auswahl neuer Maschinen und Anlagen wichtige Anforderungen ableiten, z. B.:

Eine instandhaltungsgerechte Konstruktion hat zum Ziel, die Instandhaltungskosten zu minimieren und auch Gefährdungen bei den und durch Instandhaltungsarbeiten zu vermeiden. Instandhaltungsanforderungen bereits beim Maschinen- und Anlagenkauf zu berücksichtigen kann erhöhte Anschaffungskosten bedeuten. Sie amortisieren sich in der Regel innerhalb kurzer Zeit.

Eine effiziente Instandhaltungsstrategie ist immer eine maßgeschneiderte Lösung.

Instandhaltungsarbeiten sind nicht ungefährlich
Die Aufgabenbereiche der Instandhaltung werden immer komplexer und umfangreicher. Neben den klassischen Gefährdungen spielen zunehmend Gefährdungen aus dem organisatorischen und psychologischen Bereich eine Rolle. Die Höhe der Ausfallkosten hängt in erster ­Linie von den Stillstandszeiten ab, in denen Instandhaltungsarbeiten durch­geführt werden müssen, was generell einen Zeitdruck bewirkt. Bei ungeplanten Instandhaltungsmaßnahmen, z. B. Störungsbeseitigungen, ist der Zeitdruck besonders spürbar, wenn auch noch Produktionsmitarbeiter den Instandhalter bedrängen, sich zu beeilen, damit die Produktion weiterlaufen kann. Nur wer Erfahrung und Fachwissen besitzt, kann in solchen Situationen Gefährdungen erkennen und Risiken einschätzen. Es ist deshalb sehr wichtig, das Instandhaltungspersonal zu qualifizieren und permanent weiterzubilden.

Sicherheit mitdenken

Ein Beispiel: Ein Gärbottich wurde zur Reinigung entleert. Man hielt es für ausreichend, das restliche, im Bottich verbliebene Kohlendioxid nach dem Schiebern mittels Wasserstrahl niederzuschlagen und auszuspülen. Anschließend stieg ein Mitarbeiter alleine über eine Leiter in den Bottich, um von Hand nachzureinigen. Er wurde später tot auf dem Boden liegend gefunden. Der Mann war vermutlich ausgerutscht und gestürzt. Er hatte das Kohlendioxid, das sich immer noch unmittelbar über dem Bottichboden befand, eingeatmet und war erstickt.

Vor Beginn der Instandhaltungsarbeiten sind die Sicherheitsmaßnahmen in einem interdisziplinären Team detailliert zu planen und festzulegen - z. B. auch der Einsatz von Sicherheitsausrüstung und sonstiger Hilfmittel. Auch die Mitarbeiter der Produktion und deren spezielle Kenntnisse sollten mit einbezogen werden. In dem geschilderten Fall hätte man bei der Planung einer sicheren Instandhaltung die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kohlendioxid berücksichtigen und ein Gaswarngerät einsetzen müssen. Wer nur die technische Störungsbeseitigung allein betrachtet, nimmt ungewollte und gefährliche Zustände der Anlagen, Arbeitsmittel oder von Teilen davon während und nach der Maßnahme in Kauf. Damit Mensch, Technik und Umwelt nicht gefährdet werden, müssen auch diese Aspekte bei der Planung mitgedacht werden.
Wenn Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, kann sich das Risikopotenzial vorhandener und bekannter Gefährdungen verändern. Auch neue Gefährdungen lassen sich nicht ausschließen. Sie entstehen z. B. aufgrund un­bewusst vorgenommener Änderungen an der Anlage oder aufgrund von Änderungen, bei denen man die entstehenden Wechselwirkungen nicht ausreichend betrachtet hat. Und auch scheinbar belanglose Eingriffe in eine Anlage können zu Änderungen führen, die die Sicherheit der Anlage beeinflussen oder sogar ihr Sicherheitskonzept unwirksam machen.
Hierzu ein Beispiel: Die Entlüftungsleitung eines Kondensatortanks endete in der Nähe eines Treppenaufgangs. Um diese ungünstige Situation zu verbessern, verlängerte man die Leitung bis zum Dach des Gebäudes. Dadurch kam es zur Kondensation im Innern der Entlüftungsleitung. Als ein Mitarbeiter die Leitung zu Wartungszwecken öffnete, schoss ein Schwall angesammeltes heißes Dampfkondensat aus der Leitung. Der Mann erlitt schwere Verbrennungen.
Änderungen an Anlagen werden aber auch bewusst im Rahmen von Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Für die Zeit der Arbeiten sind eventuell Umbauten erforderlich oder es müssen Anlagenteile außer Betrieb genommen werden. Dies kann zu sicherheitstechnischen Problemen führen, was in der Planung berücksichtigt werden muss. Der Aspekt der Sicherheit ist somit zwingend bei der Planung und Durchführung der Maßnahme zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist die Gefährdungs- bzw. Risikobeurteilung in einem interdisziplinären Team zentrales Instrument.

 

Die Auswahl einer geeigneten Instandhaltungsstrategie, die der Anlagenverfügbarkeit und der Anlagensicherheit gleichermaßen dient, ist ein entscheidender Faktor für den betriebswirtschaftlichen Erfolg.

EFFIZIENTE STRATEGIE
Instandhaltungsstrategien sollten grundsätzlich Folgendes
berücksichtigen:
Instandhaltungsgerechte Konstruktion schon in der
Anlagenplanung berücksichtigen
Qualifiziertes Fachpersonal zur Ausführung der
Instandhaltungsmaßnahmen einsetzen
Instandhaltungsmaßnahmen im
interdisziplinären Team planen
Maschinen- und
Anlagensicherheit aufrechterhalten
Anlagenzustand dokumentieren

Maschinen- und Anlagensicherheit
Maschinen- und Anlagensicherheit bedeutet, alle Maßnahmen durchführen, die die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Betriebsmittel gewährleisten. Instandhaltung ist stets ein Eingriff in dieses System und hat deshalb direkten Einfluss auf die Sicherheit des Personals. Jeder Eingriff in eine Anlage muss die Sicherheit während der Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen selbst und im anschließenden Normalbetrieb gewährleisten. Damit kommt der Instandhaltung eine entscheidende Rolle zu, die Arbeitssicherheit der Betriebsmittel aufrechtzuerhalten. Nach Abschluss der Instandhaltungsmaßnahmen müssen die Maschinen und Anlagen in einem sicheren und betriebsfertigen Zustand übergeben werden. Ein Probelauf sowie eine Funktionsprüfung der Schutzeinrichtungen sind zwingend.

Auch hier ein Beispiel: An der Entpalettierungsanlage eines Getränkebetriebes hatte sich eine auslaufende Leerpalette an einem Kunststoffband verfangen. Ein Mitarbeiter wollte die Störung beheben. Die Schraubverbindungen des Schutzgitters waren bei früheren Instandhaltungsarbeiten gelöst und nicht wieder korrekt angebracht worden. Weil er sich den Weg zur Schutztür auf der anderen Seite sparen wollte, entfernte der Mann das lose Gitter und betrat die Anlage - ohne sie stillzusetzen. Als er sich über eine seitliche Öffnung beugte, löste er eine Funktionslichtschranke aus. Eine Greifeinrichtung setzte sich in Gang, klemmte ihn ein und verletzte ihn schwer.
Instandhaltungsmaßnahmen tragen auch wesentlich dazu bei, die Zuverlässigkeit von Sicherheitsbauteilen zu erhöhen. Wer Fehler bei Instandhaltungsarbeiten sowie ungewollte Auswirkungen aufgrund durchgeführter oder unterlassener Instandhaltungsarbeiten verringern und verhindern will, der muss sich geeigneter Managementsysteme bedienen. Im Nahrungsmittelbereich ist ebenso eine hygienegerechte Instandhaltung wichtig, damit Produktion und Lebensmittel nicht nachteilig beeinflusst werden.

 

Bild: Instandhaltung einer Anlage

Dokumentation
Nach Abschluss der Instandhaltungsarbeiten sollte der Anlagenzustand dokumentiert werden. Vermerkt werden sollten dabei insbesondere auch Probleme, die während der Arbeiten eventuell aufgetreten sind. Detaillierte Informationen über Stand und Entwicklung der Betriebsmittel dienen als Grundlage für die Planung künftiger Instandhaltungsmaßnahmen. Auf diese Weise wird eine kontinuierliche Verbesserung der Effizienz und Sicherheit der Instandhaltungsarbeiten und des Anlagenbetriebs erzielt. Die Dokumentation des Anlagenzustandes ist somit ein weiterer Bestandteil effizienter Instandhaltungsstrategien.

BGN unterstützt die Betriebe
Die BGN-Prävention hat ihr Dienstleistungsangebot auf dieses Gebiet ausgedehnt. Sie unterstützt die Betriebe, bedarfsgerechte Lösungen für ihre branchenspezifischen Problemstellungen zu finden: In einer Analysephase wird die bestehende Instandhaltungsstrategie und -organisation unter technischen und betriebswirtschaftlichen Kriterien analysiert. In der Planungsphase wer­den Verbesserungspotenziale aufgedeckt, Ziele definiert und die weitere Vorgehensweise abgestimmt. In der Organisationsphase wird die Umsetzung der in der Planungsphase definierten Punkte vorbereitet. In der Umsetzungsphase wird die neue Strategie realisiert. Die Umsetzungsphase unterliegt einer ständigen Kontrolle, um den Erfolg der neuen Strategie zu beobachten und gegebenenfalls das System weiter zu optimieren

Weitere Infos:
Abteilung "Zentrale Anlagenberatung - Internationale Verbindungen"
Fon: 0621 4456-3430
E-Mail: anlagenberatung@bgn.de

 

Autor: Baitinger