Sicherheit von Gebrauchtmaschinen

Fallbeispiele aus der Praxis
von Thomas Gangkofner | aus Akzente

Wie die Sicherheit einer Gebrauchtmaschine bei deren Anschaffung beurteilt werden muss, hängt auch davon ab, woher sie kommt. In Ergänzung zu dem Artikel »Aus zweiter Hand« in der letzten Ausgabe von akzente (3/06) lesen Sie nachfolgend vier Fälle des Inverkehrbringens von Gebrauchtmaschinen, wie sie in der Praxis häufig vorkommen.

Bei den nachfolgend geschilderten Fällen wird jeweils davon ausgegangen, dass das Inverkehrbringen eines Produktes im Sinne des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) vorliegt.

Fall 1:
Eine Gebrauchtmaschine wird in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) eingeführt.
Die Einfuhr einer Gebrauchtmaschine in den EWR fällt unter eine Richtlinie gemäß § 3 Abs. 1 GPSG, nämlich die Maschinenrichtlinie (MRL). Diese stellt die Einfuhr einer Gebrauchtmaschine in den EWR dem Inverkehrbringen eines innerhalb des EWR neu hergestellten Produktes gleich. Das bedeutet: Auf diese Gebrauchtmaschine muss die zum Zeitpunkt ihrer Einfuhr in den EWR aktuell geltende Fassung der MRL angewendet werden. Das gilt sowohl für technische Arbeitsmittel als auch für Verbraucherprodukte. Die Gebrauchtmaschine muss die Sicherheitsanforderungen des Anhangs I der aktuellen MRL erfüllen. Ist sie nicht zum Einbau in eine andere Maschine bestimmt, benötigt sie eine Konformitätserklärung und eine CE-Kennzeichnung, andernfalls eine Herstellererklärung. Verantwortlich für die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen der Richtlinie sind der Hersteller bzw. dessen Bevollmächtigter im EWR oder der Importeur.

Fall 2:
Eine Gebrauchtmaschine ist ein technisches Arbeitsmittel, z. B. eine Flaschenfüllmaschine, und wechselt innerhalb Deutschlands den Besitzer.
Für die Beurteilung der Sicherheit ist nach § 4 Abs. 3 GPSG die Rechtslage zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens in Deutschland maßgeblich:

Vor allem für ältere Maschinen kann dieses Beurteilungskriterium jedoch im Widerspruch zur Forderung aus § 4 Abs. 2 GPSG stehen, dass eine Gefährdung auch bei vorhersehbarer Fehlanwendung ausgeschlossen sein muss. Vor Inkrafttreten der Maschinenrichtlinie gab es nämlich keine vergleichbare Anforderung. So kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Fehlverhalten schon beim Bau der Maschine berücksichtigt wurde.

Fall 3:
Eine Gebrauchtmaschine ist ein Verbraucherprodukt, z. B. eine Schlagbohrmaschine, und wird innerhalb Deutschlands verliehen.
Maßgeblich für die Beurteilung der Sicherheit sind die Beschaffenheitsanforderungen zum Zeitpunkt des momentanen Inverkehrbringens in Deutschland, also des Verleihzeitpunkts. Das GPSG schreibt zwar vor, welche Aspekte in die Bewertung einbezogen werden müssen, macht aber keine detaillierten Angaben, nach welchen Kriterien diese Beurteilung erfolgen soll. Es wird lediglich auf die Möglichkeit verwiesen, Normen und andere Spezifikationen heranzuziehen. Man könnte geneigt sein, Anhang 1 der BetrSichV zur Beurteilung heranzuziehen. Die dort enthaltenen grundlegenden Anforderungen sind für die konkrete Beurteilung einer bestimmten Maschine jedoch nicht wirklich hilfreich.
Auch lassen die unterschiedlichen Anforderungen an technische Arbeitsmittel und an Verbraucherprodukte schließen, dass Verbraucherprodukte ein höheres Sicherheitsniveau aufweisen sollen als technische Arbeitsmittel. Aus der Formulierung des § 4 Abs. 4 GPSG lässt sich nach der hier vertretenen Auffassung ableiten, dass es sich bei den genannten Normen und Spezifikationen um die für den fraglichen Maschinentyp aktuell gültigen handelt. Aus der Kann-Bestimmung kann auch geschlossen werden, dass die Gebrauchtmaschine nicht in allen Einzelheiten diesen aktuellen Normen und Spezifikationen genügen muss, sondern dass es darauf ankommt, dass sie bei einem Vergleich mit diesen Spezifikationen auch aus Sicht des aktuellen Standes der Technik als sicher gilt.

Fall 4:
Eine Gebrauchtmaschine wird aus einem EWR-Land nach Deutschland eingeführt.
Maßgeblich ist der Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens in Deutschland. Nach § 4 Abs. 2 GPSG muss die Maschine sicher sein. Für die Beurteilung der Sicherheit gilt dasselbe wie in Fall 3, nun aber nicht nur für Verbraucherprodukte sondern auch für technische Arbeitsmittel.

Für alle Fälle gilt:
Gemäß § 4 Abs. 4 GPSG muss eine Aufstellungsanweisung und eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitgeliefert werden, falls dies für den sicheren Betrieb der Gebrauchtmaschine erforderlich ist. Es wird jedoch kaum eine Maschine geben, die ohne ausreichende Betriebsanleitung sicher betrieben werden kann. Daher sollte der Käufer nicht nur auf die technische Sicherheit achten, sondern er sollte immer auch auf der Lieferung einer vollständigen Betriebsanleitung bestehen.

 

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Autor: Gangkofner