Betriebsinternes Verfahren zur CE-Kennzeichnung

von Elfi Braun | aus Akzente

Bild: Stefanie Heitel

Die Ausweitung der Produktionskapazitäten von Instantsuppen machte im Unilever-Werk im sächsischen Auerbach Installationen neuer Produktionslinien aus verschiedenen Maschinen und Anlagenteilen, aber auch Anlagenumbauten und
-umgestaltungen notwendig. Damit verbunden waren die Gefahrenanalyse und CE-Kennzeichnung der neu »hergestellten« Produktionslinien. Bei Unilever entschied man sich, das gesamte Verfahren selbst durchzuziehen. Es entstand das CE-Projekt.

Ausbau und Erweiterung der Produktionslinien im Werk Auerbach machten den Betreiber Unilever rechtlich zum Maschinenhersteller. Damit war in diesem Fall laut EG-Maschinenrichtlinie eine klar definierte Verpflichtung verbunden: die Ausstellung von Konformitätserklärungen für diese Produktionslinien und die CE-Kennzeichnung. Bis es so weit war, musste zuvor das CE-Kennzeichnungsverfahren mit Gefahrenanalyse, Risikoabschätzung und -bewertung, Risikominderung und technischer Dokumentation durchgezogen werden. »Das machen wir selbst«, entschied Tobias Hänig, Leiter der technischen Projektplanung im Hause Unilever in Auerbach, wohl wissend, dass darin eine Menge Arbeit steckt, die keiner mal so nebenbei erledigen kann.


Sicherheitskoordinator Peter Merforth, Praktikantin und
Projektkoordinatorin Stefanie Heitel,
Pamela d'Anterroches, Leiterin der technischen Projektplanung

Projektkoordination als Praktikumsstelle
Hänig hatte eine Idee, wie er ohne große finanzielle Anstrengungen die notwendige Manpower für dieses Vorhaben bekommen würde: Er schrieb eine studentische Praktikumsstelle aus - für die Koordination und Durchführung eines CE-Projekts. Gemeldet hat sich Stefanie Heitel, Studentin des Wirtschaftsingenieurwesens an der Technischen Universität Freiberg in Sachsen. Sie erinnert sich: »Ich wusste bis dahin nicht viel über CE. Das Projekt aber klang spannend, insbesondere auch weil Unilever mir viel Freiraum bei der Vorgehensweise in Aussicht stellte. Gefallen hat mir auch, dass vieles in Teamarbeit laufen sollte. Ich habe gern zugesagt.«
Für die Dauer des Projektes sollte die Praktikantin als Fulltime-Job die einzelnen Verfahrensschritte strukturieren, inhaltlich vorbereiten, den Ablauf organisieren, im Team mit anderen Mitarbeitern Gefahrenanalysen durchführen und für die an Schnittstellen entstehenden Gefahrstellen Schutzmaßnahmen ausarbeiten. Anschließend sollte sie die Maßnahmen in Absprache mit der Werksleitung auf den Weg bringen sowie abschließend die technischen Dokumentationen, Anlagenbetriebsanleitungen und Konformitätserklärungen erstellen. Eine Menge Holz für eine Anfängerin.
Stefanie Heitel wollte ihre Arbeit gründlich machen und sie hat sich mächtig reingekniet. Als Erstes schaffte sie sich eine fundierte theoretische Wissensgrund­lage. Sie studierte die einschlägige Literatur wie den BGN-Handlungsleitfaden Maschinen- und Anlagensicherheit, technische Normen und Fachbücher, um sich das komplexe Aufgabenfeld zu erschließen. Auch Unilever stellte Wissen zur Verfügung. Tobias Hänig machte ihr das im Werk vorhandene Know-how über Gefährdungsbeurteilungen sowie die Informationen und Kenntnisse über die Anlagen zugänglich. Und über den Technischen Aufsichtsbeamten Jürgen Walter stellte er Kontakt zu den BGN-Experten her. Stefanie Heitel: »Wir haben einen Spezialisten der BGN, Herrn Stoye, gebeten zu schauen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Das hat er gemacht. Er kam zu uns in den Betrieb und wir haben sehr intensiv mit ihm und Herrn Walter über unser Vorhaben gesprochen. Dabei erhielten wir auch wichtige Hinweise zum Vorgehen und über die bisherigen Erfahrungen auf diesem Gebiet.«

 

CE-Kennzeichnungsverfahren und Gefahren­analyse können mit eigenen Ressourcen durchgeführt werden. Bei Bedarf vermittelt die BGN das notwendige Wissen (siehe Tabelle)

Das Projekt bekannt machen und Akzeptanz sichern
Dann die ersten Schritte in der Praxis. Stefanie Heitel erzählt: »Ich habe zunächst eine Woche lang in der Produktion mitgearbeitet, um die Anlagen und ihre Funktionsweisen kennenzulernen.« Das hatte auch den Vorteil, dass sie Bekanntschaft mit den Leuten schloss, die an den Anlagen arbeiten. »Wenn man viel mit den Leuten spricht, findet man eine Menge heraus, auch wer wirklich kreativ ist. Kommunikation ist sehr wichtig, das hat sich im Laufe des Projekts immer wieder bestätigt.« In dieser Zeit wurde das CE-Projekt auch allen Mitarbeitern bei ihrer monatlichen Sicherheitsschulung vorgestellt. Stefanie Heitel: »Es war wichtig, von Anfang an deutlich zu machen, dass hier keiner übergangen werden sollte. Wichtig war auch, den Leuten klarzumachen, dass es um Gefahrenbeseitigung, also um ihre Sicherheit, ging und dass wir ihre Erfahrungen und Ideen brauchten, um zu beurteilen, was praktikabel ist.«
Inzwischen erledigte die Projektkoordinatorin viel Detailarbeit. Sie erfasste die einzelnen Maschinen und Komponenten und deren Grenzen. Sie legte die Schnittstellen fest und dokumentierte alles an einer zentralen Stelle in der Datenbank des internen Managementsystems. Sie definierte und beschrieb die einzelnen Aufgabenschritte und fertigte Verlaufsskizzen an. Sie entwickelte Formulare, wie z.B. ein detailliertes Risikobeurteilungsblatt mit 3 verschiedenen Risikoklassen, und hielt den Kontakt zur BGN.


Das CE-Projekt war Teamarbeit, bei der alle Teammitglieder Erfahrungen und Ideen einbrachten.

Projektausführung im Mitarbeiter-Team
Als nächstes wurden die CE-Teams gebildet. Ein fester Stamm, bestehend aus dem Werksmanagement, dem Betriebsrat, der Koordinatorin, dem Leiter der Zentralwerkstatt, dem Leiter der Schichtwerkstatt und dem Sicherheitskoordinator Peter Merforth, war in die gesamte Teamarbeit eingebunden. Hinzu kamen jeweils Vertreter des Anlagenpersonals eines bestimmten Linientyps. In der Regel waren das der Sicherheitsbeauftragte oder der im Linienteam für die Sicherheit Verantwortliche. Sie waren in die jeweiligen Gefahrenanalysen eingebunden, sie schlugen Maßnahmen vor und waren an der endgültigen Festlegung der Maßnahmen beteiligt. Peter Merforth erklärt: »Bei sicherheitstechnischen Maßnahmen an Anlagenschnittstellen braucht man die Erfahrungen der Mitarbeiter vor Ort.«
Und so sind unter der Mitarbeit des Bedienpersonals ganz unterschiedliche Lösungen für die sichere Gestaltung der Schnittstellen herausgekommen. Projektkoordinatorin Stefanie Heitel wachte indes darüber, dass sie den einschlägigen Normen entsprachen. Pamela D'Anterroches, Tobias Hänigs Nachfolgerin und jetzige Leiterin der technischen Projektplanung, erzählt: »An manchen Stellen mussten wir nur Abstände verringern oder vergrößern. An anderen haben wir große Umhausungen mit Schutztüren geplant. Die haben sich mittlerweile als für den Produktionsablauf höchst effizient herausgestellt und finden große Akzeptanz beim Personal.« Mehrere Einzelverkleidungen fanden ihre Kollegen dagegen nicht gut, weil sie keine positiven Erfahrungen damit gemacht hatten. An bestehenden Anlagen hatten sie sich immer wieder als Störquelle erwiesen und auch bei der Reinigung gab es Probleme. Pamela D'Anterroches: »Deshalb haben wir nach anderen Lösungen gesucht.«
Während der gesamten Zeit wurde die Belegschaft in regelmäßigen Info-Veranstaltungen auf dem Laufenden gehalten. Stefanie Heitel: »Wir haben allen die definierten Standards, z.B. Verantwortlichkeiten, Sicherheitsabstände, Verfahrensabläufe, vorgestellt und die geplanten sicherheitstechnischen Maßnahmen erläutert.« Und je weiter das CE-Projekt fortschritt, desto müheloser gingen Stefanie Heitel die Sachen von der Hand: »Nachdem wir eine Linie untersucht hatten, lief es mit der nächsten schon schneller. Man bekommt mit der Zeit den Blick für das Wesentliche.«

 

BGN-DIENSTLEISTUNGEN ANLAGENSICHERHEIT
Die BGN bietet den Betrieben an, ihnen das notwendige Wissen zu vermitteln, damit sie die Anforderungen eines CE-Kennzeichnungsverfahrens erfüllen. Das beinhaltet auch Methoden und Techniken, mit denen die Gefahrenanalyse nach EG-Maschinenrichtlinie durchgeführt werden kann.

Das Angebot umfasst ein Grundlagenseminar, eine Basisberatung und Coaching/Projektbetreuung. Mehr Infos und Anfragen: Fon 0621 4456-3526, Fax 0621 4456-3470 |
E-Mail: anlagenberatung@bgn.de

Nachhaltiges CE-Know-how im Betrieb
Stefanie Heitels Arbeit im CE-Projekt ist abgeschlossen. Alle technischen Unterlagen sind komplett, die CE-Kennzeichnungen für die einzelnen Linien liegen zum Anbringen bereit. Bevor die Studentin zunächst zurück an die Uni geht, hat sie organisiert, dass das CE-Projekt am Leben bleibt und die Anlagendokumentation gepflegt wird. Sie erklärt: »Es wird weiterhin Änderungen an den Anlagen geben. Ich habe Formblätter entwickelt, womit die Linienverantwortlichen die Änderungen an eine zentrale Sammelstelle bzw. den für CE Verantwortlichen melden können und die Änderungen dort erfasst werden.« Festgelegt ist z.B. auch, dass bei Veränderungen an Maschinen die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen. Stefanie Heitel hat alle Anlagenmechaniker mit einer Maßeübersicht versorgt. Und wenn wieder einmal »wesentliche Veränderungen« vorgenommen werden und damit Handlungsbedarf in Sachen CE-Kennzeichnung besteht, ist auch alles vorbereitet: Sie hat alle Arbeitsschritte inklusive ihrer Abfolge beschrieben und hinterlegt. Um die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen dauerhaft zu gewährleisten, werden die Anlagenschnittstellen bei der jährlichen Gefährdungsbeurteilung nachkontrolliert.
Bei Unilever in Auerbach ist man mit dem Projektverlauf und Stefanie Heitels Arbeit hoch zufrieden. Sicherheitskoordinator Peter Merforth: »Alle merken den Fortschritt sowohl sicherheitstechnisch als auch in Bezug auf die Anlagenverfügbarkeit. Das motiviert die Mitarbeiter, auch in anderen Sicherheitsfragen mitzuarbeiten. Entscheidend ist auch, dass wir hier im Werk ein CE-Know-how verankert haben, mit dem wir auch in Zukunft ohne fremde Hilfe arbeiten können.«

 

Autor: Braun