Von Kollege zu Kollege


Bei CP Kelco Germany GmbH in Großenbrode ist Arbeitsschutz in aller Munde
von Elfi Braun | aus Akzente

Bild: Mitarbeiter von CP Kelco Germany GmbH



Sich gegenseitig zu sicherem Verhalten motivieren und es bei Missachtung aktiv einfordern – das ist nicht ganz leicht. Wie es erfolgreich geht, zeigt die CP Kelco Germany GmbH in Großenbrode. Das Unternehmen setzt im Arbeitsschutz ein modernes, offenes Kommunikationskonzept um. Dafür erhielt es den BGN-Präventionspreis 2004 in der Kategorie »Programme, Konzepte und Systeme für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung«.

Mit einem Lächeln wendet sich Heiner K. an seinen Kollegen: »Und die Schutzbrille?« Mehr muss er gar nicht sagen. Bernd S. greift in die Jackentasche und setzt die Brille auf. Eine Situation, wie sie auf dem Werksgelände der CP Kelco Germany GmbH in Großenbrode selten, aber hin und wieder schon mal vorkommt. Hier ist es keine Lehrmeisterei, wenn sich Kollegen gegenseitig auf gutes Verhalten hinweisen, sondern das Ergebnis eines stimmigen Konzeptes und konsequenter Arbeit.
1999 wurde in der zweitgrößten und modernsten Pektinfabrik der Welt festgestellt, dass sich trotz sehr hohem Arbeitsschutzniveau dennoch pro Jahr 2 bis 3 meldepflichtige Unfälle ereigneten. Danach wurde eine Kurskorrektur beschlossen. Mit hoher technischer Sicherheit und Regulatorien in der Arbeitsorganisation allein kam CP Kelco bei der Senkung der Unfälle nicht mehr weiter. Sicherheitsingenieur Chris­tian Faecks erzählt: »Wir mussten stärker an das Sicherheitsverhal­ten der Mitarbeiter ran. Hier gab es noch Verbesserungspotenzial – z.B. beim konsequenten Benutzen der persönlichen Schutz­ausrüs­tung. Wir haben das Konzept 24/7 nach den Arbeitsschutzprinzipien von DuPont eingeführt und auf unsere Anforderungen zugeschnitten.« 24/7 bedeutet: Sicherheit – 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Für die konkrete Umsetzung des Konzepts stellte CP Kelco das Motto auf: Auf Gefahren hinweisen! Sich gegenseitig helfen!

Bild: Mitarbeiter von CP Kelco Germany GmbH



Regeln von allen für alle
Hier sind also die Mitarbeiter in der Pflicht – ganz im Sinne der Grundprinzipien der DuPont'schen Arbeitsschutzkultur: Jeder ist für Sicherheit verantwortlich. Und: Es gibt klare Regeln, zu deren Einhaltung sich alle verpflichten. Christian Faecks: »Die Regeln haben die Mitarbeiter selbst aufgestellt. In jedem Betriebsbereich hat ein Mitarbeiterteam zunächst 5 Regeln zum sicheren Verhalten erarbeitet. Wir nennen diese Regeln das Kernsicherheitsverhalten.« Es ist schriftlich für jeden Betriebsbereich dokumentiert, dort ausgehängt und hat den Stellenwert einer Arbeitsanweisung.
Als Nächstes kam der schwierigere Part, nämlich dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter das Kernsicherheitsverhalten konsequent umsetzen. Faecks: »Sich gegenseitig helfen bedeutet auch, dass die Mitarbeiter dafür verantwortlich sind, sich gegenseitig bei der Einhaltung der Regeln zu unterstützen, also im Bedarfsfall auch regulierend einzugreifen.« Konkret heißt das: Wenn jemand erkennt, dass sich ein Kollege unsicher verhält, muss er mit ihm darüber sprechen. Bleibt das Gespräch ohne Erfolg, dann muss er seinen Vorgesetzten informieren. Der wiederum spricht mit dem Vorgesetzten des angesprochenen Kollegen, und dieser Vorgesetzte spricht dann mit dem Betroffenen und leitet Konsequenzen ein. Wer unsicheres Verhalten toleriert, indem er wegsieht oder ein Auge zudrückt, verhält sich ebenfalls sicherheitswidrig. Er verstößt gegen die Regeln.

 

Gegenseitig regulieren, nicht überwachen
Christian Faecks erklärt: »Gegenseitig regulieren hat aber nichts mit Überwachen zu tun. So darf es nicht rüberkommen. Wir haben diese Pflicht nicht eingefordert, ohne die Leute darauf vorzubereiten. Denn wir wussten, die Kommunikation untereinander ist der Knackpunkt. Z.B. Kollegen, die sich sicherheitswidrig verhalten, runterzuputzen oder zu schikanieren, führt ja zu nichts – außer zu noch mehr Widerstand gegen das Eingeforderte.« Um solchen Situationen vorzubeugen, haben alle Mitarbeiter deshalb ein Kommunikationstraining durchlaufen. Unter Anleitung eines Trainers lernten und übten sie in Rollenspielen, wie sie Kollegen Feed­back auf deren Verhalten geben und wie sie ein Gespräch so führen, dass am Ende eine Win-Win-Situa­tion steht: keine Verlierer, sondern nur Gewinner. christian faecks: »Auch andere zu loben muss oft erst gelernt werden.«
Gesprächsstoff lieferten zu­nächst aber nicht das Sicherheitsbewusstsein und -verhalten der Mitarbeiter, sondern die neuen Methoden. Faecks: »Hier musste Überzeugungsarbeit geleistet werden. Das hat zum einen ein Profi übernommen, der über seine Erfahrungen mit der DuPont'schen Sicherheitskultur erzählte und was für ihn der beste Weg war. Also keine Theorie auf Papier, sondern Konkretes aus dem Arbeitsalltag.« Zusätzlich haben speziell ausgebildete Sponsoren aus den Reihen der eigenen Mitarbeiter Gespräche in den Abteilungen geführt. faecks: »Wir wollen überzeugen und nicht befehlen.« Einsicht soll also zu Verhaltensänderungen führen. Sanktionen und disziplinarische Maßnahmen sind nur im Extremfall vorgesehen.

Bild: Mitarbeiter von CP Kelco Germany GmbH



Die Vorteile werden sichtbar
Für Christian Faecks ist die Kommunikation in der Belegschaft der Schlüssel zum Erfolg: »Wenn Mitarbeiter Mitarbeiter überzeugen und mitziehen, ist das auf Dauer viel wirksamer, als wenn die Argumente von oben kommen.« Bis es dazu kommt, muss manchmal auch so mancher Umweg gegangen werden. Er erinnert sich: »Viele Mitarbeiter waren nicht vom Konzept 24/7 überzeugt. Mit denen sind wir dann nach Luxemburg ins Stammwerk von DuPont gefahren. Sie konnten durchs Werk gehen und mit den Leuten dort reden und sie ausfragen. Und die haben unseren Mitarbeitern dann gesagt: Sicherheit funktioniert, wenn alle mitmachen, und es ist eine gute Sache. Wir haben keine Unfälle.«
Es hat seine Zeit gedauert, bis sich die neue Sicherheitskultur bei den Mitarbeitern von CP Kelco Germany in der Breite durchsetzte. Faecks: »Die Mitarbeiter sehen mehr und mehr die Vorteile. Sie wissen heute viel mehr über Sicherheit und gehen selbstbewusster damit um. Ausreißer gibt es natürlich. Es sind immer wieder dieselben.« Insgesamt wird bei CP Kelco Germany heute aber viel mehr über Sicherheit geredet und das Sicherheitsverhalten ist deutlich höher geworden. Das bestätigen auch die Audits, die das Unternehmen von Zeit zu Zeit durchführt, um zu überprüfen, wo es steht.
Verbesserungen im Sicherheitsverhalten haben auch zur Folge, dass das Kernsicherheitsverhalten von Zeit zu Zeit aktualisiert werden kann. Es hat sich eingespielt, dass die Mitarbeiter immer dann neue Regeln aufstellen, wenn die monatlichen Betriebsbegehungen ergaben, dass das zuletzt festge­leg­te Kernsicherheitsverhalten schon lange Zeit von allen eingehalten wird.
Christian Faecks: »So haben wir einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.« Die Erfolge sind messbar: Die Unfälle sind zurückgegangen. Einen schweren Unfall hat es schon lange nicht mehr gegeben.

 

Zum Kernsicherheitsverhalten in allen Betriebsbereichen gehört: Jeder trägt auf dem Werksgelände immer Schutzhelm, Schutzbrille und Schutzschuhe.

Die CP Kelco Germany GmbH gehört seit 2004 zur Huber Corporation. Huber unterstützt die Sicherheitspolitik von CP Kelco. Ein Firmengrundsatz lautet: Good safety is good business.

 

Autor: Braun