(K)ein Einzelfall

Unfall an einer Flaschenreinigungsmaschine

von Thomas Gangkofner


Foto: Mannlochklappen-Verschluss

Ein schwerer Unfall an einer Flaschenreinigungsmaschine ist u. a. auf den Konstruktionsmangel eines Mannlochklappen-Verschlusses zurückzuführen. Um Gefährdungen und Unfälle in anderen Betrieben zu verhindern, appelliert die BGN an Betreiber und Hersteller von Flaschenreinigungsmaschinen, ihre Maschinen zu überprüfen und gegebenenfalls Nachbesserungen vorzunehmen.


Seit Tagen läuft in dem Getränkebetrieb die Generalüberholung einer Flaschenreinigungsmaschine auf Hochtouren. Bis zu 12 Stunden täglich arbeiten die Monteure der Herstellerfirma, um ihre Aufgabe termingerecht zu erfüllen. Am nächsten Tag soll die Maschine wieder in Betrieb gehen. Bei dem verantwortlichen Monteur Bernd B. herrscht daher auch schon ziemliche Hektik.  


Das Missverständnis

Foto: Mannlochklappe

Ein Probebetrieb ist bereits erfolgt. Die Maschine ist mit Wasser und Natronlauge gefüllt. Der Maschinenführer Stefan S. führt dann auf Weisung von Bernd B. das Entleerungsprogramm durch und lässt dabei aber nur das Wasser ab. Er denkt, die Laugenentleerung sei für den nächsten Tag geplant. "Ist das Entleerungsprogramm fertig?", fragt Bernd B. und meint dabei, dass alles abgelassen sei: "Ich muss noch eine Revisionsklappe prüfen." "Ist fertig", antwortet Stefan S. Er geht aber davon aus, dass der Monteur ebenfalls die Entleerung der Wasserbäder meint und ihm bekannt ist, dass sich die Lauge noch in der Maschine befindet.


Der Knall

Einige Sekunden später hört Stefan S. einen dumpfen Knall. Sofort verwehren dichte Dampfschwaden die Sicht. Es riecht scharf nach Lauge. Stefan S. ruft nach dem Monteur. Keine Antwort. Als der Maschinenführer versucht, entlang der Wand zur Unfallstelle vorzudringen, kommt ihm Bernd B. bereits entgegen. Noch im Laufen entledigt er sich seiner Kleider. Mit Augenspülflaschen und Wasserschlauch leistet Stefan S. geistesgegenwärtig erste Hilfe und leitet die Rettung ein. Lebensgefährlich verätzt wird der Monteur nur wenige Minuten später in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht.

Warum Bernd B. als erfahrener Monteur die Mannlochklappe öffnete, obwohl die Maschine noch mit Lauge gefüllt war, konnte nicht endgültig geklärt werden. Er hätte sich vor dem Öffnen der Klappe über den Füllstand der Maschine informieren müssen.


Die Untersuchung

Bei der Unfalluntersuchung wurden auch technische Ursachen für den Unfall ermittelt: Das Innengewinde des Verschlusshebels, der auf eine an der Maschine befestigte Gewindestange aufgeschraubt wird und damit die Mannlochklappe verschließt, war vollständig zerstört. Vermutlich war die Mannlochklappe während des Öffnens zunächst noch verklemmt. Als   der Verschlusshebel bereits einige Zentimeter abgeschraubt war, öffnete sich die Mannlochklappe aufgrund des anstehenden Laugendrucks offensichtlich schlagartig. Das Innengewinde des Hebels hielt der dynamischen Kraft nicht stand. Der Hebel wurde unter Zerstörung seines Innengewindes von der Gewindestange abgezogen. Die unter Druck austretende Natronlauge traf Bernd B. und führte zu großflächigen Verätzungen der Haut.

Türen und Klappen an Flaschenreinigungsmaschinen müssen so beschaffen sein, dass Lauge oder Heißwasser nicht unkontrolliert austreten kann (§ 32 Absatz 3 BGV D17 "Verpackungs- und Verpackungshilfsmaschinen", bisher VBG 76). Als Lösungsmöglichkeit wird in den Durchführungsanweisungen zu dieser BG-Vorschrift eine Gewindespindel mit Handrad empfohlen. So war auch die beschriebene Maschine ausgerüstet. Allerdings wird bei dieser Lösung davon ausgegangen, dass sich die Mannlochklappe unter dem Flüssigkeitsdruck gleichzeitig mit dem Abschrauben des Verschlusshebels öffnet und dass die Konstruktion auch möglicher dynamischer Beanspruchung standhält. Beides war im vorliegenden Fall nicht gegeben.


Die Nachbesserung

Um zukünftig zu vermeiden, dass sich die Mannlochklappe verklemmen und schlagartig öffnen kann, vereinbarte der Betreiber mit dem Hersteller konstruktive Veränderungen. Der Hersteller sollte den Verschluss so umbauen, dass die Mannlochklappe beim Abschrauben des Verschlusshebels zwangsgeöffnet wird. Hierzu sollte das Ende des Verschlussbügels gabelförmig gestaltet und der Verschlusshebel mit einem Knebel versehen werden, so dass er beim Abschrauben den mit der Mannlochklappe verbundenen Verschlussbügel mitzieht. Der Technische Aufsichtsbeamte der BGN begrüßte diese Lösung unter der Voraussetzung, dass die Konstruktion den zu erwartenden Belastungen standhält.  

Doch bereits beim ersten Einsatz der neuen Konstruktion zeigte sich, dass sich die Enden des Verschlussbügels schon beim Zuschrauben verbiegen. Daraufhin konstruierte der Betreiber selbst einen Verschluss. Durch Festigkeitsberechnungen wurde sichergestellt, dass diese Konstruktion den zu erwartenden Belastungen standhält. Als zusätzliche Maßnahme brachte er einen Sicherungsbolzen an, der ein vollständiges Öffnen der Klappe verhindert.


Allgemeiner Handlungsbedarf

Bei dieser Einzelfalllösung darf es jedoch nicht bleiben. Auch wenn sich derartige Unfälle relativ selten ereignen, so sind sie doch meist folgenschwer und müssen verhindert werden. Die Hersteller müssen ihren Beitrag leisten, indem sie Hinweisen auf mögliche Unfallgefahren nachgehen und geeignete Lösungen anbieten, insbesondere bei der Konstruktion von Maschinen. Viele neue Flaschenreinigungsmaschinen sind auch bereits mit einem zwangsöffnenden Klappverschluss ausgerüstet. Die Hersteller sollten ihre Kunden auch bei der Nachrüstung bereits ausgelieferter Maschinen unterstützen.

Foto: Mannlochklappen-Verschluss

Die BGN hat die Hersteller über den Fall und die konstruktiven Mängel informiert. An die Betreiber von Flaschenreinigungsmaschinen appelliert sie zu ermitteln, ob von ihren Maschinen gleichartige Gefahren ausgehen. Wenn dies der Fall ist, dann sollten sie umgehend in Zusammenarbeit mit dem Hersteller und dem zuständigen Technischen Aufsichtsbeamten der BGN nach geeigneten technischen Lösungen suchen.


Autor: Gangkofner