1. Einleitung

Seit August 1996 besteht für alle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen die Verpflichtung, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen. Grundsätzlich müssen im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung auch psychische Belastungen erfasst, die zu treffenden Maßnahmen festgelegt und entsprechend gesteuert werden. Die Handlungshilfen der BGN aus der ASI 10-Reihe bieten Ihnen hierzu schon praktische, branchenbezogene Ansätze an.

§ 5 (1) des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) fordert, dass durch "eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen" zu ermitteln ist, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Die Änderung des ArbSchG vom 19.10.2013 hat der Gesetzgeber u. a. dazu genutzt, klarzustellen, dass auch "psychische Belastungen bei der Arbeit" im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden müssen (§ 5 (3) Nr. 6 ArbSchG).

Sind psychische Belastungen aber noch nicht oder nicht ausreichend in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt, wird dazu eine spezielle Beurteilung notwendig sein.

Im Folgenden finden Sie praktische Tipps und Hilfen zur angemessenen Beurteilung psychischer Belastungen.

Die gefundenen Belastungen und die festgelegten Maßnahmen sollten dann auch wieder in die zentrale Dokumentation der (Gesamt-) Gefährdungsbeurteilung übernommen werden, so dass dann eine zentrale, abgestimmte Steuerung und Durchführung von Maßnahmen (z. B. Arbeitsplatz- und Arbeitsablaufgestaltung, Qualifizierung, Unterweisung, Informationen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) ermöglicht wird.

Was genau versteht man nun unter psychischen Belastungen?

Psychische Belastungen sind die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf einen Menschen zukommen und seine Psyche, das heißt Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Verhalten, beeinflussen (DIN EN ISO 10075-1).

Diese Belastungen werden in fünf Merkmalsbereiche eingeteilt. Belastungen können sich demnach ergeben durch:

Der Begriff "Belastung" ist dabei nicht negativ, sondern neutral zu verstehen. Eine ausführliche Auflistung der Merkmalsbereiche und möglicher Ausprägungen finden Sie in Kapitel 4.

Alle Belastungen wirken sich auf den Menschen aus. Maßnahmen zur Arbeitsgestaltung sind immer dann notwendig, wenn sich durch die Belastungen Gefährdungen für die Gesundheit der Beschäftigten ergeben. Aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt besteht weitgehend Konsens, dass psychische Einflussfaktoren zunehmen, z. B. durch die fortlaufende Beschleunigung von Fertigungs-, Dienstleistungs- und Kommunikationsprozessen.

Psychische Einflussfaktoren, die nicht den menschlichen Leistungsvoraussetzungen entsprechen, können negative Folgen nach sich ziehen. Handlungsbedarf besteht immer dann, wenn sich aus den psychischen Belastungen für die Beschäftigten Gesundheitsgefahren ergeben. Dabei geht es aber immer um die Beurteilung von Arbeitsbedingungen, nicht um die Beurteilung von Menschen! (siehe auch www.gda-psyche.de)

Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen bietet auch immer die Chance, Dinge im Betrieb zu verbessern und Entwicklungspotenziale zu entdecken. Grund genug, entschlossen auch psychische Belastungen in den Fokus der Arbeitsgestaltung zu rücken.

Die Gefährdungsbeurteilung als zentrales Instrument

Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Instrument im Arbeitsschutz. Im Vergleich zu anderen Gefährdungen wie z. B. mechanischen, chemischen oder biologischen Gefährdungen gibt es bei den psychischen Gefährdungen keine verbindlichen Grenzwerte, die deutlich machen, wann negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten entstehen. Die Führungskräfte müssen selbst beurteilen, welche Belastungen zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit der Beschäftigten führen könnten.

Die Ermittlung und Beurteilung der Arbeitsbedingungen sollte aber immer zusammen mit den Beschäftigten erfolgen, da diese ihren Arbeitsplatz und dessen Herausforderungen am besten kennen und meist auch gute Ideen haben, wie Arbeitsabläufe verbessert, Probleme beseitigt und damit auch Belastungen reduziert werden können. Dies gilt in ganz besonderem Maße für die Beurteilung der psychischen Belastungen.

Nach Abschluss der Beurteilung werden Maßnahmen festgelegt, umgesetzt und deren Wirksamkeit überprüft. Die Dokumentation der umgesetzten Maßnahmen dient auch zur Vorlage bei Prüfungen durch die zuständigen Behörden.

Damit die Beurteilung psychischer Belastungen zum Erfolg führt, ist eine gute und sorgsame Planung des Vorgehens wichtig. Auch dürfen die Aspekte des Datenschutzes und die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten nicht übersehen werden. In der vorliegenden Arbeitssicherheitsinformation werden daher die folgenden Fragen beantwortet:

 

 

Autor: Hartmann
2022-07-24