4. Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung

4.1 Anlässe zur Gefährdungsbeurteilung

Mit der Gefährdungsbeurteilung werden alle Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten im Unternehmen einer Ist-Analyse in Bezug auf die bestehenden Gefährdungen und Risiken unterzogen. Dies bedeutet aber auch, dass die Gefährdungsbeurteilung immer dann überprüft und ggf. angepasst werden muss, wenn sich die Verhältnisse an den Arbeitsplätzen ändern. Demnach gibt es folgende Anlässe für die Erstellung oder Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung

 

4.2 Grundsätzliches zur Gefährdungsbeurteilung

Wer führt die Gefährdungsbeurteilung durch und legt die Maßnahmen fest?

§ 5 ArbSchG nennt den Arbeitgeber als den Verantwortlichen für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Der Arbeitgeber wird diese Aufgaben in der Regel zuverlässigen und fachkundigen Personen übertragen. Die Durchführung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung ist entsprechend innerbetrieblich zu organisieren.

Wie sind die Beschäftigten an der Gefährdungsbeurteilung beteiligt?

Die Beteiligung der betroffenen Beschäftigten bei der Ermittlung der Gefährdungen und der Festlegung der Maßnahmen ist eine wichtige Voraussetzung. Zum einen kennen die Beschäftigten die an ihrem Arbeitsplatz auftretenden Gefährdungen und Belastungen sehr gut, zum anderen sind sie über die zu treffenden risikomindernden Maßnahmen zu informieren.

Ein hohes Niveau des Arbeitsschutzes kann nicht vom Arbeitgeber allein erreicht werden; Maßnahmen des Arbeitsschutzes müssen vielmehr von allen Beschäftigten des Betriebes getragen und gelebt werden: Diese Erkenntnis wird auch im Arbeitsschutzgesetz berücksichtigt. Alle Mitarbeiter des Betriebes sind "verpflichtet nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen" (§ 15 ArbSchG). Der Arbeitgeber wiederum muss die Personalvertretung (Betriebs- bzw. Personalrat) zu den von ihm getroffenen Maßnahmen hören; wenn keine Personalvertretung besteht, sind die Beschäftigten in angemessener Art und Weise zu hören.

Wie viele Beurteilungen sind erforderlich?

Eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen wird nicht nur im Arbeitsschutzgesetz, sondern, wie in Abschnitt 1.2 bereits ausgeführt, auch in vielen anderen Rechtsvorschriften gefordert (vgl. Tab. 1). Das führt manchmal zu dem Missverständnis, für diese Aspekte müsse jeweils noch zusätzlich eine eigene Gefährdungsbeurteilung gemacht werden. Tatsächlich soll es aber für jeden Arbeitsplatz bzw. jede Tätigkeit nur eine Gefährdungsbeurteilung geben.

Stellt man bei der Beurteilung fest, dass für eine bestimmte Gefährdung eine "Spezialvorschrift" gilt, so müssen die in der jeweiligen Verordnung genannten Aspekte berücksichtigt werden. Wenn etwa an Arbeitsplätzen in der Getränkeabfüllung, in der Verpackung oder der Produktion ein hoher Lärmpegel herrscht, so sind die in der Lärm- und Vibrations-Arbeitschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) genannten Grundsätze einzuhalten. Gehen die Beschäftigten zusätzlich noch mit gefährlichen Stoffen um, dann sind die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und der entsprechenden Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 400 ff.) zu berücksichtigen. Für die Beurteilung von Explosionsgefahren und die Festlegung von Schutzmaßnahmen wird ein Explosionsschutzdokument erstellt und aktuell gehalten. Und auch die Beurteilung der psychischen Belastungen erfordert in der Regel ein eigenes Instrumentarium. Diese Einzelanalysen sind aber als Bestandteile der Beurteilung der Arbeitsbedingungen im Sinne von § 5 ArbSchG zu sehen. Nur wenn alle zu treffenden Maßnahmen zentral zusammengeführt und verfolgt werden, sind die Einzelaspekte von Sicherheit und Gesundheitsschutz sinnvoll vernetzt und im Alltag auch praktisch umsetzbar.

 

4.3 Ablauf von Gefährdungsbeurteilungen

Der Ablauf der Gefährdungsbeurteilungen muss systematisch erfolgen. Damit wird sichergestellt, dass auch alle relevanten Tätigkeiten betrachtet, die Gefährdungen vollständig ermittelt und die Maßnahmen nach einheitlichen Grundsätzen festgelegt werden. Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung kann in folgende Einzelschritte aufgegliedert werden.

Wie diese Einzelschritte durchzuführen sind, wird in den nachfolgenden Kapiteln ausführlich erläutert (Tabelle 2).

Tabelle 2: Ablaufschritte einer Gefährdungsbeurteilung

  Ablaufschritt beschrieben in
1. Betrachtungseinheiten festlegen Kapitel 5
Abschließend für jede Betrachtungseinheit
2. Gefährdungen ermitteln Kapitel 6.1–6.3
3. Risiken bewerten Kapitel 6.4
4. Maßnahmen festlegen Kapitel 7
5. Maßnahmen durchführen Kapitel 7
6. Dokumentation der Ergebnisse, Steuern und Lenken der Risiken Kapitel 8
7. Wirksamkeit überprüfen, ggf. Gefährdungsbeurteilung anpassen Kapitel 9

 

Autor: Hartmann
2020-7-16