Vertragssache Maschinenkauf

Was bei der Anschaffung neuer Maschinen zwischen den Vertragspartnern zu klären ist

von Andreas Stoye | aus Akzente

Maschinenkauf

Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Wie so oft steckt auch in dieser Redensart mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. So auch, wenn es um die Vertragsinhalte beim Maschinenkauf geht. Spätestens, wenn sicherheitstechnische oder funktionale Mängel an der Maschine auftreten, wird deutlich, wie wichtig schriftlich fixierte Vertragsinhalte sind – oder gewesen wären.

Um es vorwegzunehmen: Die Hinweise in diesem Artikel sind keine juristisch geprüften Textbausteine für Verträge beim Maschinenkauf. Vielmehr soll aus der Sicht der betrieblichen Praxis dargestellt werden, welche technischen und administrativen Aspekte die Vertragspartner bei der Vertragsverhandlung untereinander klären müssen. So kann vermieden werden, dass nichtgeregelte Verantwortlichkeiten ungewollt am Auftraggeber und späteren Betreiber hängen bleiben. Deshalb ist es wichtig, von vornherein Klarheit zu schaffen über den Leistungsumfang und damit auch über Leistungsgrenzen.

Der Auftraggeber (späterer Betreiber) sieht vielfach nicht die Notwendigkeit, bestimmte Anforderungen explizit in den Vertrag aufzunehmen. Der Grund: Er geht davon aus, dass die betreffenden Anforderungen schließlich schon per Gesetz geregelt sind und daher keiner besonderen Vereinbarung mehr bedürfen. In mancher Hinsicht ist das sicher richtig. Nur: Was nützt diese Gewissheit, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Maschine nicht allen Anforderungen entspricht und aus diesem Grund nicht in Betrieb genommen werden kann?

Anforderungen an den Betreiber
An dieser Stelle sei an die Betriebssicherheitsverordnung erinnert. Sie verpflichtet den Arbeitgeber u. a. dazu, den Beschäftigten erstmalig nur Arbeitsmittel bereitzustellen, die den Rechtsvorschriften entsprechen, die EG-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt haben. Es ist gut zu wissen, welche Rechtsvorschriften das sind. Nur dann kann der Auftraggeber deren Einhaltung von Anfang an vom Hersteller oder Lieferanten fordern. Schließlich will man mit einer neuen Maschine keine Probleme in den eigenen Betrieb importieren.

Planung

Zu den Rechtsvorschriften zählt z. B. die 9. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (9. GPSGV). Sie setzt die europäische Maschinenrichtlinie in deutsches Recht um. In der Tat sind damit die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen an Maschinen bereits geltendes Recht mit Gesetzeskraft. Sie müssten also nicht noch einmal extra im Vertrag aufgeführt werden. Dennoch: Im Sinne einer größtmöglichen Transparenz empfiehlt es sich, die sich ergebenden Anforderungen im Zuge der Vertragsgestaltung zu ermitteln und zusammenzustellen.

Die Anforderungen für das Inverkehrbringen von Maschinen und komplexen Anlagen sowie Methoden und Techniken der Gefahrenanalyse behandelt das BGN-Seminar »Maschinensicherheit und Risikobeurteilung« class="extern".

Anforderungen an die Maschine
Es muss betont werden, dass für einige der nachfolgend genannten Aspekte kein Rechtsanspruch auf Grundlage der Maschinenrichtlinie besteht. Sofern das zutrifft, wird an entsprechender Stelle darauf hingewiesen. Aber: Vielfach besteht die Möglichkeit, über einen privatrechtlichen Vertrag zusätzliche Vereinbarungen zu treffen. Natürlich können diese Vereinbarungen nicht an Gesetzes Stelle treten. Ebenso dürfen sie nicht den Bestimmungen der anzuwendenden Richtlinien oder anderer Vorschriften, Gesetze oder Regelwerke widersprechen.

Grenzen der Maschine definieren
Um den Leistungsumfang der Vertragspartner beim Maschinenkauf zu definieren, sollten zunächst die Grenzen der Maschine eindeutig bestimmt werden. Sie umfassen nicht nur allein die räumlichen Grenzen, wie Abmessungen, Platzbedarf, Schnittstellen Maschine-Operator u. a. Ebenfalls dazu gehören die Verwendungsgrenzen und die zeitlichen Grenzen. Die Verwendungsgrenzen beschreiben z. B. die bestimmungsgemäße (beabsichtigte) Verwendung. Sie enthalten Angaben zu den zu verarbeitenden Stoffen und Mengen sowie zu den Stoffeigenschaften. Außerdem werden im Rahmen der Verwendungsgrenzen die vorherrschenden Umgebungsbedingungen beschrieben und weitere verfahrensspezifische Parameter aufgeführt. Zu den zeitlichen Grenzen gehören z. B. die beabsichtigten Arbeitszyklen, die Anzahl von Füllungen und Lastspiele.

Bei Einzelmaschinen, wie z. B. einer Drehbank oder einer Handbohrmaschine, ist es sicher einfach, die Grenzen der Maschine zu definieren. Anders bei Anlagen, die aus mehreren Maschinen bestehen: Hier ist es – nicht nur in räumlicher Hinsicht – nicht immer so offensichtlich, wo die Maschine beginnt und endet. Hilfreich kann hier ein Übersichtsplan sein.

Es bietet sich an, die sich aus den Ausgangsinformationen ergebenden Anforderungen in Form eines Lastenheftes zusammenzustellen. Dann kann der Hersteller auf der Basis dieses Lastenheftes sein Angebot abgeben. Dabei beschreibt er in Form eines Pflichtenheftes, wie die Anforderungen des Lastenheftes erfüllt werden. Damit wird für alle Beteiligten transparent, welche Anforderungen der Auftraggeber gestellt hat und wie der Auftragnehmer die gewünschten Anforderungen erfüllen wird.

Nicht nur Formalitäten
Grundsätzlich sollte gefordert werden, dass der Hersteller bestätigt, dass die Maschine der Maschinenrichtlinie entspricht. Diese Aussage wird übrigens erst mit Anwendung der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ab 29. 12. 2009 Pflichtbestandteil der vom Hersteller auszustellenden Konformitätserklärung sein. Sofern weitere europäische Richtlinien anzuwenden sind, sollte deren Einhaltung ohne gesonderte Vereinbarung als zugesichert gelten. Die Einhaltung der genannten Richtlinien schließt insbesondere ein, dass

Herstellung von Anlagen aus mehreren Maschinen
Wenn mehrere Maschinen miteinander verbunden werden, ist zunächst zu ermitteln, ob die Maschinenrichtlinie auf diese Gesamtheit anzuwenden ist. Erläuterungen zu dem dazu notwendigen Vorgehen finden Sie auf den BGN-Internetseiten (www.bgn.de, Shortlinks 100 und 101). Falls eine CE-Kennzeichnung für die Gesamtanlage erforderlich ist, sollte z. B. vereinbart werden, wer als Hersteller dieser Gesamtanlage verantwortlich ist. Der »Hersteller der Gesamtanlage« bringt nämlich auch die CE-Kennzeichnung für die Gesamtanlage an, stellt die Konformitätserklärung aus und erarbeitet die Betriebsanleitung.

Werden Maschinen, die bereits eine CE-Kennzeichnung aufweisen, verkettet, dann müssen die räumlichen, funktionalen, steuerungstechnischen und sicherheitstechnischen Zusammenhänge der einzelnen Maschinen ermittelt und bewertet werden. Auch wenn der Prozess an sich klar ist (siehe auch www.bgn.de, Shortlink = 100), stellt sich dennoch die Frage: Wer ermittelt und bewertet? Auch dies sollte vertraglich geregelt werden.

Trägt die Gesamtanlage ohnehin eine CE-Kennzeichnung, die für die Gesamtanlage gilt, ergibt sich daraus zwangsläufig, dass die sicherheitstechnischen Zusammenhänge bereits untersucht wurden. Die Untersuchung hat der durchgeführt, der die Konformitätserklärung für die Gesamtanlage ausgestellt hat. Kommt die Untersuchung der o. g. Zusammenhänge jedoch zu dem Ergebnis, dass für die Gesamtanlage keine CE-Kennzeichnung erforderlich ist, dann fehlt die mit der CE- Kennzeichnung verbundene Aussage zur Bewertung der sicherheitstechnischen Zusammenhänge. Es empfiehlt sich also in diesen Fällen, die Bewertung vertraglich zu regeln und als späterer Betreiber das Ergebnis der Bewertung auch zu erhalten.

Vertrag

Technische Dokumentation
In der Technischen Dokumentation (TD) ist umfangreiches Know-how des Herstellers enthalten. Daher hat der Richtliniensetzer die TD mit besonderer Schutzbedürftigkeit verknüpft: Die TD verbleibt grundsätzlich beim Hersteller. Der Käufer hat also auf der Basis der Maschinenrichtlinie keinen Anspruch, die Aushändigung der TD zu verlangen. Lediglich ein Bestandteil der TD, die Betriebsanleitung, ist dem Käufer zu übergeben.

Beabsichtigt der Käufer der Maschine z. B., sie später selbst an eigene Bedürfnisse anzupassen, kann allerdings die in der TD enthaltene Risikobeurteilung hilfreich sein. Damit könnte der Käufer auf dem bestehenden Sicherheitskonzept aufbauen. Wenn das gewünscht ist, kann er die Übergabe der Risikobewertung in einem privatrechtlichen Vertrag vereinbaren – wenn der Vertragspartner dem zustimmt.

 

Autor: Stoye